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Vom "Expanded Cinema" der sechziger Jahre bis zur "Cyber Art" der Gegenwart bietet die Werkmonographie zu Jeffrey Shaw das Panorama einer elektronischen Kunst, der die Technik nicht zum Fetisch und die Kunst nicht zur Propaganda gerät. Shaws Oeuvre erweist sich als ein Test der kunsttechnologischen Möglichkeiten wie auch der Anpassungs- und Kritikfähigkeiten des Betrachters. Schließlich ist auch das Buch selbst ein Test. Mit ihm wird die Medienkunst "klassisch", insofern Texte und stehende Bilder das letzte Wort beanspruchen. Shaw, der virtuos mit alten und immer frischen Bild- und Raummotiven…mehr

Produktbeschreibung
Vom "Expanded Cinema" der sechziger Jahre bis zur "Cyber Art" der Gegenwart bietet die Werkmonographie zu Jeffrey Shaw das Panorama einer elektronischen Kunst, der die Technik nicht zum Fetisch und die Kunst nicht zur Propaganda gerät. Shaws Oeuvre erweist sich als ein Test der kunsttechnologischen Möglichkeiten wie auch der Anpassungs- und Kritikfähigkeiten des Betrachters. Schließlich ist auch das Buch selbst ein Test. Mit ihm wird die Medienkunst "klassisch", insofern Texte und stehende Bilder das letzte Wort beanspruchen. Shaw, der virtuos mit alten und immer frischen Bild- und Raummotiven des Manierismus und des Barock spielt, bereitet diese Pointe ein besonderes Vergnügen, und der Leser wird es teilen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.11.1997

Als die Kunst aufblasbar war
Luftkissen und Schnittstellen: Interaktive Werke von Jeffrey Shaw

Der australische Medienkünstler Jeffrey Shaw leitet seit 1991 das Institut für Bildmedien am Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Hier beschäftigt man sich mit interaktiver Kunst, vor allem unter dem Aspekt ihrer softwaretechnischen Machbarkeit. Die "Legible City", jene per Fahrrad vor einer großen Projektionswand erkundbare digitale Stadt, deren Häuser als Buchstaben erscheinen und in der die Straßen zu lesbaren Sätzen werden, ist das bekannteste und in den letzten Jahren am häufigsten ausgestellte interaktive Kunstwerk, nicht nur von Jeffrey Shaw, sondern im allgemeinen. Doch was tat Jeffrey Shaw, bevor er nach Karlsruhe kam und bevor er sein Fahrrad entwickelte?

Im Prinzip machte er nichts anderes als heute auch. Nur die Mittel, die Zeiten und das Verständnis haben sich geändert. Shaws Werk beginnt 1966. Der Zweiundzwanzigjährige produziert einen Film als Endlosschleife mit Tausenden von mehr oder weniger abstrakten Zeichnungen. Dieser Film wiederum fungierte hauptsächlich als Material für Aktionen, bei denen versucht wurde, die Begrenzung der Filmleinwand aufzuheben. Was einst unter dem Begriff Expanded Cinema begann, ist inzwischen zur Virtuellen Realität geworden.

In den sechziger Jahren wurde die interaktive Kunstrealität mit riesigen aufblasbaren Objekten hergestellt. Man konnte in sie hineingehen, sie wurden mit Rauch gefüllt, oder es wurde Farbe darüber geschüttet. Die sich so während der Ereignisse verändernden Oberflächen dienten wiederum als Projektionsflächen für Filme. Später baute Shaw riesige Luftkissen, auf denen man herumturnen konnte, oder entwickelte seinen dreieckigen Ballon, in dessen Innerem es möglich war, über das Wasser zu spazieren. 1970 legte er einen Schlauch über den Maschsee in Hannover, durch den man trockenen Fußes von einem Ufer zum anderen gelangte.

Die Tatsache, daß Shaw in den siebziger Jahren sein Können in die Dienste der Popgruppe "Genesis" stellte und mit Film-und Lichtprojektionen Konzerte auch zu visuellen Großereignissen werden ließ, deutet die nahe Verwandtschaft zwischen Kunst und Unterhaltung in seinem Werk an. Als ob es dagegen anzukämpfen gelte, läßt die durchaus informative, jedoch auch etwas langatmige Abhandlung von Anne-Marie Duguet kein kunsttheoretisches Zitat aus, um Shaw wissenschaftlich korrekt in den Kunstkontext einzuordnen. Sehr viel souveräner zeichnet Peter Weibel in seinem Essay die Entwicklung der letzten Jahrzehnte: "Seine Kunst ist nicht Bildkunst, sondern Beziehungskunst, Schnittstellenkunst. Da diese Beziehung in der apparativen Kunst technisch hergestellt wird, ist seine Kunst technische Beziehungskunst."

Dies spielt darauf an, daß in den computergesteuerten Arbeiten der neunziger Jahre der Betrachter sich nicht mehr allein mit seinen körperlichen Sinnen durch die Arbeiten bewegen kann, sondern auf ein Interface, ein technisches Werkzeug zwischen ihm und dem Werk, angewiesen ist. Dies kann ein Fahrrad sein, der Sessel eines Flugsimulators, aber auch eine 3-D-Brille samt Helm mit Bewegungsmelder. Immer noch entsteht die zu betrachtende Welt durch eine Projektion in einem geschlossenen, meist rundem oder kuppelartigem Raum. Hier schließt sich der Kreis zu den frühen aufblasbaren Objekten aus den Zeiten des Expanded Cinema.

In ihnen veränderte sich das Bild vor allem durch Veränderungen der Projektionsfläche. Diese Aufgabe übernimmt jetzt der Computer. Was damals gedacht und in einigen Aktionen realisiert wurde, kann nun sehr viel perfekter inszeniert werden. So zeigt diese Monographie, die das Geschehen auf Fotos und mit Werkbeschreibungen aus der Feder Shaws sorgfältig dokumentiert, daß die Medienkunst und auch das Werk ihrer heute bekanntesten Vertreter älter ist, als man gemeinhin glaubt. CHRISTOPH BLASE

"Jeffrey Shaw - eine Gebrauchsanweisung". Vom Expanded Cinema zur Virtuellen Realität. Mit Texten in deutscher und englischer Sprache von Anne-Marie Duguet, Heinrich Klotz, Jeffrey Shaw und Peter Weibel. Cantz Verlag, Stuttgart 1997. 176 S., geb., Abb., 68,- DM.

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