Was ist Literatur? Was vermag sie zu sagen oder zeigen? Was ist eine Lesart? Was überlesen wir, wenn wir einer bestimmten Lesart folgen? - Der tschechische Strukturalist Jan Mukarovský (1891-1975) und der deutsche Philosoph und Hermeneutiker Hans-Georg Gadamer (1900-2002) sind Klassiker der Literaturtheorie, die, bei aller Verschiedenheit der Ansätze, in ihren Überlegungen nach dem Besonderen des literarischen Kunstwerks fragen. Ihre Theorien erscheinen gerade heute, in Zeiten einer Rezeptionspraxis, die den Kontext der Lektüre über die Maßen betont, als besonders geeignete Quellen für eine textzentrierte Abhandlung der Literaturtheorie. Die vorliegende Untersuchung rekonstruiert die Lesarten und Rezeptionsgeschichte der beiden Ansätze. Die Konzepte von Mukarovskýs semantischer Geste und Gadamers wahrem Wort werden einem prüfenden Blick unterzogen, auch was die analytische bzw. interpretatorische Praxis der beiden Autoren betrifft. Die kritische Auswertung behandelt unter anderemdie verschiedenen Sinn-Begriffe in Strukturalismus und Hermeneutik im Vergleich zu weiteren literaturtheoretischen Lesarten. Letztlich ist dieses Buch der Versuch, zu einer sensibilisierten Haltung gegenüber dem literarischen Kunstwerk zu finden, das heißt zu einer Haltung, die zwischen den offenen Fragen der Literaturtheorie und deren Beantwortung durch eine Lesart unterscheidet.
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