Im Juni 1881 durchquerte der weltberühmte französische Schriftsteller Jules Verne auf dem Weg nach Kopenhagen auch Schleswig-Holstein. Mit seiner Dampfyacht "Saint Michel III" befuhr Verne die Eider von Tönning vorbei an Friedrichstadt bis nach Rendsburg und ließ sich bis Kiel durch den alten Schleswig-Holsteinischen Kanal schleusen.Paul Verne schildert in seiner Reportage eine unbeschwerte Lustreise durch eine idyllische Parklandschaft und nimmt doch aufmerksam wahr, wie Kiel zum kaiserlichen Flottenstützpunkt ausgebaut wird. Auch der Plan zum Bau eines neuen Nord-Ostsee-Kanals ist der französischen Reisegesellschaft bekannt.In einem Essay schildert Frank Trende die Hintergründe der Reise und stellt ihre literarischen Folgewirkungen vor. Deutschlands führender Jules-Verne-Experte Volker Dehs steuert ein Vorwort bei. Abbildungen und Karten aus dem alten Schleswig-Holstein runden das stimmungsvolle Bild von Landschaft, Kultur und Kanal ab.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.07.2020Wo Jules Verne wirklich war
Schuld war Jules Vernes Verleger Hetzel. Der kürzte das Manuskript "Die Jangada" über eine wilde Reise auf dem Amazonas derart zusammen, dass Band zwei aufgefüllt werden musste, damit die Leser sich nicht beschwerten. Hetzel wollte dafür eine Erzählung von Verne. Der hatte aber gerade keine neue im Angebot, auch war sein Ärger über Hetzel groß. So schlug Verne stattdessen vor, den Bericht seines Bruders Paul über eine Schiffsreise in Vernes eigenem Dampfer von Rotterdam nach Kopenhagen aufzunehmen. Hetzel gefiel das nicht, aber er musste sich beugen. Zu berühmt, zu verkaufsstark war sein Autor.
So passierte es, dass der Bericht - von Paul geschrieben, von Jules redigiert - gleichsam Eingang in die Weltliteratur fand. Die Brüder hatten die Reise 1881 unternommen, rein aus Vergnügen. Besonders interessant sind die Passagen über Schleswig-Holstein, denn die beiden reisten quer durch das Land - über die Eider und einen neuen Kanal, der sie bis nach Holtenau in die Kieler Förde führte, also von der Nord- in die Ostsee. Das war noch nicht der Nord-Ostsee-Kanal, wie wir ihn heute kennen, es war sein Vorläufer.
Frank Trende, Autor zahlreicher Bücher über die Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins, hat Pauls Bericht jetzt wieder veröffentlicht und dazu einen Essay geschrieben, der nicht nur die Geschichte der Verne-Reise behandelt, sondern auch die des Kanalbaus. Zudem erzählt Trende von den vielen literarischen Bezugnahmen auf die Eider und auf Schleswig-Holstein. Vernes Schiffspassage sollte hundert Jahre später Arno Schmidt inspirieren. Ihm hatte es vor allem Tellingstedt angetan, der Ort, der "tellen", plattdeutsch für erzählen, schon im Namen trägt. "Die Schule der Atheisten" wurden daraus. Trende gewann den Jules-Verne-Biographen Volker Dehs für ein informatives Vorwort. Und aus alldem machte der Verlag einen reich illustrierten und hübschen kleinen Band.
FRANK PERGANDE
Frank Trende:
"Jules Verne auf Eider und Kanal".
Boyens Verlag, Heide 2020.
144 S., Abb., 16,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schuld war Jules Vernes Verleger Hetzel. Der kürzte das Manuskript "Die Jangada" über eine wilde Reise auf dem Amazonas derart zusammen, dass Band zwei aufgefüllt werden musste, damit die Leser sich nicht beschwerten. Hetzel wollte dafür eine Erzählung von Verne. Der hatte aber gerade keine neue im Angebot, auch war sein Ärger über Hetzel groß. So schlug Verne stattdessen vor, den Bericht seines Bruders Paul über eine Schiffsreise in Vernes eigenem Dampfer von Rotterdam nach Kopenhagen aufzunehmen. Hetzel gefiel das nicht, aber er musste sich beugen. Zu berühmt, zu verkaufsstark war sein Autor.
So passierte es, dass der Bericht - von Paul geschrieben, von Jules redigiert - gleichsam Eingang in die Weltliteratur fand. Die Brüder hatten die Reise 1881 unternommen, rein aus Vergnügen. Besonders interessant sind die Passagen über Schleswig-Holstein, denn die beiden reisten quer durch das Land - über die Eider und einen neuen Kanal, der sie bis nach Holtenau in die Kieler Förde führte, also von der Nord- in die Ostsee. Das war noch nicht der Nord-Ostsee-Kanal, wie wir ihn heute kennen, es war sein Vorläufer.
Frank Trende, Autor zahlreicher Bücher über die Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins, hat Pauls Bericht jetzt wieder veröffentlicht und dazu einen Essay geschrieben, der nicht nur die Geschichte der Verne-Reise behandelt, sondern auch die des Kanalbaus. Zudem erzählt Trende von den vielen literarischen Bezugnahmen auf die Eider und auf Schleswig-Holstein. Vernes Schiffspassage sollte hundert Jahre später Arno Schmidt inspirieren. Ihm hatte es vor allem Tellingstedt angetan, der Ort, der "tellen", plattdeutsch für erzählen, schon im Namen trägt. "Die Schule der Atheisten" wurden daraus. Trende gewann den Jules-Verne-Biographen Volker Dehs für ein informatives Vorwort. Und aus alldem machte der Verlag einen reich illustrierten und hübschen kleinen Band.
FRANK PERGANDE
Frank Trende:
"Jules Verne auf Eider und Kanal".
Boyens Verlag, Heide 2020.
144 S., Abb., 16,95 [Euro].
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