Die intertextuelle Studie liest Goethes "Werther" als Prätext verschiedener Erzählungen und Romane Flauberts. Das Spektrum der Anwesenheit des "Werther" in Flauberts Texten reicht von der bloßen Nennung der Figur bis zur strukturellen Kontrafaktur des Briefromans. Den untersuchten Jugendwerken "Les Mémoires d'un fou" (1838) und "Novembre" (1842) lässt sich die Übernahme von Handlungsschemata und Merkmalen der Erzählstruktur des "Wertherr:" ablesen. In "L'Education sentimentale" (1845) scheint eine ironisierende Distanz zum Prätext auf, die auch die großen Romane Flauberts - "Madame Bovary" (1857) und "L'Education sentimentale" (1869) - kennzeichnet und die auf eine fortschreitende Emanzipation von der Vorlage hindeutet. Zudem lässt sich zeigen, dass "Madame Bovary" wie der "Werther" gegen den bestehenden Erwartungshorizont angeschrieben ist. "L'Education sentimentale" von 1869 schließlich ist als endgültige Abwendung vom Prätext lesbar: Werther als Muster eines romantischen Helden wird nur aufgerufen, um endgültig verabschiedet zu werden.