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John F. Kennedy hat als Präsident die Herzen der Menschen erobert und der Politik der folgenden Jahrzehnte seinen Stempel aufgedrückt. Besonders in Deutschland war er ein Idol. Am 22. November 2003 sind 40 Jahre seit seiner Ermordung vergangen. Robert Dallek erhielt als erster Autor Zugang zum Familienarchiv der Kennedys. In seiner Biografie wird der gleichermaßen sportliche, kranke, ehrgeizige und sympathische Mensch Kennedy sichtbar. Viele seiner politischen Entscheidungen erscheinen nach der Lektüre in neuem Licht. Kennedy selbst wirkt weniger als ein Mythos, vielmehr als eine große Gestalt der Geschichte.…mehr

Produktbeschreibung
John F. Kennedy hat als Präsident die Herzen der Menschen erobert und der Politik der folgenden Jahrzehnte seinen Stempel aufgedrückt. Besonders in Deutschland war er ein Idol. Am 22. November 2003 sind 40 Jahre seit seiner Ermordung vergangen. Robert Dallek erhielt als erster Autor Zugang zum Familienarchiv der Kennedys. In seiner Biografie wird der gleichermaßen sportliche, kranke, ehrgeizige und sympathische Mensch Kennedy sichtbar. Viele seiner politischen Entscheidungen erscheinen nach der Lektüre in neuem Licht. Kennedy selbst wirkt weniger als ein Mythos, vielmehr als eine große Gestalt der Geschichte.
Autorenporträt
Robert Dallek ist Professor für Geschichte an der Stanford University in Kalifornien. Er ist Autor zahlreicher Bücher über Politik und Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte, darunter Franklin D. Roosevelt und Lyndon B. Johnson. Seine Forschungs- und Lehrtätigkeit wurde mit zahlreichen Preisen bedacht, darunter dem Bancroft Prize der Columbia University.

Bernd Leineweber, Jg. 1943, ist Soziologe. Er lebt als freier Schriftsteller in Heidelberg und Italien.

Peter Torberg, geboren 1958 in Dortmund. Er übersetzte u.a. Oscar Wilde, Mark Twain, Raymond Federman, Michael Ondaate, Rudyard Kipling und für DuMont James Coltrane und James Buchan.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2003

Der Unvollendete
Robert Dallek befolgt in seinem Kennedy-Buch die goldenen Regeln für Biographen / Von Hans-Peter Schwarz

Kennedy und kein Ende - das mögen viele denken, wenn wieder einmal eine neue Biographie in den Buchhandlungen auftaucht. Weiß man nicht längst alles? Ist nicht schon jeder Winkel im Leben John F. Kennedys in zahllosen Studien geradezu kriminalistisch durchleuchtet worden? Obschon er nur knappe 1000 Tage amtierte, hat kein Präsident des 20. Jahrhunderts eine größere Zahl von Büchern und Aufsätzen hervorgerufen.

Trotz der ganzen Kompanien von Vorläufern ist es Robert Dallek gelungen, die bisher mit Abstand beste Kennedy-Biographie zu verfassen. Das Buch ist gewiß auch deshalb von Interesse, weil Dallek privilegierten Zugang zu bislang sekretierten privaten Quellen hatte und somit einiges Neues vorlegen kann. Es ist jedoch vor allem die Darstellung als solche, die überzeugt. Wer gründlich studieren möchte, wie ein Profi eine meisterliche Biographie komponiert, wird hier fündig. Das Buch ist geglückt, weil Dallek mit großer Konsequenz einige goldene Regeln beherzigt hat, deren Beachtung jedem Biographen einer zeitgenössischen politischen Größe empfohlen werden kann.

Erste goldene Regel: Sei fleißig! Lies alles, was an Quellen und Sekundärliteratur zugänglich ist! Gib keine Ruhe, bis auch neue Quellen zu sprudeln beginnen! Im Fall Dalleks ist das vor allem eine Fülle detaillierter Aufzeichnungen der zahllosen Ärzte, die der an den schmerzhaftesten und zugleich schwer diagnostizierbaren Gebrechen leidende, chronisch kranke Kennedy seit früher Jugend an sich herumdoktern lassen mußte. Offenbar täuschte er seine Ärzte des öfteren auch zu seinem Schaden, gelegentlich veranlaßte er sie sogar zur Täuschung - und das nicht nur bei der Musterung zum Seeoffizier - oder befolgte ihre Vorschriften nicht. Amtsunfähig sei er aber deswegen nicht gewesen.

Es gibt noch eine zweite goldene Regel, an die sich Dallek gehalten hat: Glaube überhaupt nichts und niemandem! Die großen Staatsmänner sind bekanntlich meist große Lügner. Je strahlender sich einer zeigt, um so kritischer muß man hinter die Kulissen und in die Gullys hineinleuchten. Bei keinem hat sich diese Wahrheit deutlicher gezeigt als bei Kennedy. Erst mit dem Ziel der Präsidentschaft vor Augen - wozu ihn der hier in seiner ganzen Gräßlichkeit und Finanzmacht eindringlich porträtierte Vater konsequent antrieb - und alsdann als Präsident führte er ein geradezu schizophrenes Leben: Dr. Jekyll and Mr. Hyde im Weißen Haus.

Der bewundernden Öffentlichkeit wurde mit raffiniertesten Methoden der Madison Avenue der strahlende, kraftvoll-virile, selbstbeherrschte, idealistische, brillante, makellose, durch ein hell angestrahltes Familienleben zusätzlich sympathisch gemachte charismatische Führer in ein neues, besseres Zeitalter vorgegaukelt. Hinter den Kulissen aber verbarg sich nicht nur der knallharte Machtpolitiker, sondern zugleich eine endlose Abfolge schwerer, stoisch ertragener Gesundheitskrisen und zugleich eine kompromittierende, gleichfalls krankhafte Sexbesessenheit, die bei einem amtierenden Präsidenten geradezu verrückt wirkt. Da beides Mißbilligung hätte finden müssen, wenn es in vollem Umfang herausgekommen wäre, lebte er in ständiger Unruhe vor Entdeckung, obschon der FBI-Chef J. Edgar Hoover und der Bruder und Justizminister Robert Kennedy wachsam bemüht waren, alles unter der Decke zu halten.

Hier, aber nicht nur in dieser Hinsicht, befolgt Dallek die dritte goldene Regel für einen Politiker-Biographen: Moralisiere nie, suche nur zu erklären! Beim Blick auf das untrennbare Ineinander der Tagseiten und der Nachtseiten Kennedys ist das besonders geboten. Abstinenz beim Moralisieren scheint aber auch deshalb ratsam, weil das in den Demokratien ganz unvermeidliche Blasen der Moraltrompeten einen Dauerlärm erzeugt, welcher der Erkenntnis wenig dienlich ist. Dallek hält aber noch aus einem anderen Grund an dieser Regel fest. Gerade am Fall Kennedy ist zu besichtigen, wie amoralische Staatsschauspieler großen Erfolg haben und zu Lebzeiten - desgleichen posthum - viele Millionen Bewunderer in Bann schlagen. Zugleich läßt sich der Nachweis führen, daß dieser charismatische Amoralist eine alles in allem recht passable Politik zustande brachte, ja daß er sogar anläßlich der Kuba-Krise vom Oktober 1962 die Menschheit wahrscheinlich vor dem atomaren Holocaust bewahrte - dies allerdings erst, nachdem er zuvor das amerikanische Staatsschiff ganz naßforsch in den tobenden Orkan hineingesteuert hatte.

Man würde aber nicht die Geduld aufbringen, diese voluminöse Biographie gespannt von der ersten bis zur letzten Seite zu lesen, wäre der Autor nicht noch einer letzten goldenen Regel gefolgt: Erzähle, ja, erzähle! Szientistische Historiker, Politologen und Psychologen mögen dies als eine allenfalls bedingt wissenschaftliche Methodik abqualifizieren. Doch auch ein Politiker lebt wie wir alle von Tag zu Tag, von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr. Ein Historiker, der die Reaktionen eines großen Helden (oder eines großen Schurken) auf die unentwegt sich verändernde Umwelt wenigstens halbwegs verständlich machen möchte, tut daher gut daran, relativ streng chronologisch vorzugehen. Ein solches Vorgehen ist alles andere als leicht. Bei Niederschrift seiner Darstellung ist Dallek wie beim Zusammensetzen eines riesigen Puzzles vorgegangen. Nach Ausweis des Anmerkungsapparats mußten an die 4000 Einzelstücke paßgerecht zusammengefügt werden, und zwar so, daß der Erzählfluß ganz mühelos wirkt. Statt unentwegt zu räsonieren, hat der Biograph bei einem derartigen Darstellungsstil Sachinformationen, Zitate, Stimmungsberichte, Anekdoten und pointierte Schlußfolgerungen so überzeugend zu arrangieren, daß sich die Deutung in erster Linie aus den raffiniert präsentierten Tatsachen ergibt: Erkenntnis durch Veranschaulichung und durch überlegtes Arrangement!

Unnötig zu unterstreichen, daß in dieser Biographie die Politik im Zentrum steht. Dabei erscheint die Bilanz dem eher nüchternen Biographen durchwachsen: "Ein Flickwerk aus Stolperern und bedeutsamen Errungenschaften." Doch der Reiz des Buches besteht eben in der Kombination der persönlichkeitszentrierten mit den politikzentrierten Perspektiven.

Für den eiligen Leser hat Dallek ein zupackendes Resümee geschrieben. Dort wirft er auch die Frage auf, wie es mit diesem "unvollendeten Präsidenten" bis 1968 wohl hätte weitergehen können. Wahrscheinlich hätte auch Kennedy die mit Blick auf die Südstaaten-Demokraten durchweg zögerliche, erst 1963 entschiedener angepackte Bürgerrechtsgesetzgebung gleichfalls wie nach ihm Lyndon B. Johnson durchgezogen, wenngleich vorsichtiger. Und statt des sozialpolitischen Aktivismus der Johnsonschen Great Society würde er wohl eher eine ruhigere Gangart angeschlagen haben. Daß Kennedy die heillose Verstrickung des Vietnam-Krieges vermieden hätte, sei "zu vermuten". Besonders die amerikanisch-sowjetischen Beziehungen hätten sich möglicherweise doch verbessert - vielleicht ein Tauwetter, vielleicht? Unbeschadet größtmöglicher Objektivität bleibt Dallek letztlich doch ein Bewunderer der zweifellos auch vorhandenen idealistischen Impulse dieses dafür vielgerühmten Präsidenten. Somit arbeitet er im Schlußsatz heraus, "daß die tausend Tage Kennedys im Amt an das Gute der Nation appellierten, Visionen von einer wenig gespalteten Nation und Welt wachriefen und eindrücklich bewiesen, daß die Vereinigten Staaten noch immer die letzte, die beste Hoffnung für die Menschheit darstellen".

Robert Dallek: John F. Kennedy. Ein unvollendetes Leben. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Klaus Binder und anderen. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2003. 759 Seiten, 39,90 [Euro].

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»Die mit Abstand beste Kennedy-Biografie« DIE ZEIT