Wie ging Johann Sebastian Bach vor, als er seine beiden großen Passionen komponierte? Wie entwarf er Anlage, Struktur der einzelnen Teile und Abfolge der einzelnen Sätze? Und wie organisierte er die Dauer des gesamten Werks und seiner Glieder? Dass diese Entscheidungen die sorgfältig ausgearbeitete Grundlage der Matthäus- und Johannespassion bilden, zeigt dieses Buch auf eindrückliche Weise. Inhaltlich und formal beruhen die beiden Passionen auf dem Text des Evangeliums und dessen traditioneller Gliederung in Akte. Gleichzeitig aber manifestieren sie Bachs Verfahren, ein ausgedehntes und…mehr
Wie ging Johann Sebastian Bach vor, als er seine beiden großen Passionen komponierte? Wie entwarf er Anlage, Struktur der einzelnen Teile und Abfolge der einzelnen Sätze? Und wie organisierte er die Dauer des gesamten Werks und seiner Glieder? Dass diese Entscheidungen die sorgfältig ausgearbeitete Grundlage der Matthäus- und Johannespassion bilden, zeigt dieses Buch auf eindrückliche Weise. Inhaltlich und formal beruhen die beiden Passionen auf dem Text des Evangeliums und dessen traditioneller Gliederung in Akte. Gleichzeitig aber manifestieren sie Bachs Verfahren, ein ausgedehntes und vielschichtiges Werk für ein umfangreiches Ensemble zu disponieren, und tun kund, wie er die Organisation der Dauern auf der zeitlichen und funktionalen Ebene vollzog.Die Matthäus-Passion besticht durch die Größe der Anlage, die Johannes-Passion durch die dispositionelle Ausgewogenheit, die sie in den Modifikationen der Ausarbeitung wahrt. Erstmals in der Bach-Forschung widmet sich eine Analyse dieser beiden großen Werke dezidiert ihrer Zeitstruktur.
Ulrich Siegele, geboren 1930 in Stuttgart, studierte Musikwissenschaft, Klassische Philologie und Geschichte hauptsächlich in Tübingen, wo er 1957 promovierte und sich 1965 habilitierte. Danach lehrte er dort Musikwissenschaft, von 1971 bis zu seiner Pensionierung 1995 als Professor. Seine Hauptarbeitsgebiete sind historische Kompositionsverfahren, vor allem die Konstruktion von Form im Hinblick auf Dauer und funktionale Differenzierung, besonders bei J. S. Bach, Monteverdi, Schütz, Beethoven, Wagner und in der seriellen Musik des 20. Jahrhunderts, sowie die Biographie J. S. Bachs in ihrem politischen, sozialen und ökonomischen Kontext. Sein analytischer Ansatz stellt sich entschieden auf den Standpunkt des Komponisten und entschlüsselt dessen Problemstellungen und Lösungsstrategien mit dem Ziel, strukturelle Ebenen eines Musikstücks klarzulegen und dadurch der kompositionstechnischen und nach Möglichkeit der ästhetischen Wahrnehmung zugänglich zu machen. Seine Untersuchungen zur Zeitstruktur in J. S. Bachs Musik beruhen auf der Überzeugung, dass das Tempo eines Stücks wie dessen andere Parameter dem Notentext einbeschrieben ist und aus den Satztypen der Komposition präzise erhoben werden kann.
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