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Jefferson ist ein Igel wie du und ich und liebt ein ruhiges Leben. Doch vier Jahre nach dem Mord an seinem Friseur und dem abenteuerlichen Ausflug mit seinem besten Freund, dem Schwein Gilbert, ins Menschenland ist er erneut gefordert. Ihre ehemalige Reisegefährtin Simone ist auf mysteriöse Weise in die Fänge einer Sekte geraten. Entschlossen machen sich Jefferson und Gilbert auf die Suche nach einer Spur der depressiven Häsin. Und was sie herausfinden, ist nicht nur höchst überraschend, sondern auch gefährlich ...

Produktbeschreibung
Jefferson ist ein Igel wie du und ich und liebt ein ruhiges Leben. Doch vier Jahre nach dem Mord an seinem Friseur und dem abenteuerlichen Ausflug mit seinem besten Freund, dem Schwein Gilbert, ins Menschenland ist er erneut gefordert. Ihre ehemalige Reisegefährtin Simone ist auf mysteriöse Weise in die Fänge einer Sekte geraten. Entschlossen machen sich Jefferson und Gilbert auf die Suche nach einer Spur der depressiven Häsin. Und was sie herausfinden, ist nicht nur höchst überraschend, sondern auch gefährlich ...
Autorenporträt
Jean-Claude Mourlevat wurde 1952 geboren und studierte in Straßburg, Toulouse, Bonn und Paris, war Deutschlehrer, Comedian und Regisseur, bevor er sich auf die Schriftstellerei konzentrierte. 1998 kam sein erster Roman heraus, dem weitere erfolgreiche folgten. Einige sind bei Carlsen und Hanser auch auf Deutsch erschienen. Von Jefferson wurden in Frankreich bereits 40.000 Exemplare verkauft. Der vielfach ausgezeichnete Mourlevat hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Mittelfrankreich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.2023

Pferde sind die besten Reporter

Jean-Claude Mourlevat schickt ein Schwein und einen Igel auf die Suche nach einer Häsin, die an Einsamkeit leidet. Tiere mit Menschensorgen - geht das gut?

Ich mag keine Bücher mit sprechenden Tieren", lautet ein geflügeltes Wort Peter Härtlings. Gemünzt ist es auf einen häufigen Bestandteil von Fantasyliteratur, die Härtling bekanntermaßen suspekt war. Als Leser heutiger Kinderbücher kann man dieses Unbehagen oft genug teilen, wenn wieder einmal ein Tier unvermittelt zu sprechen anfängt und sich als bester Freund und Ratgeber eines jungen Protagonisten entpuppt, ohne dass recht deutlich würde, warum das eigentlich ein Tier sein muss und was genau es für diese Vertrauensposition qualifiziert. Andererseits hat uns dieses Verfahren unvergessliche Gestalten wie den Raben Abraxas oder die Schildkröte Kassiopeia beschert, die mit bestimmten Menschen als Individuen und aus eigenem Recht kommunizieren, die also ihr Wesen nicht dadurch aufgeben, dass sie sprechen, sondern es umso deutlicher sichtbar machen.

Wer sich also Härtlings Urteil nicht grundsätzlich anschließen will, wird danach fragen, wie eine solche Konstruktion durchgeführt und mit Leben erfüllt wird. Das gilt auch für Bücher, in denen Menschen zu Randfiguren werden und überwiegend die Perspektive einer Gruppe von miteinander lebenden Tieren eingenommen wird - ob menschenähnlich wie in Frida Nilssons wundervollem Buch "Die maskierte Makrone" oder nach den vorgestellten Regeln bestimmter artgerecht lebender Tiergruppen wie in den "Warrior Cats"-Romanen.

Die beiden Bücher von Jean-Claude Mourlevat, Astrid-Lindgren-Gedächtnispreisträger von 2021, um den Igel Jefferson und seinen Freund, das Schwein Gilbert, nehmen dabei eine Sonderstellung ein. "Das Land, in dem diese Geschichte beginnt", heißt es in einer Vorbemerkung des Autors zu "Jefferson tut, was er kann", dem in diesem Jahr auf Deutsch erschienenen zweiten Band, "wird von Tieren bewohnt, die aufrecht gehen, sprechen, Bücher aus der Bibliothek entleihen, sich verlieben, SMS schreiben und zum Frisör gehen können. Im Nachbarland wohnen die Menschen, die die klügsten Tiere sind."

Das klingt ein wenig nach der literarischen Tradition der Fabel und ihren Tieren in Menschenrollen, nur dass diesen Texten in der Regel die Leiblichkeit der Tiere zugrunde liegt - ein Igel, der, so der Auftakt des ersten "Jefferson"-Bandes, ausgerechnet beim Friseurbesuch die erste Leiche findet und seine Ermittlungen beginnt, wäre dort ein Fremdkörper. Charmant ist an den beiden Romanen, wie Mourlevat seinen Igel durchaus Igel sein lässt und zugleich ein Individuum, das pedantisch ist und abenteuerlustig zugleich, das sich selbst zu Aktivität aufruft und dem bisweilen sehr bewusst ist, wenn es beim Ermitteln in Stereotype des Detektivromans verfällt: "Wie spannend es doch war, solche Überlegungen anzustellen, wie ein Detektiv!, dachte Jefferson und richtete seine Schritte mit einer Miene, die er gescheit fand, zum Schuppen."

Man sieht die Physiognomie des Igels bei solchen Überlegungen geradezu vor sich, und auch die Verteilung der Berufe auf bestimmte Tiergruppen, die der Autor vornimmt, erschließt sich sofort: "Polizistinnen und Polizisten waren fast alle dänische Doggen, die Pferde stellten die Journalisten; die Dachse waren entweder Friseure oder Lehrerinnen; die Fotografinnen waren allesamt Katzen, und wenn ihr einen Arzt aufsuchen müsst, stehen die Chancen neun zu eins, dass ihr es mit einem Schaf zu tun bekommt."

Eigentlich studiert Jefferson an der Universität Geographie, während Gilbert sich als Installateur selbständig gemacht hat. Der neue Roman beginnt mit einem Verweis auf den alten, dessen Handlung nun vier Jahre zurückliegt. Damals hatten Jefferson und Gilbert den Tod des Friseurs untersucht und dabei eine Reisegruppe kennengelernt, die unter anderem aus dem Wildschwein Walter, dem Dachs Hild und der Häsin Simone bestand. Gilbert, der von Simone für angebliche Wartungsarbeiten in ihr Haus bestellt worden ist, findet dort nur einen Abschiedsbrief vor. Simone schreibt, dass sie eine Reise antreten wolle, verrät aber nicht, wohin und ob sie wiederkehren werde. Sie spricht in dem Brief auch über ihre Einsamkeit, darüber, dass von vielen Gruppenreisen wie der, bei der sie sich kennenlernten, kein einziger Kontakt überdauert habe, und stellt Vermutungen an, woran das liegen könne.

Gilbert und Jefferson, die beide ein schlechtes Gewissen haben, weil sie der ihnen eigentlich lästigen Häsin aus dem Weg gegangen waren, machen sich Sorgen. Sie stöbern verstohlen in ihren Habseligkeiten, finden in ihren Kontoauszügen Hinweise auf regelmäßige Überweisungen an eine unbekannte Organisation und im Papierkorb auf einen Ort im Süden des Tierlandes, nachdem sie zuvor einer anderen Spur gefolgt waren. Für die Suche nach Simone trommeln sie den Dachs und das Wildschwein aus der früheren Reisegruppe zusammen, besteigen Gilberts klapprigen Transporter und kommen schließlich dem wahren Grund für Simones Verschwinden auf die Spur. Er hat mit Einsamkeit zu tun, mit Vertrauen in die falschen Personen und mit der Angst, die Gelegenheit zu verpassen, ein defizitäres Leben von Grund auf zu verändern.

Es sind menschliche Probleme, die hier verhandelt werden, aber wie Mourlevat das tut, lässt eine Ahnung davon aufkommen, dass sie in ihren Grundzügen auch anderen Lebewesen nicht fremd sein müssen. Die Empathie, die Gilbert und Jefferson im Verlauf eines sehr spannenden Buches für Simone aufbringen, ist nichts, das man im Tierreich nicht auch finden würde, überall dort, wo der eine für den anderen Verantwortung übernimmt.

Die Reise jedenfalls, die das Quartett auf der Suche nach der Häsin unternimmt, wird auch das Leben seiner Mitglieder verändern. Simones Leben sowieso. Und es ist ausgerechnet die Wildsau, die am feinfühligsten ist und am besten weiß, dass man jemanden, der aus großer Einsamkeit zurückkommt, nicht mit Zuwendung überfordern darf. TILMAN SPRECKELSEN

Jean-Claude Mourlevat: "Jefferson tut, was er kann".

Bilder von Antoine Ronzon. Aus dem Französischen von Edmund Jacoby. Verlag Jacoby & Stuart, Berlin 2023. 256 S., geb., 16,- Euro. Ab 10 J.

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