Wie Jessica Backhaus es gelingt, mit Transparentpapier geradezu außerirdische Farbwirkungen zu erzeugen, ist mir immer noch ein Rätsel. Mein Gefühl sagt, dass digitale Bildbearbeitung eine Rolle spielt, so perfekt und gestochen scharf sind Ränder und Konturen. Ich habe aber auch gedacht, dass die
Druckfarben Glimmerpigmente enthalten, weil sie so faszinierend flirren, als wären sie lebendig, aber…mehrWie Jessica Backhaus es gelingt, mit Transparentpapier geradezu außerirdische Farbwirkungen zu erzeugen, ist mir immer noch ein Rätsel. Mein Gefühl sagt, dass digitale Bildbearbeitung eine Rolle spielt, so perfekt und gestochen scharf sind Ränder und Konturen. Ich habe aber auch gedacht, dass die Druckfarben Glimmerpigmente enthalten, weil sie so faszinierend flirren, als wären sie lebendig, aber die Lupe hat schnell gezeigt, dass ein „normaler“, hochaufgelöster Offsetdruck dahinter steckt. Aber das ist letztlich alles ohne Bedeutung, denn nur die Wirkung zählt und die ist atemberaubend.
Mit geschickt positionierten Transparentpapieren erschafft Jessica Backhaus eine Welt, die zwar Anklänge in der konkreten Kunst und dem Bauhaus nimmt, aber doch ganz eigenständig ist. Sie malt mit Licht, indem sie die Papiere rollt, über- oder gegeneinander stellt, den Schattenwurf und Transparenz einbezieht und das Bildfeld nach allen Regeln der klassischen Ästhetik aufbaut. Eine geradezu simple Idee in genialer Umsetzung. Die Farbübergänge haben etwas Altmeisterliches: Unmerklich fließen sie ineinander, die Farben sind in Temperatur und Kontrast perfekt aufeinander abgestimmt, unter Ausnutzung der additiven Farbmischung, ganz wie die alten Meister, nur ohne Pinsel. Mehr als ein Motiv würde ich mir sofort an die Wand hängen und das Format im Großfolio und das hochwertige, schwere Papier unterstützen die wundersame Wirkung auf den Betrachter. Man hat fast den Eindruck, kein serielles Buch, sondern ein Original in Händen zu halten. Die Größe hätte aus meiner Sicht allerdings ein Hardcover erfordert, denn die sichere Aufbewahrung als Paperback wird, vorsichtig gesagt, anspruchsvoll.
Was mich wirklich gestört hat, ist das in höchstem Maße schwafelige Nachwort von Christiane Stahl. Aus meiner Sicht eine Verschwendung von Druckerschwärze und Papier, denn wer nichts zu sagen hat, soll es sein lassen, statt es in Schriftgröße 30 in die Welt zu tragen. Zum Glück stößt man erst nach dem phänomenalen Bildteil auf dieses Ärgernis und darf es dann auch ganz schnell wieder vergessen.
(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)