Nach ihren von Kritik und Lesern gefeierten Romanen COLD WATER und KRANKMELDUNGEN wechselt die britische Autorin Gwendoline Riley, "Manchesters Antwort auf Charles Bukowski" (THE GUARDIAN) und unverkennbare Stimme ihrer Generation, in ihrem neuen Roman den Schauplatz. Ihrem selbstironisch melancholischen Ton bleibt sie dabei treu.
Die coole und doch sensible Natalie bricht aus ihrem Leben zwischen Schreiben, Gelegenheitsjobs und Bars in Manchester aus und überwindet ihre Flugangst, um in die Vereinigten Staaten zu reisen. In Asheville, North Carolina, trifft sie den Theaterautor Joshua Spassky wieder, mit dem sie seit einigen Jahren über den Atlantik hinweg eine Affäre hat, und begibt sich zugleich auf die Spuren von Thomas Wolfe und F. Scott Fitzgerald.
In Szenen voll hintergründiger Anspielungen und eigenwillig ausgeleuchteter Details erzählt Gwendoline Riley die Geschichte einer jungen Schriftstellerin zwischen Skepsis und Zuversicht, auf dem Sprung in eine ungewisse Zukunft.
Die coole und doch sensible Natalie bricht aus ihrem Leben zwischen Schreiben, Gelegenheitsjobs und Bars in Manchester aus und überwindet ihre Flugangst, um in die Vereinigten Staaten zu reisen. In Asheville, North Carolina, trifft sie den Theaterautor Joshua Spassky wieder, mit dem sie seit einigen Jahren über den Atlantik hinweg eine Affäre hat, und begibt sich zugleich auf die Spuren von Thomas Wolfe und F. Scott Fitzgerald.
In Szenen voll hintergründiger Anspielungen und eigenwillig ausgeleuchteter Details erzählt Gwendoline Riley die Geschichte einer jungen Schriftstellerin zwischen Skepsis und Zuversicht, auf dem Sprung in eine ungewisse Zukunft.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Dieser Autorin wünscht die Rezensentin vor allem eines: neuen Stoff. Denn von den etwas abgehalfterten, alkoholisierten und kraftlos durch die Welt gleitenden Heldinnen hat Bernadette Conrad langsam genug. Wie in den Vorgängerbüchern, erkennt Conrad, stelle Gwendoline Riley ihre Heldin auch in diesem Roman zwar in die Welt, aber nicht in Zusammenhänge. Was in ihrem Leben von Bedeutung ist, weiß die Heldin nicht so genau. Conrad hingegen weiß nicht, was in diesem Roman von Bedeutung ist, wovon die Autorin eigentlich erzählt, ob es sich dabei um eine Geschichte handelt oder doch bloß um Szenen im luftleeren Raum. Conrad ist das zu diffus, auch in den Dialogen. Und wenn am Ende doch noch ein Zusammenhang auftaucht, scheint er ihr bloß behauptet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2012Die Liebe und das Gerede
Gwendoline Rileys Roman "Joshua Spassky"
In fast jedem Liebesroman ist es mehr oder weniger explizit nachzulesen: Liebe ist keine Sache der Logik. Das hinzunehmen aber fällt nicht leicht, darum arbeiten sich auch Philosophen, Psychologen, Neurowissenschaftler und Mediziner teilweise daran ab. Und die junge britische Autorin Gwendoline Riley weiß noch etwas draufzusetzen: Liebe ist für ihre Figuren auch keine Sache der Logistik. Dies zumindest stellt die Ausgangshypothese eines erzählerischen Experiments dar, das Riley in ihrem Roman "Joshua Spassky" durchführt.
Wer das bisherige Werk der Autorin kennt, mag sich wundern: In "Cold Water" wurde noch hauptsächlich getrunken, in Bars abgehangen und über Literatur diskutiert. Und nun eine Romanze? Doch so einfach lässt sich "Joshua Spassky", in Großbritannien bereits 2007 erschienen, nicht einordnen. Liebe ist darin zwar die Basis der sparsamen, teilweise episodischen Handlungselemente, aber die Figuren sind kaum romantisch oder geben sich schwärmerischen Gefühlen hin. Es sind coole Endzwanziger, Künstler, die sich dauermüde in tiefsinnigen Fragen ergehen.
Wie funktioniert das Experiment? Natalie, die sprachlich zwischen Ironie und Melancholie schwankende Ich-Erzählerin, verlässt ihre Heimat Manchester. Als Autorin hält sie dort nichts mehr, sie macht sich auf nach Amerika, wo sie den Theaterregisseur Joshua Spassky treffen will. Mit ihm unterhält sie seit ein paar Jahren über den Atlantik hinweg eine platonische Affäre. Die logistischen Liebesfragen des Romans lauten erstens - mit den Dostojewskischen Brüdern Karamasow im Eingangszitat gestellt -, ob sie sich wiedersehen, und zweitens, was es für einen Unterschied ausmacht, wenn sie sich nicht mehr nur geistig, sondern auch körperlich treffen?
Nach der Begegnung stellt sich heraus: Grundsätzlich ändert sich nichts. Beide hängen weiterhin wirren, planlosen Gedanken nach, nur dass sie diese nun direkt austauschen können. Mehr noch, im Hotel in Asheville, wo sie ein paar gemeinsame Tage und Nächte verbringen, gehen sie regelrecht in ihren Grübeleien unter, tauchen ein in eine kafkaeske Anonymität und verlieren schließlich ihre Aktionsfähigkeit: "So wie Kälte oder Betrunkenheit zuerst die Finger und Lippen betäubt und sich dann überall ausbreitet, spürte ich, wie ein Gefühl von Irrealität von mir Besitz ergriff. In diesem Raum im Nirgendwo."
Spannungslosigkeit und totale Ungebundenheit im Hotel und seiner Umgebung lassen Bilder aufsteigen wie aus einem Film von Sofia Coppola: herumgammeln, herumdiskutieren, herumschweifen, herumirren in der Bar, im Zimmer, im Bett oder zu irgendeiner Zeit auf irgendwelchen Plätzen. Ohne Wille, ohne Ziel, in Atmosphären zwischen Leichtigkeit und Bedrückung. Die Figuren biedern sich niemandem an: Weder wollen sie sich krampfhaft gegenseitig gefallen, noch sind sie besonders unterhaltsam. Von Zwängen der zwischenmenschlichen und auch erzähltechnischen Konvention befreit, gewinnen sie einen souveränen Blick auf Szenen und Konstellationen der Menschen, die sie umgeben. Jede Geschichte, der sie begegnen, könnte Stoff für ein Drehbuch oder einen Roman sein: der junge Soldat, der zur Beerdigung seines Vaters heimkehrt, die ewig zu kurz gekommenen Bargäste, die sich gegenseitig nerven, die Frau, die Zuflucht vor ihrem prügelnden Verlobten sucht. Alle handeln nach bestimmten austauschbaren Rollenmustern, und somit ist es in der Literatur wie im Leben - immer das Gleiche.
Das hat den Vorteil, dass es für jede Lebenslage ein passendes Buch gibt. Entsprechend ist Rileys Roman voll von Literaturtipps: Gegen Heimweh helfen Kafkas Tagebücher, Fitzgeralds "Der Knacks" oder "Der grüne Strahl" von Jules Verne. Als Wegbegleiter für einen Dichter und seine Leidenschaften kann Rimbauds "Eine Zeit in der Hölle" dienen. Und "Joshua Spassky" selbst? Zu welcher Stimmung passt er? Ein Gefühl von Freiheit weht aus den Seiten, schön und träge zugleich.
NADJA URBANI
Gwendoline Riley: "Joshua Spassky". Roman.
Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier. Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2011. 170 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gwendoline Rileys Roman "Joshua Spassky"
In fast jedem Liebesroman ist es mehr oder weniger explizit nachzulesen: Liebe ist keine Sache der Logik. Das hinzunehmen aber fällt nicht leicht, darum arbeiten sich auch Philosophen, Psychologen, Neurowissenschaftler und Mediziner teilweise daran ab. Und die junge britische Autorin Gwendoline Riley weiß noch etwas draufzusetzen: Liebe ist für ihre Figuren auch keine Sache der Logistik. Dies zumindest stellt die Ausgangshypothese eines erzählerischen Experiments dar, das Riley in ihrem Roman "Joshua Spassky" durchführt.
Wer das bisherige Werk der Autorin kennt, mag sich wundern: In "Cold Water" wurde noch hauptsächlich getrunken, in Bars abgehangen und über Literatur diskutiert. Und nun eine Romanze? Doch so einfach lässt sich "Joshua Spassky", in Großbritannien bereits 2007 erschienen, nicht einordnen. Liebe ist darin zwar die Basis der sparsamen, teilweise episodischen Handlungselemente, aber die Figuren sind kaum romantisch oder geben sich schwärmerischen Gefühlen hin. Es sind coole Endzwanziger, Künstler, die sich dauermüde in tiefsinnigen Fragen ergehen.
Wie funktioniert das Experiment? Natalie, die sprachlich zwischen Ironie und Melancholie schwankende Ich-Erzählerin, verlässt ihre Heimat Manchester. Als Autorin hält sie dort nichts mehr, sie macht sich auf nach Amerika, wo sie den Theaterregisseur Joshua Spassky treffen will. Mit ihm unterhält sie seit ein paar Jahren über den Atlantik hinweg eine platonische Affäre. Die logistischen Liebesfragen des Romans lauten erstens - mit den Dostojewskischen Brüdern Karamasow im Eingangszitat gestellt -, ob sie sich wiedersehen, und zweitens, was es für einen Unterschied ausmacht, wenn sie sich nicht mehr nur geistig, sondern auch körperlich treffen?
Nach der Begegnung stellt sich heraus: Grundsätzlich ändert sich nichts. Beide hängen weiterhin wirren, planlosen Gedanken nach, nur dass sie diese nun direkt austauschen können. Mehr noch, im Hotel in Asheville, wo sie ein paar gemeinsame Tage und Nächte verbringen, gehen sie regelrecht in ihren Grübeleien unter, tauchen ein in eine kafkaeske Anonymität und verlieren schließlich ihre Aktionsfähigkeit: "So wie Kälte oder Betrunkenheit zuerst die Finger und Lippen betäubt und sich dann überall ausbreitet, spürte ich, wie ein Gefühl von Irrealität von mir Besitz ergriff. In diesem Raum im Nirgendwo."
Spannungslosigkeit und totale Ungebundenheit im Hotel und seiner Umgebung lassen Bilder aufsteigen wie aus einem Film von Sofia Coppola: herumgammeln, herumdiskutieren, herumschweifen, herumirren in der Bar, im Zimmer, im Bett oder zu irgendeiner Zeit auf irgendwelchen Plätzen. Ohne Wille, ohne Ziel, in Atmosphären zwischen Leichtigkeit und Bedrückung. Die Figuren biedern sich niemandem an: Weder wollen sie sich krampfhaft gegenseitig gefallen, noch sind sie besonders unterhaltsam. Von Zwängen der zwischenmenschlichen und auch erzähltechnischen Konvention befreit, gewinnen sie einen souveränen Blick auf Szenen und Konstellationen der Menschen, die sie umgeben. Jede Geschichte, der sie begegnen, könnte Stoff für ein Drehbuch oder einen Roman sein: der junge Soldat, der zur Beerdigung seines Vaters heimkehrt, die ewig zu kurz gekommenen Bargäste, die sich gegenseitig nerven, die Frau, die Zuflucht vor ihrem prügelnden Verlobten sucht. Alle handeln nach bestimmten austauschbaren Rollenmustern, und somit ist es in der Literatur wie im Leben - immer das Gleiche.
Das hat den Vorteil, dass es für jede Lebenslage ein passendes Buch gibt. Entsprechend ist Rileys Roman voll von Literaturtipps: Gegen Heimweh helfen Kafkas Tagebücher, Fitzgeralds "Der Knacks" oder "Der grüne Strahl" von Jules Verne. Als Wegbegleiter für einen Dichter und seine Leidenschaften kann Rimbauds "Eine Zeit in der Hölle" dienen. Und "Joshua Spassky" selbst? Zu welcher Stimmung passt er? Ein Gefühl von Freiheit weht aus den Seiten, schön und träge zugleich.
NADJA URBANI
Gwendoline Riley: "Joshua Spassky". Roman.
Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier. Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2011. 170 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main