Michael Warren kann sich an das wichtigste Ereignis seines Lebens nicht erinnern: Im Alter von drei Jahren verschluckt er ein Hustenbonbon - und droht daran zu ersticken. Zehn Minuten soll er, so heißt es, nicht geatmet haben, und während dieser zehn Minuten wird Michael hinfortgerissen in eine andere Welt, wo er als Ehrenmitglied der 'Bande der Todtoten' zahlreiche fröhliche wie furchterregende Abenteuer erlebt. Dabei erfährt er am eigenen Leibe, dass unsere Vorstellungen von Raum und Zeit, von Leben und Tod kaum an der Oberfläche der Realität kratzen: Unsere Wirklichkeit ist nur die unterste Ebene eines mehrstöckigen Weltengebäudes, das von ganz anderen Gesetzen beherrscht wird als jenen, die wir für unumstößlich halten. Und zwischen diesen höheren Gefilden und Michaels Zuhause in den Boroughs von Northampton besteht eine geheimnisvolle Wechselwirkung ...Mit Jerusalem hat Alan Moore ein verstörendes, berauschendes Romanepos über die Tragik und das Glück des menschlichen Daseinsverfasst, ein Monument, das in seiner brillanten Vielfalt von tiefschürfender Gesellschaftskritik bis zu extravaganter Phantastik alle Register zieht.
»Ein kontrapunktisch perfekt durchkomponierter Riesenorchester-Roman .. Satz für Satz ein Textkosmos seltsamster Schönheiten.« - Dietmar Dath, FAZ »Jerusalem lässt sich nur aushalten, wenn man sich seinen Exzessen hingibt - seiner Getriebenheit, sämtliche Herausforderer hinsichtlich Üppigkeit der Sprache und Weite des Blickfelds zu übertreffen - und anerkennt, dass der Roman wirklich so genial ist, wie es den Anschein erweckt.« - Douglas Wolk, THE NEW YORK TIMES BOOK REVIEW
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Clemens J. Setz hält alle für Esel, die sich den "Riesenroman" des Comicschöpfers Alan Moore entgehen lassen. Der Umfang und Moores Neigung zum ausufernden Experiment könnte vielleicht nicht jedermanns Sache sein, das ahnt Setz schon, doch was der Autor an Textformen versammelt, von einer Geschichte eines Arbeiterbezirks in Northampton über einen Jugendroman bis zu einer Reihe von Novellen, lässt das Leserherz des Rezensenten höher schlagen. Allein die mittig im Buch platzierte Geschichte einer Nahtoderfahrung eines Jungen scheint Setz derart hinreißend, dass er so manchen Metaphern-Overkill und Endlosmonolog (über den Kapitalismus) und das ein oder andere "Slapstickgeblödel", etwa zwischen den Geistern von Beckett und Bunyan, schluckt. Manches offenbart sich auch erst im Verlauf des Textes als Konzeot, etwa, wenn sich Setz an eine frühe Episode um Charlie Chaplin erinnert. Barock ist das, aber auch göttlich, findet Setz, der eine Lektüre empfiehlt, die uns neu auf die Welt blicken lässt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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