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Die Glocke auf dem kleinen Dampfer läutete. Auf der Landungsbrücke und auf den Kieswegen vor dem Hotel standen plaudernde Menschen, meist Damen in hellen Sommerkleidern. Drei Personen, die bereits einige Zeit in Gespräch vertieft auf dem Verdeck gesessen, zwei Herren und eine Dame, standen jetzt auf und nahmen mit Dank und Lächeln und Reisewünschen von einander Abschied. »Meine liebe Helene,« sagte der eine Herr, ¿ der nicht in Reisekleidung war, ¿ indem er die Hand der Dame herzlich in beiden Händen festhielt, »euer Besuch ist mir wirklich eine große Freude gewesen ... Und zu Weihnachten…mehr

Produktbeschreibung
Die Glocke auf dem kleinen Dampfer läutete. Auf der Landungsbrücke und auf den Kieswegen vor dem Hotel standen plaudernde Menschen, meist Damen in hellen Sommerkleidern. Drei Personen, die bereits einige Zeit in Gespräch vertieft auf dem Verdeck gesessen, zwei Herren und eine Dame, standen jetzt auf und nahmen mit Dank und Lächeln und Reisewünschen von einander Abschied. »Meine liebe Helene,« sagte der eine Herr, ¿ der nicht in Reisekleidung war, ¿ indem er die Hand der Dame herzlich in beiden Händen festhielt, »euer Besuch ist mir wirklich eine große Freude gewesen ... Und zu Weihnachten schickt ihr mir euren Jungen ...« »Zu Neujahr, Richard. Zu Weihnachten will ich ihn noch für mich haben.« Sie blickte suchend durch das Gedränge der Passagiere, die auf das Verdeck strömten. »Du weißt, ich bin eine bescheidene Mutter ...«, fuhr sie fort. »Aber ich hege die größte Meinung von meinen Kindern ...«, ergänzte der andre Herr lächelnd. »O Carl, wenn ich dich verraten wollte! ¿ Lux!«, rief sie, »Lux!« Sie hatte ihn eben erblickt. Ein schöner dunkelblonder Knabe, der bisher eifrig in den Maschinenraum gespäht hatte, drängte sich durch die Leute. »Herr Professor, wir fahren sofort,« sagte einer der Schiffsleute im Vorübergehen. Nochmaliges Händeschütteln, und der Professor ging ans Land zurück, wo zwei kleine Mädchen eifrig mit den Taschentüchern winkten. Man machte ihm höflich Platz, und viele Leute grüßten ihn. Er lüftete dankend den Strohhut, gleichgültig, wie jemand, der an solche Höflichkeit gewöhnt ist.
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Autorenporträt
Karl Federn war der Sohn eines bedeutenden Wiener Arztes, Salomon Federn, der die Blutdruckmessung am Krankenbett eingeführt hatte,[1] und der Frauenrechtlerin Ernestine Spitzer. Seine Brüder waren der Arzt und Psychoanalytiker Paul Federn und der Nationalökonom und Wirtschaftsjournalist Walther Federn, seine Schwester die Schriftstellerin und Spanienkämpferin Marietta Federn, sein Neffe der Psychoanalytiker Ernst Federn. Er wuchs in Wien auf, erhielt 1881¿1883 Privatunterricht und machte 1885 Matura am Akademischen Gymnasium. Er studierte 1885 bis 1890 Rechtswissenschaften und promovierte zum Dr. jur. Danach eröffnete er zunächst eine Anwaltspraxis, die er nach kurzer Zeit wieder aufgab. Er war dann als freier Autor in Wien und ab 1908 in Berlin tätig. Der Tänzerin Isadora Duncan, der er 1903 begegnete, versuchte er die Philosophie von Nietzsche als Grundlage ihrer Kunst nahezubringen;[2] er übersetzte auch ihre Vorlesung Der Tanz der Zukunft ins Deutsche. Für das liberale Berliner Blatt Vossische Zeitung war er 1915 bis 1918 als Sonderberichterstatter in Lugano tätig, danach arbeitete er bis 1921 im Auswärtigen Amt als Referent für italienische Angelegenheiten. Federn war zusammen mit Ludwig Fulda erster Vorsitzender des deutschen P.E.N.-Zentrums.