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Frühsommer 1965: Anne, die Erzählerin, trifft den berühmten Filmregisseur Robert Bresson. Ihre Freundin Florence, selbst Schauspielerin, organisiert das Treffen, überzeugt davon, dass Anne die Idealbesetzung der Marie in "Zum Beispiel Balthasar" ist, Bressons nächstem Filmprojekt. Obwohl sie keinerlei Schauspielerfahrung hat - Annes Stimme und Ausstrahlung faszinieren den alternden Bresson. Doch das junge Mädchen ist noch nicht volljährig. Nachdem es gelingt, auch ihre Familie von dem Filmprojekt zu überzeugen, betritt sie eine neue Welt: Die Welt des Films, die des ungeduldigen und…mehr

Produktbeschreibung
Frühsommer 1965: Anne, die Erzählerin, trifft den berühmten Filmregisseur Robert Bresson. Ihre Freundin Florence, selbst Schauspielerin, organisiert das Treffen, überzeugt davon, dass Anne die Idealbesetzung der Marie in "Zum Beispiel Balthasar" ist, Bressons nächstem Filmprojekt. Obwohl sie keinerlei Schauspielerfahrung hat - Annes Stimme und Ausstrahlung faszinieren den alternden Bresson. Doch das junge Mädchen ist noch nicht volljährig. Nachdem es gelingt, auch ihre Familie von dem Filmprojekt zu überzeugen, betritt sie eine neue Welt: Die Welt des Films, die des ungeduldigen und perfektionistischen Regisseurs Bresson und die Welt der Erwachsenen. Anne blüht auf, verliert ihre Unschuld. Der eifersüchtige Filmemacher versucht mit aller Kraft, seine eigensinnige Heldin zu bezähmen, und zwischen Meister und Muse entwickelt sich ein rätselhaftes Spiel, eine Mischung aus Verlockung, Abhängigkeit und Macht. Am Ende des Sommers und der Dreharbeiten spürt Anne, dass sich eine Wandlung vollzogen hat: Sie hat ihre Kindheit abgeschlossen und etwas Neues, Aufregendes liegt hinter - aber auch vor ihr.

Wiazemskys preisgekrönter Roman ist eine sehr persönliche Erinnerung an ihren Sommer mit Bresson und bietet, gleichsam zeitlos, ein Bild der besonderen Lebensspanne auf der Schwelle zwischen Kind und Erwachsenem. Mit dichten Bildern und in einer unaufdringlichen, aber eindringlichen Sprache transportiert Wiazemsky die Gefühle des Erwachsenwerdens, voller Sehnsucht, Aufregung und Verwirrung, und konserviert die Eindrücke dieser Jahre, ihre ganz eigene Farbe, ihren ganz eigenen Duft, ihre ganz eigene Romantik.

"Dieses Buch bewegt einen so, weil es darin um alle jungen Mädchen geht, um eine universelle Geschichte über das Erwachsenwerden, um eine Erzählung über das Erwachen, wenn man seine ursprüngliche Lebenswelt verlassen muss, um nur noch sich selbst zu gehören."
Dominique Fernandez, Le Nouvel Observateur

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Autorenporträt
Anne Wiazemsky, geb. 1947, gab ihr Filmdebüt in Robert Bressons 'Zum Beispiel Balthazar'. Im Jahr darauf heiratete sie Jean-Luc Godard und übernahm die weibliche Hauptrolle in seinem Film 'Chinesin'. Sie spielte außerdem in 'Weekend', in 'Der Schweinestall' und in 'Teorema - Geometrie der Liebe' von Pier Paolo Pasolini. Neben ihrer Arbeit als Schauspielerin machte sich Wiazemsky auch als Regisseurin und vor allem als Schriftstellerin einen Namen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2009

Das Mädchen und der Regisseur
Mit 18 Jahren stand Anne Wiazemsky für Robert Bresson das erste Mal vor der Kamera. Dann heiratete sie Jean-Luc Godard. "Jeune fille" heißt ihr Roman über diese Zeit

Zu Hause, bei ihrer Mutter, stand das Telefon nicht mehr still, und ihr Onkel lief in Paris vor Schreck gegen eine Litfaßsäule, als überall am Kiosk auf der Titelseite von "France Soir" plötzlich ihr Foto zu sehen war: "Die Enkelin des Schriftstellers François Mauriac dreht mit dem Regisseur Robert Bresson", stand da. Anne Wiazemsky war gerade achtzehn geworden, hatte keine Ahnung von Kino, jedenfalls nicht von dem, was 1965 im Kino als avanciert galt - sie sah sich lieber die "Angélique"-Filme mit Michèle Mercier an. Jetzt stand sie selbst vor der Kamera, sollte aber bitte gar nicht erst versuchen, zu schauspielern, wie Robert Bresson ihr erklärte, und so unbeteiligt sprechen wie möglich. Titel des Films: "Zum Beispiel Balthazar", die Leidens- und Lebensgeschichte eines Esels und eines Mädchens; eine Schicksalserzählung über Ikonen erzwungener Duldsamkeit. Sie war das Mädchen.

Heute kennt man Anne Wiazemsky vor allem aus den Filmen, die sie wenige Jahre später mit Jean-Luc Godard drehte, mit dem sie dann auch verheiratet war: aus der "Chinesin", in dem sie eine marxistische Bürgerstochter spielt, die Philosophie in Nanterre studiert; aus "Weekend" oder den "All about Eve"-Sequenzen in Godards Rolling-Stones-Film "One plus one", in welchem sie als Eve Democracy von einem Kamerateam interviewt wird und auf alle Fragen immer nur mit "Oui" oder "Non" antwortet. Als sie in dieser Zeit nach Venedig fuhr, erkannte Pier Paolo Pasolini die junge Schauspielerin auf der Straße und engagierte sie für "Teorema - Geometrie der Liebe". Sie drehte mit Robert Enrico und André Téchiné - und zog sich, als die Rollen weniger wurden, immer mehr aus dem Filmgeschäft zurück, um stattdessen, wie ihr Großvater, François Mauriac, Bücher zu schreiben, die in Frankreich mehrfach ausgezeichnet wurden. "Jeune fille" heißt das zweite ihrer zehn Bücher, das nun auch ins Deutsche übersetzt worden ist. Es ist ein autobiographischer Roman über die Dreharbeiten, damals bei Robert Bresson; eine Erzählung vom Filmset und die wunderbare Geschichte der Begegnung eines Mädchens mit jenem viel älteren Regisseur, den Anne Wiazemsky als einen faszinierenden Tyrannen beschreibt - elegant, besitzergreifend, liebevoll, unerbittlich. "Als Robert Bresson im Dezember 1999 starb", erzählt die heute 62-Jährige in Paris, "war ich bei seiner Beerdigung. Damals kamen die Erinnerungen wieder hoch, all das, was ich ihm verdanke, und es entstand der Wunsch, über ihn zu schreiben, nur wusste ich lange nicht wie. Die Erinnerung ist ja trügerisch, mit Memoiren hätte ich mich, allein aus Respekt, einer Wahrheit verpflichtet, und so entschied ich mich für einen Roman, mit dem ich auch eine exemplarische Geschichte erzählen konnte: die eines Mädchens, das sich innerhalb eines Sommers von seiner Kindheit verabschiedet."

Der schöne Tyrann

Es war der Großvater, der ihr die Erlaubnis gab, "zum Film zu gehen", als eine Freundin der Familie, die in Bressons "Jeanne d'Arc" gespielt hatte, sie dem Regisseur vorstellte, wo Anne ihm vorlesen musste, damit er ihre Stimme hören konnte. "Weißt du, warum ich dir diese Erlaubnis gebe?", sagt François Mauriac im Roman: "Ich wär gern an deiner Stelle. Stell dir vor, ich beneide dich! Mir hat man nie angeboten, in einem Film mitzuspielen!" Sie muss ihm allerdings versprechen, während der Dreharbeiten Tagebuch zu führen, das Tagebuch eines Films, findet Mauriac, werde faszinierend sein. Und außerdem, wenn dieser Monsieur Bresson sich als unangenehm erweisen sollte, hätte sie mit dem Tagebuch eine herrliche Waffe. Françoise Gilot, die mit Picasso verheiratet war, habe eben ein Buch über ihr gemeinsames Leben herausgebracht, und die Leute rissen sich darum: "Was für eine wunderbare Rache!"

Anne Wiazemsky hat die Tagebücher von damals noch, hat sich aber verboten, die Aufzeichnungen beim Schreiben wiederzulesen. "Das hätte mich eingeschränkt", sagt sie, "ich wollte die Geschichte aus der Erinnerung neu erfinden." Ob sie denn einen Blick hineingeworfen habe, als das Buch fertig gewesen sei? "Ja, das schon. Und da gab es eine Sache, die mich mehr, und eine, die mich weniger überrascht hat. Weniger überraschend war, dass die Nacht, die ich damals mit einem Jungen vom Set verbracht habe und die meine erste war, im Tagebuch einen sehr großen Raum einnimmt. Seitenlang geht es darum, aber für den Roman hat es mich nicht so sehr interessiert. Überraschend fand ich, dass in meiner Erinnerung, die eine glückliche ist, immerzu schönes Wetter war; dass es in Wahrheit aber immerzu geregnet hat, was der eigentliche Grund dafür war, dass die Dreharbeiten sich verzögerten und die Produzentin nervös wurde. Ich dachte, es hätte an Robert Bressons Genauigkeit gelegen, an seinem Eigensinn."

"Zum Beispiel Balthazar" ist als DVD leider schwer zu kriegen. Man muss sich den Film aber ausleihen, da man ihn nach der "Jeune fille"-Lektüre unbedingt wiedersehen will. Denn trotz der Fiktionalisierung kann man nicht widerstehen, Wiazemskys Roman, zumindest auf einer Ebene, als das zu lesen, was man, auch wenn es hässlich klingt, einen Schlüsselroman nennt: "Jeune fille" zeichnet das beeindruckende Porträt eines Regisseurs bei der Arbeit, der mit seinen Schauspielern, die er damals noch "interprètes", später "modèles" nannte, hadert, wenn diese sich zu sehr einbringen, zu sehr zur Identifikation anstiften, wohingegen er sie als bloße Projektionsfläche will, als unbeschriebenes Blatt. Er hadert mit seinem, wie er findet, fotogenen Esel, dessen Augen im entscheidenden Moment nicht in der Weise glänzen, wie er sich das vorstellt, und dessen "Iah"-Laute die Tonleute aufnehmen und dem Tier wieder vorspielen müssen, damit es überhaupt reagiert. Und schließlich hadert er mit seiner Hauptdarstellerin, Anne, die er eifersüchtig hütet, wie einen Schatz, so dass der Rest des Filmteams sie bald nur noch "Die Gefangene" nennt: Sie wohnt und isst bei ihm, nicht bei den anderen, und wenn beide am Abend spazieren gehen, versucht er jedes Mal, sie zu küssen - was sie abwehrt, um stattdessen mit einem Jungen vom Set zu schlafen. Sie kann es kaum fassen, dass am nächsten Tag, vor der Kamera, niemand die Veränderung bemerkt. Dieses "erste Mal" müsse man ihr doch anmerken, denkt sie, man müsse es doch sehen.

"Mein Vertrauen Robert Bresson gegenüber", sagt Anne Wiazemsky, "war von Beginn an enorm. Das galt auch fürs Drehen. Was ich von ihm gelernt habe, ist, dass man sich nicht dafür schämen muss, sich führen zu lassen, zumindest nicht von jemandem wie ihm." - "Aber hat er Sie nicht auch ausgetrickst?" - "Es gab da diese berühmte Szene mit der Ohrfeige: Bresson wies meinen Filmpartner vor allen anderen an, mir eine fingierte Ohrfeige zu geben. Hinter meinem Rücken sagte er ihm, er solle bitte richtig zuschlagen. Sie können im Film noch heute meine Fassungslosigkeit über diesen heftigen Schlag sehen! Ghislain Cloquet, der wunderbare Kameramann, der eine Tochter in meinem Alter hatte und mich schützen wollte, beschwerte sich daraufhin, dass solche sadistischen Methoden nichts mit Kino zu tun hätten. Für mich war es aber kein Sadismus. Es wiederholte sich auch nicht und diente allein dem Film. Ich habe später Regisseure kennengelernt, die wirkliche Sadisten waren, jeden Tag. Das ist etwas völlig anderes."

Während der Dreharbeiten lernte Anne Wiazemsky auch Jean-Luc Godard kennen, der, was Anne Wiazemsky damals nicht wusste, ein Foto von ihr im "Figaro" gesehen, sich in dieses Foto verliebt hatte und zum Filmset kam, um, was bloß ein Vorwand war, für die "Cahiers du Cinéma" ein Interview mit Bresson zu führen. Bresson gab sich launisch, und Anne, der es auf die Nerven ging, dass alle Godard so toll fanden, würdigte ihn kaum eines Blicks. "Ich war 18, ich war dumm!", sagt sie heute. Wie Godard sich um ein eindrucksvolles Gespräch bemüht, dabei aber dramatisch scheitert, das gehört zu den lustigsten Szenen dieses Buchs. Was das Buch allerdings nicht erzählt, ist, dass Anne ein Jahr später im Kino Godards "Masculin, féminin" sah, sich gemeint fühlte und dem Regisseur einen Brief an die "Cahiers" schickte, in dem sie ihm ihre Liebe erklärte. Sie trafen sich und heirateten. "Das gibt es doch bei sehr schüchternen Menschen - und ich war sehr schüchtern, viele kannten damals nicht einmal meine Stimme, so wenig habe ich geredet -, dass sie plötzlich ihren Mut zusammennehmen und nicht mehr zu stoppen sind. Von der Schüchternheit ist es nicht weit zur Megalomanie."

Wir waren jung

Als sie 1967 mit Godard "Die Chinesin" drehte, versuchte Bresson es ihr zu verbieten, rief ständig bei ihr an, bis Godard ihm irgendwann erklärte, er solle sich, bei aller Wertschätzung, doch bitte aus ihrem Privatleben heraushalten. "Wir überwarfen uns damals, Bresson war dann auch gegen die 68er und wir natürlich dafür, wir waren ja jung." Wenn man den Film "Die Chinesin" heute wiedersieht, in dem die linksradikalen Studenten in großbürgerlichem Ambiente fast ausschließlich in Zitaten sprechen und die Mechanismen des Kinoerzählens permanent reflektiert werden, wundert man sich fast, dass Anne Wiazemsky, Schauspielerin der "Nouvelle Vague", als Schriftstellerin einen so reduktionistischen Stil verfolgt, eine auffällige Einfachheit der Sprache. Nicht einmal die Differenz zwischen den Tagebüchern und der Erinnerung hat sie als Reflexionsebene des Erzählens eingebaut. Ob das Absicht sei, eine Gegenbewegung? Sie weist das zurück. Gerade "Die Chinesin", meint sie, sei doch ungeheuer leicht erzählt. "Die Regel, an die ich mich beim Schreiben gehalten habe, findet man in Robert Bressons ,Noten zum Kinematographen': ,Ich erfinde sie, wie sie sind', schreibt er da über seine Modelle."

So hat Anne Wiazemsky Robert Bresson erfunden, wie er war. Sie hat ihm Worte in den Mund gelegt, die er nie gesagt hat und die doch die seinen sind: "Ich bin in Ihrer Nähe so glücklich gewesen", sagt Anne gegen Ende der Dreharbeiten zu ihm in einem Dialog, der unbewusst aus Zitaten des Films besteht, weshalb beide lachen müssen. "Ich auch", antwortet Bresson. "In Ihrer Nähe zu leben hat mir unendlich viel bedeutet, Ihre Jugend hat mich jung gemacht . . . oft hatte ich Ihr Alter. Später werden Sie verstehen . . . Später." "Jeune fille" ist Anne Wiazemskys Antwort auf dieses "Später". Sie hat verstanden.

JULIA ENCKE

Anne Wiazemsky: "Jeune fille". Roman, C.-H.-Beck-Verlag, 206 Seiten, 18,90 Euro

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Geradezu berückend findet Rezensent Simon Strauß diese Erinnerungen der Schauspielerin Anne Wiazemsky, die darin erzählt, wie sie im zarten Alter von siebzehn Jahren ihren ersten Film mit Robert Bresson drehte: "Zum Beispiel Balthasar". Und für Strauss wird jetzt auch klar, woraus sich der Zauber dieses Films speiste: Es ist diese unvergleichliche "Mischung aus Unschuld und Verdorbenheit" einer Siebzehnjährigen, die gerade den Sex für sich entdeckt hat, auf der einen Seite, und auf der Seite Bressons Zuneigung zu dem Mädchen, die ebenso in väterlicher Zuneigung wie männlichem Begehren bestand. Diese Ambivalenzen durchziehen das Buch, auch das Verhältnis zwischen Meister und Muse changiert ständig und wie in dem Film selbst weiß der Leser auch nie ganz, ob Anne Kind oder Verführerin war. Und natürlich hat er auch sehr viel über Bressons Arbeitsmethode gelernt.

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