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Die Regelung von Glauben und Frömmigkeit, welche das Konzil von Trient (1545-1563) der katholischen Welt verordnete, schrieb sich auch Luzern auf die Fahnen. Wie aber hat die eigene Bevölkerung auf die Neuerungen von Kirche und Obrigkeit reagiert? Am Beispiel der ersten Luzener Jesuiten, dem Verbot von Priesterkonkubinen und der Kriminalisierung von Gesundbeterinnen und Geisterbeschwörern untersucht das Buch die Breitenwirkung der neuen Konfessionskultur in Luzern.
Ab 1574 wurden die Jesuiten in Luzern als Lehrer, Seelsorger sowie als Volksmissionare aktiv. Dabei kam ihnen eine besondere
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Produktbeschreibung
Die Regelung von Glauben und Frömmigkeit, welche das Konzil von Trient (1545-1563) der katholischen Welt verordnete, schrieb sich auch Luzern auf die Fahnen. Wie aber hat die eigene Bevölkerung auf die Neuerungen von Kirche und Obrigkeit reagiert? Am Beispiel der ersten Luzener Jesuiten, dem Verbot von Priesterkonkubinen und der Kriminalisierung von Gesundbeterinnen und Geisterbeschwörern untersucht das Buch die Breitenwirkung der neuen Konfessionskultur in Luzern.

Ab 1574 wurden die Jesuiten in Luzern als Lehrer, Seelsorger sowie als Volksmissionare aktiv. Dabei kam ihnen eine besondere Aufmerksamkeit für das Fremde entgegen, die Ignatius von Loyola mit dem Sprichwort "durch ihre Tür eintreten, um bei unserer Tür herauszukommen" umschrieben hatte. Gemeint war damit die Anpassung jesuitischer Seelsorge an die jeweilige Kultur, die es zu missionieren galt. In Luzern war man mit einem starken Klerikerkonkubinat konfrontiert, dessen Wahrnehmung sozial differierte: Was der Obrigkeit die generelle Angst vor priesterlicher Sexualität war, war der Bevölkerung die Sorge um das eigene Seelenheil. Die Geistlichen wiederum erklärten ihre Liebesbeziehungen als wirtschaftlich überlebensnotwendig.

Während die Jesuiten in Fragen des Zölibats zu keiner Anpassung bereit waren, sah dies bei den popularen Heilungsbedürfnissen anders aus. Hier versuchten die Jesuiten mit Sakramenten, insbesondere der Beichte, eine Alternative zu Luzerner "Versegnerinnen" und Geisterbeschwörern anzubieten: Dort, wo die weltliche Medizin versagte, sollte die jesuitische Beichte weiterhelfen. Zudem machten die Jesuiten die Beichte mit geweihten Gegenständen wie Medaillons und Palmzweigen populär.

Solche Objekte und ähnlich fromme Worte verwendete freilich auch die Konkurrenz, die Luzerner Heilerinnen und Heiler. Die Kirche versuchte mit Bestimmungen über "Sakramente" und "Sakramentalien" klare dogmatische Grenzen zu ziehen, doch weisen die Praktiken im nachtridentinischen Luzern auf ein untrennbares Gemenge von kirchlichen Dogmen und Laienvorstellungen hin. Erst Kirchengelehrte und Richter haben somit in Luzern getrennt, was auf einer popularen Ebene ein einheitliches Handeln darstellte: Vor Gericht wurden Heilmethoden zu kirchlichem Glanz erhöht oder zu schwarzer Magie verteufelt.

Die Geschichten um Luzerner Jesuiten, Konkubinarier und Heilerinnen zeigen, dass es falsch wäre, die Verbreitung einer nachtridentinischen Konfessionskultur als einseitige Durchsetzungspolitik von oben zu sehen. Die Jesuiten waren in Luzern Vermittler zwischen den Kulturen. Sie standen auf der Seite der Kirchenreformen, berücksichtigten aber auch populare Bedürfnisse nach Heilung und Prosperität. So gesehen ist die Luzerner Gegenreformation eine Geschichte vielfältiger Austauschprozesse, an denen Männer und Frauen ausserhalb der Kirche intensiv beteiligt waren. Vielfach contre-coeur, nämlich vor Gericht, aber mit der Möglichkeit, das Definitionsmonopol der Kirche zu unterlaufen, um eigene religiöse Praktiken zu postulieren. Dies relativiert unsere Vorstellung von uniformen gegenreformatorischen Weltbildern in Luzern und schärft den Blick für Handlungsspielräume im konfessionellen Zeitalter.
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