Johann Dills Lebensweg war nicht geradlinig: Nach Kriegsende wurde sein Vater, ehemals Chefkonstrukteur bei Telefunken, wie eine Anzahl anderer deutscher Experten, in die Sowjetunion "eingeladen", wo er mit seiner Familie die meiste Zeit in vergleichsweise angenehmen Umständen lebte, vorwiegend in Oranienbaum, das später in Lomonosov umbenannt wurde. Johann war bestrebt, sein Abitur zu machen und zu studieren, schon "um seinem alten Herrn nicht zu lange auf der Tasche liegen" zu müssen. Dazu mußte er zunächst Russisch lernen, was er mit seltener Hartnäckigkeit (und mit Erfolg) unternahm und sogar anderen Internierten sowie seiner jüngeren Schwester Unterricht geben konnte. Auch gelang es ihm, die behördliche Erlaubnis zum Studium zu erlangen und die Aufnahmeprüfung für das Fach Sinologie an der Leningrader Universität zu bestehen. Das Russische und die russische Literatur wurden ihm eine Lieblingsbe-schäftigung, die zeitlebens anhielt.1952 durfte die Familie Dill aus der Sowjetunion ausreisen, und Johann wurde an die Humboldt-Universität zum weiteren Studium überwiesen. Dort wurde er Schüler des aus Tiflis gebürtigen Professors Paul Ratchnevsky (1899-1991), eines Sinologen traditioneller Ausrichtung. Das erwies sich als Hindernis bei der Promotion von Johann Dill: Gegner Ratchnevskys scheuten sich nicht, dessen Schüler mit ideologisch verbrämten Argumenten den Weg zu verbauen, und erst den Bemühungen des aufrechten Ernst Wirkner (1927-2020) war es zu verdanken, daß die Promotion doch noch zustande kam. Da nunmehr keine Aussicht bestand, eine Stelle an der Humboldt-Universität zu bekommen, war Dill froh, eine Position als Fachreferent in der Asien-Afrika-Abteilung der Deutschen Staatsbibliothek in Berlin (Ost) zu erhalten.Mit Anmerkungen und Register.Der Herausgeber forscht zur Geschichte der Ostasienwissenschaften. Er war als Bibliothekar an der Staatsbibliothek zu Berlin und als Privatdozent an der Freien Universität Berlin tätig.
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