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Die über tausendjährige Geschichte der Juden in Deutschland, die hier zum ersten Mal bis zur Gegenwart dargestellt wird, ist die Geschichte einer Minderheit, deren Rolle weitgehend von der Mehrheitsgesellschaft diktiert wurde. Arno Herzig analysiert die in dieser Situation gegebenen Möglichkeiten und genutzten Chancen. Der Autor findet zu einer eigenen Periodisierung deutsch-jüdischer Geschichte in Phasen der kulturellen und ökonomischen Blüte, der Bedrohung und Verfolgung bis hin zur Vernichtung. Eine eigene historische Periode stellt die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945 dar.…mehr

Produktbeschreibung
Die über tausendjährige Geschichte der Juden in Deutschland, die hier zum ersten Mal bis zur Gegenwart dargestellt wird, ist die Geschichte einer Minderheit, deren Rolle weitgehend von der Mehrheitsgesellschaft diktiert wurde. Arno Herzig analysiert die in dieser Situation gegebenen Möglichkeiten und genutzten Chancen. Der Autor findet zu einer eigenen Periodisierung deutsch-jüdischer Geschichte in Phasen der kulturellen und ökonomischen Blüte, der Bedrohung und Verfolgung bis hin zur Vernichtung. Eine eigene historische Periode stellt die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945 dar. Diese ist geprägt durch die Entstehung neuer Gemeinden, den Generationswechsel in den Führungspositionen und nicht zuletzt durch die veränderte Situation nach der Wiedervereinigung von 1990.
Autorenporträt
Dr. Arno Herzig ist Professor für Neuere Geschichte mit dem Schwerpunkt Frühe Neuzeit an der Universität Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.1997

Die Befreier kamen von außen
Arno Herzigs informative Geschichte der Juden in Deutschland

"Jüdische Geschichte in Deutschland" ist nicht dasselbe wie "die Geschichte deutscher Juden". Arno Herzig hat mit Bedacht die erste Formulierung als Titel für sein Buch gewählt. Er betont, daß es die Generation nach dem Holocaust entschieden ablehnte, "deutsche Juden" zu sein. Sie begriff sich als "Juden in Deutschland". Bereits in den achtziger Jahren habe sich jedoch die Tendenz feststellen lassen, daß sich die zweite in Deutschland aufgewachsene Generation stärker mit ihrem Heimatland identifiziere als ihre Eltern.

Der Verfasser, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Hamburg, publizierte mehrere Studien über die Situation der Juden in Hamburg. Seine "Jüdische Geschichte in Deutschland" versucht, ein differenziertes Bild der problematischen Situation der Juden und ihrer Kultur und Sozialgeschichte vom Mittelalter bis heute entstehen zu lassen. Herzig richtet den Fokus häufig auf die christlich-jüdische Beziehung; diese Perspektivenführung durchzieht sämtliche Kapitel, nimmt ihren Anfang schon in der Antike.

Das nüchtern gehaltene Taschenbuch ohne Illustrationen und spezielle Veranschaulichungen ist bei genauerem Hinsehen dennoch übersichtlich. Herzig wagt eine klare Periodisierung, die zwar schematisch, aber entschlossen und insgesamt nachvollziehbar ist. Einen ersten Einschnitt setzt der Autor mit den Pestpogromen von 1350. Sie führen zum Ende einer langen kulturellen und ökonomischen Blütezeit der Juden in Aschkenas. Herzig betrachtet sie als scharfe Zäsur für die jüdische Minderheit in Deutschland.

Die folgenden dreihundert Jahre bilden eine weitere Einheit und sind gekennzeichnet durch die Zerstörung urbaner jüdischer Zentren in Deutschland, den damit verbundenen sozialen und demographischen Abstieg und die allmähliche Anpassung an den frühneuzeitlichen Territorialstaat. Zwischen 1650 und 1806 folgte eine Periode der Konsolidierung, der radikale Wandel aber kam von außen durch Napoleon, der den Emanzipationsprozeß einleitete. In Deutschland wurde die bürgerliche Gleichstellung der Juden erst 1870 endgültig gesetzlich verankert. Nach sechzig Jahren des Kaiserreichs und der Weimarer Republik, der fünften Periode nach der Einteilung Herzigs, folgt der Abschnitt von 1933 bis 1943/45, als die Juden in Deutschland entrechtet und ermordet wurden.

Besondere Aufmerksamkeit verdient die letzte Epoche, die in vielen bereits publizierten Geschichten der Juden fehlt: "Juden in Deutschland nach 1945". Die inzwischen fünfzigjährige Geschichte der Juden im Nachkriegsdeutschland verlangt eine genauere Betrachtung, die das Buch, wenn auch nicht ausführlich genug, erbringt. Auch die veränderte Situation nach der Wiedervereinigung findet Berücksichtigung. Neben der knappen Behandlung der Identitätsfrage der jüngeren Generation stellt Herzig neue jüdische Gemeinden und ihre Lebenssituation vor. Politische Hintergründe werden dabei nur sehr knapp nachgezeichnet.

Ein Anhang mit Literaturangaben und Registern komplettiert das informative Buch. Es ermöglicht einen soliden Zugang zu der deutsch-jüdischen, unebenen Geschichtslandschaft, auch wenn es den Leser nicht in deren tiefere Schichten vordringen läßt. SABRINA NENNSTIEL

Arno Herzig: "Jüdische Geschichte in Deutschland". Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Verlag C. H. Beck, München 1997. 322 S., br., 28,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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