„Journalismus lauert im Alltag an jeder Ecke.“ So startet dieses Buch und jeder weiß, dass im Grunde niemand auf neue schlechte Nachrichten lauert. Trotzdem, die Überfülle ist überall präsent: „Die Schlagzeile auf der Startseite des E-Mail Portals. Die Modezeitschrift im Wartezimmer. Die
Instagram-Story des Enthüllungsjournalisten. Das Ratespiel aus dem Autoradio. Das Blättchen, das die…mehr„Journalismus lauert im Alltag an jeder Ecke.“ So startet dieses Buch und jeder weiß, dass im Grunde niemand auf neue schlechte Nachrichten lauert. Trotzdem, die Überfülle ist überall präsent: „Die Schlagzeile auf der Startseite des E-Mail Portals. Die Modezeitschrift im Wartezimmer. Die Instagram-Story des Enthüllungsjournalisten. Das Ratespiel aus dem Autoradio. Das Blättchen, das die Apothekerin mit in die Tüte packt. Der Zeitungsstapel am Altpapiercontainer. Die gerunzelte Stirn auf dem Fernsehschirm. Das Laufband am Times-Square in New York.“
Ich bin kein Journalist, beschäftige mich aber trotzdem mit den Hintergründen und war neugierig auf dieses Buch. Was steht im Vordergrund: sachliche Information, schlechte Nachrichten, Haltung, Moral oder Aktionismus? Heute wird die ganze Bandbreite der Möglichkeiten bearbeitet, und oft hat man den Eindruck, dass Journalisten bessere Werbetexter sind. Aber es stimmt, Journalismus ist nicht nur Berichterstattung über Politik. „Unterhaltung und Service gehören genauso zum Metier.“
Wer hätte es gewusst: Deutsche lesen im Schnitt täglich 15 Minuten Zeitung oder Zeitschriften, sie hören drei Stunden Radio und sehen mehr als drei Stunden ins Fernsehen (und hören es). Die Teilnahme am Internet stieg von 109 Minuten in 2014 auf 190 Minuten in 2023, wobei die klassischen Medien auch hier konsumiert werden, nur eben anders. Eine insgesamt schwer zu lesende Analyse also, trotzdem hat jeder den Handystudierenden auf der Straße im Blick. Schaut er Videos oder hört er Bücher?
Der Begriff Journalist ist keine geschützte Berufsbezeichnung, obwohl es viel Wege gibt, einer zu werden. Ich tendiere zu der aufgezeigten, weiten Definition für Journalismus: „Es ist das Gespräch der Gesellschaft über sich selbst. So in etwas formulierte das der Literaturwissenschaftler Robert Eduard Prutz (schon 1845). Insofern wäre auch diese Rezension von mir eine Art Journalismus.
Das Buch hat mir den professionellen Berufsstand eines seriösen Journalisten gut nähergebracht, und in meinen Worten wäre das jemand, der gelernt hat, auch das Gute kritisch zu sehen, der sich nie gemein macht, auch mit einer hochmoralischen Sichtweise, der kein Aktivist ist, keiner Religion anhängt oder Weisheiten wie religiöse Führer weitergibt. Er sagt was ist und überlässt mir ein Urteil, er erklärt komplizierte Sachverhalte und bringt diese den Kunden so näher wie das Karl Popper unnachahmlich vorgegeben hat:
"Jeder Intellektuelle hat eine ganz besondere Verantwortung. Er hatte das Privileg und die Gelegenheit zu studieren; dafür schuldet er seinen Mitmenschen, die Ergebnisse seiner Studien in der einfachsten und klarsten und verständlichsten Form darzustellen. Das Schlimmste – die Sünde wider den Heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen versuchen, sich ihren Mitmenschen als große Propheten aufzuspielen und sie mit Orakeln der Philosophie zu beeindrucken. Wer es nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er es klar kann."
Besonders hilfreich für mich war das Kapitel 11 (Wie eine Geschichte erzählt wird) und dort das Unterkapitel „Der Einstieg“. Meine Besprechung öffnet mit einem Zitat, wie so viele Berichte. Ich wurde durch das Zitat aus diesem Buch (Journalismus lauert an jeder Ecke) besonders angesprochen und dachte, es geht anderen Lesern ähnlich. Oftmals schaltet man die um die Ecke lauernde schlechte Nachricht schnell weg, ja, man hat sogar Angst vor ihr.
„Wenn unsere Zivilisation überleben soll, müssen wir mit der schlechten Gewohnheit unserer Pietät gegenüber großen Männern brechen. Große Männer machen große Fehler. So urteilte Sir Karl Raimund Popper und meinte damit mit Sicherheit auch große Frauen, de ebenso große Fehler machen. Zu große Nähe der Journalisten zu Politikern oder Machthabern korrumpiert, ungerne sehe ich den Wechsel eines Journalisten von einer Tageszeitung zum Sprecher einer Regierung, wie aktuell geschehen.
Ob aktuell bei uns in Deutschland noch das Recht auf freie Meinungsäußerung gilt, wie in Artikel 5 des Grundgesetztes definiert, sehen viele kritisch. Zu viel Einheitsmeinung in den öffentlich rechtlichen Medien trifft auf harte Kritik in den sozialen Medien. In den Bereich der Influencer reicht dieses Buch indirekt, ohne ihn explizit zu behandeln. Im Grunde gilt. dort das Gleiche wie für Journalisten Profis.
Hilfeich ist dieses umfangreiche Werk allemal, mit vielen, sehr guten Tipps und Hinweisen, bis hin zur Schummelseite auf der U3, wo 3 wesentliche Punkte erklärt werden. So z.B. wie man mit widerspenstigen Pressestellen umgeht. „Gut, dass auch Vorzimmerdrachen sich zähmen lassen.“