Das Buch schildert den Werdegang von Jean Moulin, der in Frankreich als Begründer der Résistance, dem französischen Widerstand gegen Gestapo und Naziherrschaft, verehrt wird.
Ziel des Buches ist es, Jean Moulin auch in Deutschland bekannter zu machen und nachzuvollziehen, was Jean Moulin in
Frankreich zu einem Mythos werden ließ. "Hier ist eine Lücke im Gedächtnis der deutsch-französischen…mehrDas Buch schildert den Werdegang von Jean Moulin, der in Frankreich als Begründer der Résistance, dem französischen Widerstand gegen Gestapo und Naziherrschaft, verehrt wird.
Ziel des Buches ist es, Jean Moulin auch in Deutschland bekannter zu machen und nachzuvollziehen, was Jean Moulin in Frankreich zu einem Mythos werden ließ. "Hier ist eine Lücke im Gedächtnis der deutsch-französischen Vergangenheit zu schließen" (Klappentext).
Jean Moulin ist eine der zentralen Figuren, die den Weg ebneten, dass Frankreich kein von den Nazis besetztes Land blieb, sondern zu den Siegermächten über Nazideutschland gehörte. Damit ist der "Mythos Jean Moulin" identitätsstiftend.
Das Buch ist in mehrere Kapitel aufgeteilt: 1. Der Patriot, 2. Der Gründer der Résistance, 3. Calurie - die Katastrophe, gefolgt von einem Nachwort mit dem Titel "Jean Moulin - Mythos der Résistance.
Das erste Kapitel umreißt seinen Weg von einem fähigen Präfekten von Chartres, seine Haltung als Präfekt unter der Vichy-Regierung, seinen Entschluss in den Untergrund zu gehen bis Hin zum Auftrag de Gaulles."Mehrere spätere Anhänger von Moulin vermuten, er sei bereits jetzt, im November 1940, entschlossen gewesen, nach London zu reisen und sich General de Gaulle anzuschliessen" (S. 47). "In London war General de Gaulle dabei, eine französische Armee aufzubauen, .. und sich mit Hilfe Churchills als allein legitimer Sprecher Frankreichs zu legitimieren …" (S. 48). Moulin wurde de Gaulles Vertreter in Frankreich.
Das zweite Kapitel beschreibt Jean Moulin als gewieften Agenten. Spannend war dabei zu lesen, wie Jean Moulin verschiedene Identitäten mit unterschiedlichen Biographien annahm und wie er diese sorgfältig durchdacht schützte. Dieser Abschnitt aus dem Leben von Jean Moulin ist wiederum eingebettet in präzise Schilderungen der politischen Geschehnisse in Frankreich und England und die spannungsgeladenen Beziehungen zwischen de Gaulle, Rosevelt und Churchill (Casablanca). Insbesondere dieses Kapitel enthielt sehr viele detaillierte Informationen. Ich zog es daher vor, dieses Kapitel abschnittsweise zu lesen, manche sogar mehrfach.
Das dritte Kapitel war für mich das spannendste und dramatischste. Es behandelt des Verrat an Jean Moulin, seine Gefangennahme, die Verhöre durch Barbie, den Schlächter von Lyon, den Tod von Jean Moulin, sowie die zahlreichen Vertuschungen seiner Todesumstände ("Der Leichnam wurde ohne Autopsie, ohne Polizeiprotokoll nach Metz zurückgeschickt, das damals unter deutscher Verwaltung war. Eine deutsche Behörde in Metz schrieb nunmehr eine Todesanzeige, an der außer dem Namen nichts stimmte" (S.185).
Geschildert werden die Reaktionen auf seine Verhaftung: de Gaulle ordnete an, alles zu unternehmen, um Jean Moulin wieder zu befreien. Hier seine eine Anmerkung erlaubt: der Autor zitiert Quellen dankenswerterweise in der Originalsprache, die Übersetzungen vom Französischen ins Deutsche sind sehr gut). Den Abschluss des dritten Kapitels bildet der Barbie-Prozess, soweit er Jean Moulin betrifft.
Die Sprache des Nachworts möchte ich als "heroisch" bezeichnen. Laure Moulin, die Schwester Jean Moulins, schrieb eine erste Biographie, zu der de Gaulle das Vorwort schrieb: "Jean Moulin, ihr heldenhafter Bruder, war mein engster Kampfgenosse und mein Freund" (S. 213). Malraux sprach nicht nur, sondern sang mit bebender, fast zitternder Stimme, die die Anwesenden das Grauen des Nazi-Terrors nachfühlen ließ. "Wie organisiert man Brüderlichkeit, die sich zum Kampf eignet?" Es war Jean Moulin, der die verschiedenen Regimenter zu einer Armee geformt und die Résistance einte (S.215). Sehr bewegend ist auch die Schilderung der Ehrung durch Mitterand (S.217): "Er löst sich aus der Reihe der Staatsmänner. Während er - eine Rose in der Hand - die Stufen des mächtigen republikanischen Tempels hinaufsteigt, speit das Orchestre de Paris mit großem Chor die Ode an die Freude von Beethoven
Die Sprache des Autors ist reichhaltig. Er schildert immer wieder sehr lebendig Begegnungen zwischen zentralen Personen der Résistance, deckt Beweggründe ihres Handelns auf und schildert offen die Konflikte, die zwischen ihnen entstanden. Deutlich wird, dass die Résistance kein einheitlicher Block war, sondern getragen wurde von Menschen mit unterschiedlichen politischen Positionen, ihnen eigenen persönlichen Beweggründen. Jean Moulin zeichnete es aus, diese verschiedenen Strömungen zu bündeln und in organisiertes Handeln umzusetzen.
Ein reichhaltiges Literaturverzeichnis mit französischen und deutschen Quellen, Zeitungsartikeln, Film-Transkripten und Vorträgen rundet das Buch ab.