Sein Leben gehört der heiligen Stadt: achtundzwanzig Jahre lang, von 1965 bis 1993, hat Teddy Kollek als Bürgermeister die Geschicke Jerusalems gelenkt und Tag für Tag die Erfahrung gemacht, »daß es in Jerusalem grundsätzlich keine normalen Probleme gibt, die Aufschub dulden. Alle Probleme brennen unter den Nägeln. Ale Nöte sind akut.« Eindringlich ernst und temperamentvoll schildert er in seiner Rückschau viele Situationen und Episoden, die erkennen lassen, wie schwierig es sit, an diesem Brennpunkt politischer und religiöser Auseinandersetzungen, immer neu aufflammender Konflikte den alltäglichen praktischen Erfordernissen einer großen Stadt gerecht zu werden.Seit dem Sechs-Tage-Krieg im Jahr 1967 ist Jerusalem, die Hauptstadt Israels, wieder vereint. Teddy Kollek hat unermüdlich daran gearbeitet, zwischen der jüdischen Bevölkerung und den arabischen Bewohnern des Ostteils der Stadt Brücken des Verständnisses zu schlagen, Fanatismus und Haß abzubauen, damit ein Zusammenleben allen Gegensätzen zum Trotz möglich wird.Mit seinem unbürokratischen persönlichen Einsatz und seiner pragmatischen und menschlichen Kommunalpolitik hat Teddy Kollek große Sympathie in seiner Stadt und in aller Welt erworben. Von ihm angeregte großzügige Spenden aus dem In- und Ausland haben zur Verschönerung und Modernisierung Jerusalems beigetragen, den Bau von Museen, Schulen und Verkehrswegen, den Schutz jahrtausendealter Denkmäler ermöglicht, Parks und Erholungsflächen entstehen lassen, ein reiches kulturelles Leben gefördert.Teddy Kollek hat diese Buch einen Rechenschaftsbericht genannt. Es ist mehr: es ist die Summe seiner menschlichen und politischen Erfahrungen und Überzeugungen, es ist ein leidenschaftliches Plädoyer für Toleranz und Frieden - nicht nur in Jerusalem.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.1995Offene Augen, offener Sinn
Teddy Kollek schreibt über seine Stadt Jerusalem
Teddy Kollek: Jerusalem und ich. Memoiren. In Zusammenarbeit mit Dov Goldstein. Mit einem Vorwort von Yitzhak Rabin. Aus dem Hebräischen von Vera Loos und Naomi Nir-Bleimling. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1995. 432 Seiten, 32 Seiten Abbildungen, 58,- Mark.
Ohne den Vorwurf der Anmaßung dürfte kein anderer als Teddy Kollek diesen Titel wählen: "Jerusalem und ich". Es ist schon so: Man hätte Teddy Kollek, der mehr als 28 Jahre lang Bürgermeister von Jerusalem war, erfinden müssen, wäre er nicht schon am Werk. So klang es, und so klingt es aus Jerusalem und von weither aus der Welt.
Er war die Seele dieser Stadt, der Mittelpunkt ihrer Menschen. Keiner litt oder lachte wie er mit dieser Stadt über diese Stadt, keiner gestaltete sie mehr. Er darf sie seine Stadt nennen.
Wer das Glück hatte, mit diesem selbstlosen, gebildeten, urteilssicheren Bürgermeister sich zu unterhalten, gar mit ihm - stets ohne Sicherheitsbeamte und "admiradores" - durch Jerusalem zu spazieren, wem er dabei Augen und Sinne öffnete - er ließ die Steine sprechen und malte Bilder aus Geschichte und Geschichtchen - wer so beglückt wurde, erfuhr: Jerusalem ist seine Stadt. Darüber schreibt er nun.
"Ich durchquere die Stadt - und das Herz geht mir auf." - "Jerusalem muß man mit eigenen Beinen erkunden und nicht mit Papieren, Statistiken, Protokollen und umständlichen Gutachten." - "Mit Geduld, ohne Zorn und ohne die Bürger wegen ihrer Ablehnung zu verurteilen, aber mit Hartnäckigkeit und Ausdauer, ist es mir gelungen, die Herzen der Bürger . . . zu öffnen."
Premier Rabin lobte Teddy Kollek mit diesen Worten: "Dein Wunsch war es immer, ein Netz von Beziehungen zu schaffen, das Brücken des Verständnisses zwischen den verschiedensten Bevölkerungsgruppen Jerusalems schlagen sollte, zwischen ultraorthodoxen und nichtreligiösen Juden, zwischen Einwanderern aus den unterschiedlichsten Diaspora-Ländern, zwischen Aschkenasim und Sephardim, zwischen Juden und Moslems, zwischen Juden und Christen. Dieser bunte Regenbogen kultureller, geistiger und religiöser Gegensätze, das ist Dein Jerusalem."
Präzise und konkret, auch mit Witz und Hintersinn erzählt Teddy Kollek aus seinem politischen Leben, verschweigt nicht seine Stärken und Schwächen, geißelt den politischen Betrieb, belegt seine Meinung, schreibt nicht drumherum.
Aus seiner Erfahrung ruft er aller Welt diese Einsicht hinzu: "Bei uns, nicht bei den Arabern, liegt die Beweislast, daß eine Koexistenz möglich ist." - "Die Juden bestehen auf einem Jerusalem, nämlich einem jüdischen. Die Araber bestehen ebenfalls auf einem Jerusalem, einem arabischen. Weder die einen noch die anderen streben ein gemeinsames Jerusalem an, in dem zwei Völker miteinander leben . . ." Diese besorgten Einsichten kommen von einem, der denkt, bevor er redet oder schreibt; von einem, der immer noch - aus dem Mandat seines Gewissens und seiner Vernunft - dabei ist, aus der "Heiligen Stadt der Menschheit" (Teddy Kollek) einen Ort des Friedens zu machen. Danke!
Und ohne den Frieden dort wird im Nahen Osten kein Frieden werden. Das geht uns an.
Den Weg dahin weist Teddy Kollek so: "Jede Eigentümlichkeit der menschlichen Kultur hat Ehre und Achtung verdient, auch wenn sie uns fremd sein sollte." - "Dies ist der Kern meines Wertesystems: niemanden zu verurteilen, weil er anders ist als die anderen. Die Andersartigkeit zu respektieren. Keinen Glauben, keine Lebensweise geringzuschätzen. Die Ausdauer nicht zu verlieren bei dem unablässigen, schweren und komplizierten Versuch, all das Schöne, Andersartige und Besondere in ein Geflecht der Gemeinsamkeit einzubinden."
Ein großer Mann schrieb ein großes Buch - ehrlich, lehrreich, wertvoll. Und immer unmißverständlich: "Wir werden auf keinen Fall und unter keinen Umständen auf das vereinigte gesamte Jerusalem verzichten."
Die Verantwortlichen sollten das Buch lesen, nicht nur lesen lassen. RAINER BARZEL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Teddy Kollek schreibt über seine Stadt Jerusalem
Teddy Kollek: Jerusalem und ich. Memoiren. In Zusammenarbeit mit Dov Goldstein. Mit einem Vorwort von Yitzhak Rabin. Aus dem Hebräischen von Vera Loos und Naomi Nir-Bleimling. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1995. 432 Seiten, 32 Seiten Abbildungen, 58,- Mark.
Ohne den Vorwurf der Anmaßung dürfte kein anderer als Teddy Kollek diesen Titel wählen: "Jerusalem und ich". Es ist schon so: Man hätte Teddy Kollek, der mehr als 28 Jahre lang Bürgermeister von Jerusalem war, erfinden müssen, wäre er nicht schon am Werk. So klang es, und so klingt es aus Jerusalem und von weither aus der Welt.
Er war die Seele dieser Stadt, der Mittelpunkt ihrer Menschen. Keiner litt oder lachte wie er mit dieser Stadt über diese Stadt, keiner gestaltete sie mehr. Er darf sie seine Stadt nennen.
Wer das Glück hatte, mit diesem selbstlosen, gebildeten, urteilssicheren Bürgermeister sich zu unterhalten, gar mit ihm - stets ohne Sicherheitsbeamte und "admiradores" - durch Jerusalem zu spazieren, wem er dabei Augen und Sinne öffnete - er ließ die Steine sprechen und malte Bilder aus Geschichte und Geschichtchen - wer so beglückt wurde, erfuhr: Jerusalem ist seine Stadt. Darüber schreibt er nun.
"Ich durchquere die Stadt - und das Herz geht mir auf." - "Jerusalem muß man mit eigenen Beinen erkunden und nicht mit Papieren, Statistiken, Protokollen und umständlichen Gutachten." - "Mit Geduld, ohne Zorn und ohne die Bürger wegen ihrer Ablehnung zu verurteilen, aber mit Hartnäckigkeit und Ausdauer, ist es mir gelungen, die Herzen der Bürger . . . zu öffnen."
Premier Rabin lobte Teddy Kollek mit diesen Worten: "Dein Wunsch war es immer, ein Netz von Beziehungen zu schaffen, das Brücken des Verständnisses zwischen den verschiedensten Bevölkerungsgruppen Jerusalems schlagen sollte, zwischen ultraorthodoxen und nichtreligiösen Juden, zwischen Einwanderern aus den unterschiedlichsten Diaspora-Ländern, zwischen Aschkenasim und Sephardim, zwischen Juden und Moslems, zwischen Juden und Christen. Dieser bunte Regenbogen kultureller, geistiger und religiöser Gegensätze, das ist Dein Jerusalem."
Präzise und konkret, auch mit Witz und Hintersinn erzählt Teddy Kollek aus seinem politischen Leben, verschweigt nicht seine Stärken und Schwächen, geißelt den politischen Betrieb, belegt seine Meinung, schreibt nicht drumherum.
Aus seiner Erfahrung ruft er aller Welt diese Einsicht hinzu: "Bei uns, nicht bei den Arabern, liegt die Beweislast, daß eine Koexistenz möglich ist." - "Die Juden bestehen auf einem Jerusalem, nämlich einem jüdischen. Die Araber bestehen ebenfalls auf einem Jerusalem, einem arabischen. Weder die einen noch die anderen streben ein gemeinsames Jerusalem an, in dem zwei Völker miteinander leben . . ." Diese besorgten Einsichten kommen von einem, der denkt, bevor er redet oder schreibt; von einem, der immer noch - aus dem Mandat seines Gewissens und seiner Vernunft - dabei ist, aus der "Heiligen Stadt der Menschheit" (Teddy Kollek) einen Ort des Friedens zu machen. Danke!
Und ohne den Frieden dort wird im Nahen Osten kein Frieden werden. Das geht uns an.
Den Weg dahin weist Teddy Kollek so: "Jede Eigentümlichkeit der menschlichen Kultur hat Ehre und Achtung verdient, auch wenn sie uns fremd sein sollte." - "Dies ist der Kern meines Wertesystems: niemanden zu verurteilen, weil er anders ist als die anderen. Die Andersartigkeit zu respektieren. Keinen Glauben, keine Lebensweise geringzuschätzen. Die Ausdauer nicht zu verlieren bei dem unablässigen, schweren und komplizierten Versuch, all das Schöne, Andersartige und Besondere in ein Geflecht der Gemeinsamkeit einzubinden."
Ein großer Mann schrieb ein großes Buch - ehrlich, lehrreich, wertvoll. Und immer unmißverständlich: "Wir werden auf keinen Fall und unter keinen Umständen auf das vereinigte gesamte Jerusalem verzichten."
Die Verantwortlichen sollten das Buch lesen, nicht nur lesen lassen. RAINER BARZEL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main