With ATACAMA, Jamey Stillings again shares his distinctive aerial perspective to examine dramatic large-scale renewable energy projects, the visual dynamic of enormous mining operations and the stark beauty of the Atacama Desert, so often scarred by human activity. Chile produces a third of the world's copper and has the largest known lithium reserves, and we utilize these resources daily in our cars, computers and smartphones. The country's mining industry has traditionally been dependent on imported coal, diesel and natural gas for its energy. Yet the Atacama Desert has excellent solar and wind potential: new renewable energy projects there now supply significant electricity to the northern grid, transmit power to population centers in the south, and are reducing mining's dependence on fossil fuel.Stillings' aesthetic interest in the human-altered landscape and concerns for environmental sustainability are principal pillars of his work. His photography elicits a critical dialogue about meeting our needs and desires while seeking equilibrium between nature and human activity. ATACAMA, the latest chapter in his ongoing project "Changing Perspectives," shows how photography can concurrently be a source of inspiration, motivation and information, and reminds us that a carbon-constrained future is crucial to a responsible approach to life on earth.Sprachen: Englisch, Spanisch
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2024Wind und Sonne
Am trockensten Ort der Erde: Jamey Stillings blickt von oben auf die Atacama-Wüste und fotografiert Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien.
Von Kai Spanke (Text) und Jamey Stillings (Fotos)
Zwischen Tacna im Süden Perus und Copiapo im Norden Chiles liegt die Atacama-Wüste. Sie wartet nicht mit sanft geschwungenen Dünen und spärlicher Vegetation auf, sondern mit einer lebensfeindlichen Mondlandschaft. Man findet dort Flussbetten, die seit 120.000 Jahren kein Wasser mehr geführt haben; an Regen fällt im Jahresmittel gerade mal ein Fünfzigstel der Menge, die im Death Valley gemessen wird. Dass die Bodenfeuchtigkeit stellenweise tatsächlich den Verhältnissen auf dem Mars gleicht, hat sich die NASA zunutze gemacht, dient die Wüste doch als Testgelände für jene Rover, die auf dem roten Planeten zum Einsatz kommen. Weltallbezüge gibt es allerdings noch mehr, denn der Autor Erich von Däniken ist davon überzeugt, dass die Atacama in der Vergangenheit von Außerirdischen besucht wurde. Die auf den Bergflanken in Nazca verewigten Scharrbilder seien dafür Beweis genug. Dass auch Menschen zu solchen erst aus der Luft erkennbaren Darstellungen in der Lage sein könnten, erscheint ihm offensichtlich abwegig.
Der amerikanische Fotograf Jamey Stillings hat die Wüste aus der Vogelperspektive abgelichtet, dabei gleichwohl nicht die Geoglyphen von Nazca im Fokus gehabt, sondern Anlagen für erneuerbare Energien ("Atacama", Steidl Verlag, 58 Euro). Die größten Lithiumvorkommen der Welt finden sich, so vermutet man, in der Atacama. Aber auch Kupfer, Silber, Gold und Platin lassen sich dort abbauen, Rohstoffe also, die etwa für Computer und Autos gebraucht werden. Lange wurden die Minen ausschließlich mit Kohle, Diesel und Gas betrieben, doch die technischen Möglichkeiten erlauben inzwischen größere Rücksicht auf die Umwelt, denn in der Wüste pfeift der Wind - und die Sonne brennt so erbarmungslos wie nirgendwo sonst. Es liegt nahe, unter solchen Umständen die Nutzung fossiler Energieträger zurückzuschrauben.
Stillings sagt in einem Interview, er schätze es, wenn Fotobände den Betrachter nicht sofort mit Texten in Beschlag nehmen. Die Wirkung entfalte sich schließlich über die Bilder, ganz gleich, ob man sie mag oder nicht. So ist es konsequent, dass in diesem Buch sowohl Vorwort als auch Inhaltsangabe und Einführungsessay am Ende zu finden sind. Die Aufnahmen wiederum zeigen Gebirgsformationen, die wie Lava wirken, gigantische Solaranlagen, die den Eindruck erwecken, man habe abstrakte graphische Elemente in die Landschaft gepflanzt, eine hundert Jahre alte Kupfermine, die sich tief in den Boden frisst, lithiumchloridhaltige Sole in rechteckigen Becken, Strommasten und Windparks.
Nicht alles ist auf den ersten Blick zu identifizieren, manches mutet an wie reines Ornament, immer wieder treffen mäandernde Linien auf seltsame Schraffuren, Faltungen und Furchen. Hier hat eine sich durch die Landschaft ziehende Kerbe die verzweigte Form eines Blitzes, dort wirkt sie sanfter und lässt an Priele im Wattenmeer denken. Mal wähnt man sich auf dem aus "Star Wars" bekannten Planeten Tatooine, mal im "Mad Max"-Territorium, dann wieder in einer BBC-Doku.
Jamey Stillings dokumentiert, was Menschen heute an diesem trockensten Ort der Erde zustande bringen. Er interessiere sich, sagt er, für erneuerbare Energien und wolle die Technologie dahinter begreifen. Seit einigen Jahren arbeitet er an einem Fotografie-Projekt namens "Changing Perspectives: Renewable Energy and the Shifting Human Landscape". Dafür war er unter anderem im amerikanischen Westen, in Japan und Uruguay unterwegs. Ja, die abgelichteten Anlagen lassen sich als Plädoyer für einen besonnenen Umgang mit den Ressourcen unseres Planten verstehen. Aber statt der ethischen Lesart wollen wir doch lieber die künstlerische Wucht der Aufnahmen hervorheben. Dass Stillings ausgerechnet an jenem Ort, von dem aus Astronomen regelmäßig den Himmel beobachten, vom Himmel aus auf die Erde schaut, ist ein großer ästhetischer Gewinn.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Am trockensten Ort der Erde: Jamey Stillings blickt von oben auf die Atacama-Wüste und fotografiert Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien.
Von Kai Spanke (Text) und Jamey Stillings (Fotos)
Zwischen Tacna im Süden Perus und Copiapo im Norden Chiles liegt die Atacama-Wüste. Sie wartet nicht mit sanft geschwungenen Dünen und spärlicher Vegetation auf, sondern mit einer lebensfeindlichen Mondlandschaft. Man findet dort Flussbetten, die seit 120.000 Jahren kein Wasser mehr geführt haben; an Regen fällt im Jahresmittel gerade mal ein Fünfzigstel der Menge, die im Death Valley gemessen wird. Dass die Bodenfeuchtigkeit stellenweise tatsächlich den Verhältnissen auf dem Mars gleicht, hat sich die NASA zunutze gemacht, dient die Wüste doch als Testgelände für jene Rover, die auf dem roten Planeten zum Einsatz kommen. Weltallbezüge gibt es allerdings noch mehr, denn der Autor Erich von Däniken ist davon überzeugt, dass die Atacama in der Vergangenheit von Außerirdischen besucht wurde. Die auf den Bergflanken in Nazca verewigten Scharrbilder seien dafür Beweis genug. Dass auch Menschen zu solchen erst aus der Luft erkennbaren Darstellungen in der Lage sein könnten, erscheint ihm offensichtlich abwegig.
Der amerikanische Fotograf Jamey Stillings hat die Wüste aus der Vogelperspektive abgelichtet, dabei gleichwohl nicht die Geoglyphen von Nazca im Fokus gehabt, sondern Anlagen für erneuerbare Energien ("Atacama", Steidl Verlag, 58 Euro). Die größten Lithiumvorkommen der Welt finden sich, so vermutet man, in der Atacama. Aber auch Kupfer, Silber, Gold und Platin lassen sich dort abbauen, Rohstoffe also, die etwa für Computer und Autos gebraucht werden. Lange wurden die Minen ausschließlich mit Kohle, Diesel und Gas betrieben, doch die technischen Möglichkeiten erlauben inzwischen größere Rücksicht auf die Umwelt, denn in der Wüste pfeift der Wind - und die Sonne brennt so erbarmungslos wie nirgendwo sonst. Es liegt nahe, unter solchen Umständen die Nutzung fossiler Energieträger zurückzuschrauben.
Stillings sagt in einem Interview, er schätze es, wenn Fotobände den Betrachter nicht sofort mit Texten in Beschlag nehmen. Die Wirkung entfalte sich schließlich über die Bilder, ganz gleich, ob man sie mag oder nicht. So ist es konsequent, dass in diesem Buch sowohl Vorwort als auch Inhaltsangabe und Einführungsessay am Ende zu finden sind. Die Aufnahmen wiederum zeigen Gebirgsformationen, die wie Lava wirken, gigantische Solaranlagen, die den Eindruck erwecken, man habe abstrakte graphische Elemente in die Landschaft gepflanzt, eine hundert Jahre alte Kupfermine, die sich tief in den Boden frisst, lithiumchloridhaltige Sole in rechteckigen Becken, Strommasten und Windparks.
Nicht alles ist auf den ersten Blick zu identifizieren, manches mutet an wie reines Ornament, immer wieder treffen mäandernde Linien auf seltsame Schraffuren, Faltungen und Furchen. Hier hat eine sich durch die Landschaft ziehende Kerbe die verzweigte Form eines Blitzes, dort wirkt sie sanfter und lässt an Priele im Wattenmeer denken. Mal wähnt man sich auf dem aus "Star Wars" bekannten Planeten Tatooine, mal im "Mad Max"-Territorium, dann wieder in einer BBC-Doku.
Jamey Stillings dokumentiert, was Menschen heute an diesem trockensten Ort der Erde zustande bringen. Er interessiere sich, sagt er, für erneuerbare Energien und wolle die Technologie dahinter begreifen. Seit einigen Jahren arbeitet er an einem Fotografie-Projekt namens "Changing Perspectives: Renewable Energy and the Shifting Human Landscape". Dafür war er unter anderem im amerikanischen Westen, in Japan und Uruguay unterwegs. Ja, die abgelichteten Anlagen lassen sich als Plädoyer für einen besonnenen Umgang mit den Ressourcen unseres Planten verstehen. Aber statt der ethischen Lesart wollen wir doch lieber die künstlerische Wucht der Aufnahmen hervorheben. Dass Stillings ausgerechnet an jenem Ort, von dem aus Astronomen regelmäßig den Himmel beobachten, vom Himmel aus auf die Erde schaut, ist ein großer ästhetischer Gewinn.
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