This unforgettable story of murder, mystery and passion by one of the best-loved writers of the twentieth century is perfect for a teenage market. Rebecca, Jamaica Inn and Frenchman's Creek are now available for the first time in YA editions.
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Süddeutsche ZeitungNEUE TASCHENBÜCHER
Eine junge Frau gerät in ein fremdes Haus
und kann dort nicht heimisch werden
Der Schankraum ist leer, durch die offene Tür dringt frische Novemberluft herein, das letzte Mondlicht malt einen weißen Kreis auf den Fußboden. An der Decke hängt an einem Haken ein Seil, das im Luftzug hin und her schwingt. Die junge Mary Yellan weiß das ominöse Stillleben zu deuten. In der Nacht hat sie eine Auseinandersetzung im Schankraum belauscht, ein Handgemenge, ein Schrei, Drohungen, gemeines Lachen, „Kitzel ihn mit der Peitsche, Joss, und lass uns die Farbe seiner Haut sehen“. Die Leiche wurde zum Verschwinden gebracht im tückischen Moor um das Wirtshaus herum.
Ins Jamaica Inn kommen schon seit langem keine Gäste mehr, die Kutschen machen dort nicht mehr Station, nur an wenigen Abenden ist der Schankraum voll mit Landstreichern, Viehdieben, Wilderern. Das Haus ist von allen vier Seiten den Elementen an der Küste von Cornwall ausgesetzt. In manchen Nächten fahren Wagen vor, beladen mit Schmuggelgut, das wird vom Jamaica Inn aus weit ins Land weitertransportiert. Die Schmuggler sind auch Strandräuber, sie bringen Schiffe zum Zerschellen, töten erbarmungslos alle Menschen, die sich an den Strand retten wollen. Ihr Anführer Joss ist eine Bestie, ein „Wesen der Dunkelheit“. Ein Relikt im „hellen neuen Jahrhundert“, in dem Handel die Gesellschaften prägen soll.
Mary Yellan kam ins Jamaica Inn nach dem Tod der Mutter, sie will dort bleiben, um die Tante Patience aus der Gewalt des Onkels Joss zu retten. Mary leistet Widerstand, in einer brutalen zynischen Männerwelt. Dass solche Widerstandskraft bei ihr nicht so natürlich sei wie bei Männern, findet sie eine erniedrigende Erfahrung. Eine junge Frau, die in ein fremdes Haus gerät, das es ihr verwehrt, darin heimisch zu werden – Daphne du Maurier schrieb den Roman 1934, Alfred Hitchcock hat ihn verfilmt. Unter all den Schandtaten und Brutalitäten des Romans rumort eine revolutionäre Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, gegen die Deformationen der modernen Zivilisation. „Die alte heidnische Barbarei war nackt und rein dagegen.“
FRITZ GÖTTLER
Daphne du Maurier: Jamaica Inn. Aus dem Englischen von Brigitte Heinrich und Christel Dormagen. Insel Verlag, Berlin 2020. 345 Seiten, 11 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Eine junge Frau gerät in ein fremdes Haus
und kann dort nicht heimisch werden
Der Schankraum ist leer, durch die offene Tür dringt frische Novemberluft herein, das letzte Mondlicht malt einen weißen Kreis auf den Fußboden. An der Decke hängt an einem Haken ein Seil, das im Luftzug hin und her schwingt. Die junge Mary Yellan weiß das ominöse Stillleben zu deuten. In der Nacht hat sie eine Auseinandersetzung im Schankraum belauscht, ein Handgemenge, ein Schrei, Drohungen, gemeines Lachen, „Kitzel ihn mit der Peitsche, Joss, und lass uns die Farbe seiner Haut sehen“. Die Leiche wurde zum Verschwinden gebracht im tückischen Moor um das Wirtshaus herum.
Ins Jamaica Inn kommen schon seit langem keine Gäste mehr, die Kutschen machen dort nicht mehr Station, nur an wenigen Abenden ist der Schankraum voll mit Landstreichern, Viehdieben, Wilderern. Das Haus ist von allen vier Seiten den Elementen an der Küste von Cornwall ausgesetzt. In manchen Nächten fahren Wagen vor, beladen mit Schmuggelgut, das wird vom Jamaica Inn aus weit ins Land weitertransportiert. Die Schmuggler sind auch Strandräuber, sie bringen Schiffe zum Zerschellen, töten erbarmungslos alle Menschen, die sich an den Strand retten wollen. Ihr Anführer Joss ist eine Bestie, ein „Wesen der Dunkelheit“. Ein Relikt im „hellen neuen Jahrhundert“, in dem Handel die Gesellschaften prägen soll.
Mary Yellan kam ins Jamaica Inn nach dem Tod der Mutter, sie will dort bleiben, um die Tante Patience aus der Gewalt des Onkels Joss zu retten. Mary leistet Widerstand, in einer brutalen zynischen Männerwelt. Dass solche Widerstandskraft bei ihr nicht so natürlich sei wie bei Männern, findet sie eine erniedrigende Erfahrung. Eine junge Frau, die in ein fremdes Haus gerät, das es ihr verwehrt, darin heimisch zu werden – Daphne du Maurier schrieb den Roman 1934, Alfred Hitchcock hat ihn verfilmt. Unter all den Schandtaten und Brutalitäten des Romans rumort eine revolutionäre Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, gegen die Deformationen der modernen Zivilisation. „Die alte heidnische Barbarei war nackt und rein dagegen.“
FRITZ GÖTTLER
Daphne du Maurier: Jamaica Inn. Aus dem Englischen von Brigitte Heinrich und Christel Dormagen. Insel Verlag, Berlin 2020. 345 Seiten, 11 Euro.
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