Jetzt ein Tiger, erschienen 1956, ist die erste Romanveröffentlichung des britischen Schriftstellers Anthony Burgess (1917-1993) und zugleich der erste Teil seiner berühmten Malaya-Trilogie.Als Anthony Burgess 1954 als Lehrer nach Malaya kam, zeichnete sich die drei Jahre später erlangte Unabhängigkeit schon ab. Unklar war, wie es mit dem Land weitergehen würde: Gegen Ende der Kolonialzeit lebten dort neben den meist muslimischen Malaien zahlreiche Inder und Chinesen mit ihren jeweiligen Religionen, Traditionen und Sprachen; im Dschungel führten die Briten Krieg gegen den militärischen Arm der Kommunistischen Partei Malayas.Mit dieser Situation in der Schlussphase des Britischen Empire konfrontiert Burgess den fiktiven Lehrer Victor Crabbe, dessen idealistisches Bemühen, das Land an den Errungenschaften der abendländischen Zivilisation teilhaben zu lassen, die Romantrilogie zusammenhält. So entsteht eine vielschichtige und vielstimmige Komposition, welche die Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen ebenso sichtbar macht wie den Rassismus und die Unfähigkeit vieler Kolonialherren. Dass Burgess mit seiner typischen Mischung aus Ironie, Wortwitz und überbordender Komik erzählt und dabei auf seine eigenen Erfahrungen in Malaya zurückgreift, macht die Trilogie zu einem seiner besten Werke neben Uhrwerk Orange (1962) und Der Fürst der Phantome (1980). Unvergessen sind Figuren wie der britische Police Lieutenant Nabby Adams, dessen unstillbarer Bierdurst in Jetzt ein Tiger eine shakespearesche Komödienhandlung in Gang setzt.(Bd. 1 der Malaya-Trilogie)
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Ein zerfallendes Weltreich bietet eine wunderbare Kulisse für weiße Selbstbespiegelung, da macht sich Rezensentin Julia Schröder nichts vor. Sie muss den britischen Autor Anthony Burgess in vielen postkolonialen Punkten schuldig sprechen, wenn er in seiner nun vollständig übersetzten Malaya-Trilogie aus den fünfziger Jahren von seiner Zeit als College-Lehrer in Kuala Kangsar erzählt und dabei Malaien, Chinesen, Sikhs und Tamilien eine selbstverschuldete Unmündigkeit zuspricht. Trotzdem weiß sie seine Romane sehr zu schätzen. Zum einen weil er ihr auch plausibel macht, wie gnadenlos die verschiedenen Volksgruppen um Vorherrschaft kämpften. Zum anderen aufgrund seiner fantastischen Figuren, die vielleicht überzeichnet sein mögen, aber unvergesslich bleiben. Die Schonungslosigkeit, mit der er sich dabei - in elegant-gebildetem Parlando - an seinem eigenen Leben und dem seiner am Alkohol zugrunde gegangenen Ehefrau bedient, bemerkt Schröder gleiechwohl.
© Perlentaucher Medien GmbH
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