Marktplatzangebote
6 Angebote ab € 3,00 €
  • Broschiertes Buch

Jane Austen, deren Romane heute zur Weltliteratur zählen, "verstand es wie keine andere, mit leichter Hand das scheinbar Widersprüchliche zu verbinden: scharfe Beobachtungen und zartes Verstehen, Farce und Drama, Wortwitz und Moral. Und da sie niemals sentimental wird und sich niemals ereifert, sondern die Menschen beschreibt, wie sie sie kennt, sind auch ihre Figuren unsterblich". Elsemarie Maletzke gelingt es in ihrer Biographie, Leben und Werk Jane Austens perfekt miteinander zu verknüpfen und temperamentvoll und höchst fundiert darzustellen.

Produktbeschreibung
Jane Austen, deren Romane heute zur Weltliteratur zählen, "verstand es wie keine andere, mit leichter Hand das scheinbar Widersprüchliche zu verbinden: scharfe Beobachtungen und zartes Verstehen, Farce und Drama, Wortwitz und Moral. Und da sie niemals sentimental wird und sich niemals ereifert, sondern die Menschen beschreibt, wie sie sie kennt, sind auch ihre Figuren unsterblich". Elsemarie Maletzke gelingt es in ihrer Biographie, Leben und Werk Jane Austens perfekt miteinander zu verknüpfen und temperamentvoll und höchst fundiert darzustellen.
Autorenporträt
Elsemarie Maletzke, geboren 1947, lebt in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.1997

Die Seidenstrumpfkrise
Im Landhausstil: Elsemarie Maletzke bewohnt Jane Austen

"Es ist verführerisch, aus dem Familienleben vergangener Jahrhunderte eine Idylle zu machen, aber im Falle der Austens entsprach dieses Bild wohl weitgehend der Wirklichkeit." Christian Grawe scheint schon 1989 in seiner sachlichen Biographie der Jane Austen geahnt zu haben, was der Geschmack der lesenden Damen ein Jahrzehnt später sein wird: der Country-Style. Film und Fernsehen haben aus den Romanen der englischen Autorin eine heile Welt auf grünem Rasen gemacht, in der entzückend altmodisch gekleidete Puppen in schmucken manor houses zu sehen sind. Es kriselt zwischen ihnen gelegentlich, aber es kracht nie. Zu tun haben sie offensichtlich nichts Besseres, als ihre Einrichtungsgegenstände zu genießen. Ihr aufwendiger Lebensstil braucht gerade einmal ein Dienstmädchen mit Spitzenhäubchen, um reibungslos abzulaufen, sie selbst aber leben jenseits der Pflicht zur Arbeit schwerelos dahin.

Jane Austens Werk wird schließlich nur noch als Buch zum Film gelesen, und es hat eine Mode von Landhausliteratur nach sich gezogen, die es in allen Niveaus der Lesekultur gibt. Sie reicht von Elisabeth von Arnim über Rosamunde Pilcher bis hinab zu Barbara Cartland, deren Romane selbst wieder zu nostalgischen Filmen verarbeitet werden. Nun hat Elsemarie Maletzke dieses Genre auch für die Sekundärliteratur erobert. Den Romanen und Filmen hat sie eine Biographie im Landhausstil hinzugefügt, in der das Leben Jane Austens in uferloser Schönheit und grenzenloser Harmlosigkeit dahingeht. Das Leben der englischen Romanautorin ist eine Nebensächlichkeit gegenüber den Draperien, dem Teegeschirr, dem Kerzenschimmer, den Gärtchen und Zwergenburgen mit Kaminzimmern. Manchmal erscheint der Text wie ein Kramladen, in dem allerlei Spezereien und Stoffe herumliegen, zwischen denen die Bälle, Badekuren und Kartenspiele stattfinden.

Freilich gibt es "Herzenswirren" und Flöhe im Bett, aber Jane Austen mit ihrem "perfekten Timing" hat solche Probleme in der Hand, und manchmal spiegeln sie sich sogar in ihren Romanen. Eigentlich ist Jane Austen immer Tante Jane, ob sie noch ein junges Mädchen ist oder schon eine erwachsene Schriftstellerin. Obwohl ihre Biographin feststellt, daß Jane Austen, "die einen Gutteil ihres erwachsenen Lebens im neunzehnten Jahrhundert zubrachte und alle ihre Romane auf unserer Seite der Zeitwende publizierte, . . . dennoch mit beiden Füßen im achtzehnten" stand, macht sie die Autorin des frühen neunzehnten Jahrhunderts zum Typus einer Familienfee am Ende ihres Jahrhunderts, die Nichten, Neffen, Onkels und viele, viele Freunde beglückt. Der Country-Style, wie er heute Mode ist und die Kälte der Großstädte erwärmt, ist schon die zweite Phase einer Nostalgie, die sich zunächst in der Studentenbewegung in die Spitzenvorhänge der Großmütter und das Fin de siècle verliebt hatte. Inzwischen ist diese geklöppelte Atmosphäre zum Symbol für alles geworden, was nicht gegenwärtig ist, ob es nun im neunzehnten Jahrhundert lebte und Jane Austen heißt oder im achtzehnten und sich Choderlos de Laclos nennt. Nostalgie ist das Geschichtsbewußtsein, das alle Epochen in eine einzige faßt, die historisch und zeitlos zugleich ist.

Elsemarie Maletzke vermittelt ein Geschichtswissen, das nichts weiter wissen will, als daß alle vergangene Schönheit nicht von dieser unserer heutigen Welt ist. Bedeutende historische Ereignisse verwandeln sich in Accessoires, die zu Symbolen des Zeitgeschehens aufsteigen: "Seit Admiral Nelson die französische Flotte unter Napoleon bei Abukir geschlagen hatte, waren ägyptische Accessoires wie grüne Safian-Sandalen mit krokodilfarbenen Bändern, rote Mamelucken-Capes und Turbane der letzte Schrei. In diesem Januar stellte sich allerdings die Frage, ob sie sich neue Seidenstrümpfe leisten konnte, nachdem sie all ihr Geld für weiße Handschuhe und rosa Futterseide ausgegeben hatte." Im übrigen richtet sich die Weltgeschichte nach den Herzensangelegenheiten der "Austens": "Elisa de Feuillides Gatte war in Frankreich hingerichtet worden, und sie hatte Cousin Henrys Werben nachgegeben und unter Seufzen und Zaudern seinen Antrag angenommen." Die Französische Revolution erfordert wenig Nachdenken im Unterschied zu diesem privaten Ereignis, denn "die Austens trugen schwere Bedenken gegen diese Ehe".

Dies Buch ist eine Biographie von einer Frau über eine Frau für Frauen. Das Reden über Kleider und Einrichtungsgegenstände ist so endlos, wie es nur Kennerinnen an Kaffeehaustischchen aushalten. Gottlob gibt es auch in den Romanen der Jane Austen genug Innenraum und Familienleben, so daß die Biographin die Besprechung der Literatur auf die Nacherzählung immer derselbenIdylle und die Beschreibung ihrer Ausstattung reduzieren kann - ohne Wirkung bleibt, was in diesen Romanen an Satire, Spott, Aufklärung und tieferer Einsicht in die Oberflächlichkeit der guten Gesellschaft verborgen ist.

Jane Austens Biographie ist so arm an Ereignissen, daß sie den Biographen keine geringe Schwierigkeit bereitet. Christian Grawe hat durch vernünftige Knappheit dieser Ereignislosigkeit Rechnung getragen. Sein lakonischer Stil macht außerdem klar, wie fern die kontemplative Welt der Jane Austen dem heutigen Leser ist, und er fordert zur Reflexion dieser Ferne heraus. Auch bei Elsemarie Maletzke ist die Biographie eine Stilfrage. Die Biographin ist eine "Anempfinderin", die ihrem Gegenstand dadurch möglichst nahe kommen will, daß sie seine Sprache imitiert. Sie wählt den Ton der guten Gesellschaft und der fühlenden Herzen und damit den schlechtesten, den ein Historiker überhaupt wählen kann. Die falsch verstandene Einfühlung in die vergangenen Lebensverhältnisse mißachtet die Eigenständigkeit und Intelligenz der Leserinnen von heute. Nur ein Traumbewußtsein, das in der Gegenwart noch nicht angekommen ist, kann die endlose Süße goutieren, von der in diesem Buch die Geschichte und das Leben der Jane Austen überzogen sind.

HANNELORE SCHLAFFER

Elsemarie Maletzke: "Jane Austen". Eine Biographie. Schöffling & Co. Verlagsbuchhandlung, Frankfurt am Main 1997. 328 S., 50 Abb., geb., 44,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr