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Mit 22 Jahren "Pretty Woman", mit 33 Oskar-Preisträgerin, 5 Millionen Dollar Gage für eine Filmrolle - das hätte sich Julia Roberts als unbedarftes Südstaatenmädchen nie träumen lassen. Wie wurde die junge Frau mit dem umwerfenden Lächeln zu einer der beliebtesten und erfolgreichsten Schauspielerinnen Hollywoods? Wer ist sie wirklich? James Spada, der bekannte Biograf und ausgewiesene Kenner der bedeutendsten Hollywoodgrößen, enthüllt völlig neue Facetten der schwierigen Kindheit, der steilen Karriere und des bewegten Privatlebens des Superstars.

Produktbeschreibung
Mit 22 Jahren "Pretty Woman", mit 33 Oskar-Preisträgerin, 5 Millionen Dollar Gage für eine Filmrolle - das hätte sich Julia Roberts als unbedarftes Südstaatenmädchen nie träumen lassen. Wie wurde die junge Frau mit dem umwerfenden Lächeln zu einer der beliebtesten und erfolgreichsten Schauspielerinnen Hollywoods? Wer ist sie wirklich? James Spada, der bekannte Biograf und ausgewiesene Kenner der bedeutendsten Hollywoodgrößen, enthüllt völlig neue Facetten der schwierigen Kindheit, der steilen Karriere und des bewegten Privatlebens des Superstars.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.01.2004

Abenddämmerung eines Gesichts
"Mona Lisas Lächeln" und das Spätwerk von Julia Roberts

In einer Szene dieses Films, ziemlich am Schluß, steht sie mit Julia Stiles vor einem Einfamilienhaus irgendwo in Philadelphia und versucht, sie zu überreden, eine ernsthafte Karriere zu beginnen. An der Universität. In Yale. Als Kunstgeschichtlerin. Und Julia Stiles, die ein Mädchen namens Joan Brandwyn spielt, antwortet ihr, daß sie sich ganz bewußt für ein Leben als Hausfrau und Mutter entschieden habe, trotz all ihrer Talente und Möglichkeiten. Sie schiebt das blonde Haar zurück und lächelt, und da sieht man, wie jung sie ist. Herzzerreißend jung. Es ist das Jahr 1953, aber ein solcher Moment könnte überall spielen, zu jeder Zeit. Und Julia Roberts, die Ältere, die College-Dozentin, starrt ungläubig in dieses Mädchengesicht, ringt mit sich, gibt schließlich klein bei. Noch nie hat sie in einem Film so hoffnungslos erwachsen gewirkt.

Julia Roberts ist sechsunddreißig Jahre alt. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe weiblicher Kinostars, die halb so alt sind wie sie, und noch vor dem Ende dieses Jahrzehnts wird sie das zwanzigste Jubiläum ihres Auftritts als "Pretty Woman" feiern können. Damals bekam sie dreihunderttausend Dollar für ihre Rolle, heute, bei "Mona Lisa Smile", sind es fünfundzwanzig Millionen. Das ist eine atemberaubende Zahl und zugleich eine, von der herunter man ganz tief fallen kann. Aber Karrieren wie diese enden nicht mit einem Absturz, sie brechen leise, mit einem Knick, dem eine lange Talfahrt folgt. Elizabeth Taylor, mit der man sie oft verglichen hat, war seit John Hustons "Spiegelbild im goldenen Auge" (1967) kein wirklich großer Star mehr, aber sie fuhr fort, Hauptrollen in Filmen zu spielen, die immer kleiner und belangloser wurden. Und Arnold Schwarzenegger, der wie Julia Roberts aus dem Nichts kam und zur Ikone einer bestimmten Form von Männlichkeit wurde, wie sie zu einer Ikone des Weiblichen geworden ist, hatte nach "Last Action Hero" (1993) seine besten Kinotage hinter sich, obwohl er noch eine ganze Weile um ein Comeback kämpfte.

Hoffnungslos erwachsen

Langsam und sanft also wird Pretty Woman von ihrem Fünfundzwanzig-Millionen-Dollar-Thron heruntergleiten, von Film zu Film, über viele Jahre hin. Es sei denn, sie stellt sich selbst ein Bein. Das aber hat sie in "Mona Lisa Smile", wie Mike Newells Film im Original heißt, wieder einmal klug vermieden.

Der Film ist selbst eine ausgedehnte Reflexion über das Älterwerden seines Stars. Julia Roberts ist kein Backfisch mehr, keine unreife, glühende Anfängerin - wie also kann man ihre Qualitäten am besten zur Geltung bringen? Indem man sie mit ein paar Backfischen konfrontiert, die noch älter wirken als sie. "Mona Lisa Smile" spielt kurz nach dem Koreakrieg, in einem Elite-College in Massachusetts, das die amerikanische Variante der deutschen Kaderschmiede aus Leontine Sagans Filmklassiker "Mädchen in Uniform" darstellt. Auch hier gibt es nur Mädchen, die von überwiegend alleinstehenden Dozenten und Dozentinnen unterrichtet und durch ein Trio ganz verschiedener Charaktere repräsentiert werden: Betty (Kirsten Dunst), Giselle (Maggie Gyllenhaal) und Joan (Julia Stiles). Eine Zicke, eine Schlampe und ein Schatz, wie ein amerikanischer Kritiker des Films schrieb. Dazu kommt noch die dickliche Constance (Ginnifer Goodwin), die als einzige im Film eine echte Liebesaffäre erleben darf, mit einem ebenso außenseiterischen, bebrillten, stotternden Jungen, während die drei anderen mit mehr oder minder großem Erfolg versuchen, sich so schnell wie möglich in Abziehbilder jener perfekten Hausfrauen zu verwandeln, die ihnen die Werbung vorgaukelt. Sie tragen Kniestrümpfe, karierte Röcke und Blusen mit Stehkragen, studieren die Renaissancemalerei von Giotto bis Michelangelo und träumen davon, für Mr. Right den Hoover-Staubsauger zu schwingen.

Es ist die Welt, aus der Julianne Moores Figur in "Far from Heaven" stammt, und wenn man die Jungs sieht, mit denen diese Fräuleinwunder ausgehen, kann man sich auch genau vorstellen, wie der von Dennis Quaid gespielte Ehemann bei Todd Haynes zu dem wurde, was er ist. Von "repressiver Toleranz", dem universitären Modebegriff der sechziger Jahre, hat man in Wellesley noch nichts gehört, hier gilt das Prinzip der toleranten Repression: Jeder darf sagen, was er von Filippo Lippis Altargemälden hält, aber wenn die Schulärztin ihren Schutzbefohlenen Verhütungsmittel empfiehlt, wird sie sofort gefeuert.

In diese Welt kommt nun Julia Roberts alias Katherine Watson, die neue Dozentin für Kunstgeschichte. Sie kommt mit dem Zug aus Berkeley, Kalifornien, wo es in den fünfziger Jahren wahrscheinlich genauso verklemmt zuging wie an der Ostküste, das aber hier aus dramaturgischen Gründen als jener Hort der Liberalität und Weltläufigkeit erscheinen muß, zu dem es in den Swinging Sixties tatsächlich wurde. Katherine bricht aber nun nicht etwa als feministische Windsbraut über Wellesley College herein, sondern erscheint als Schutzflehende mit gesenktem Blick, auf der Flucht vor einer alten Liebe. Damit folgt sie dem ältesten aller Julia-Roberts-Klischees, dem Stereotyp vom hilflosen Herzchen, das jeder Auseinandersetzung aus dem Weg geht, Männer verschleißt, wie andere Leute ihre Wohnungen wechseln, und dabei doch nie auf seine Kosten kommt.

Hilfloses Herzchen

Und genau dieses Klischee ist wahr - jedenfalls wenn man James Spadas Biographie der Schauspielerin liest, die jetzt auf den Markt kommt. Spada, der schon die Lebensläufe von Barbra Streisand, Bette Davis und Jackie Kennedy zwischen zwei Buchdeckel gepreßt hat, liefert genau die Sorte edelsüßer Waschzettelprosa ab, die man von einem 450-Seiten-Wälzer über Hollywoods teuerste Heldin erwarten durfte. Sein Talent zur Menschenschilderung ist gering - so erscheint Julia Roberts' Vater Walter mal als alkoholsüchtiger Schläger, mal als Theaternarr und liebenswerter Idealist -, aber dafür erfährt man ganz genau, was es bei Julias Hochzeit mit ihrem jetzigen Gatten Danny Moder zu essen gab: "gebratene Risottokugeln mit Pesto, Shrimpsklößchen, Frühlingsrollen mit Gemüsefüllung und Lachs mit Ziegenkäse. Es folgten Burger, Hot Dogs und Huhn mit Zitrone und Knoblauch, dazu Fleischspieße vom Sirloinsteak . . .". So vergehen die Seiten dieses Buchs, und mit den Menüs und Drehberichten ziehen die Freunde, Liebhaber und Ehemänner vorüber, der väterliche Liam Neeson, der fiese Kiefer Sutherland, der elegante Daniel Day-Lewis, der Schönling Jason Patric, der Marsmensch Lyle Lovett, der allzu perfekte Benjamin Bratt, der undurchschaubare Danny Moder. Im großen und ganzen dauern die Liebschaften der Julia Roberts alle zwischen sechs und achtzehn Monaten und folgen immer demselben Muster: Entdeckung, Ekstase, Abkühlung, Katzenjammer. Es ist die Dramaturgie ihrer Filme, nur rückwärts gelesen, denn wenn sie auf der Leinwand erscheint, ist sie fast immer vom Leben gezeichnet, sei es als Dienstmagd in "Mary Reilly", sei es als Restaurantkritikerin in "Die Hochzeit meines besten Freundes". Der Parcours der Filmstories führt dann regelmäßig über Schreien und Flennen und Rennen und Schmollen ins Happy-End, aber genau diesen Weg kann die Schauspielerin Julia Roberts in ihrem Privatleben nicht gehen, sie schafft es nicht, sich gründlich zu streiten und wieder zu versöhnen, bei ihr ist jeder Krach ein Sargnagel für die Liebe. Sie ist, mit anderen Worten, genau die Person, als die sie in Roger Michells Film "Notting Hill" erscheint, nur mit einer gehörigen Portion hysterischer Selbstverleugnung und ohne die erlösende Schwangerschaft am Schluß.

Aber gerade diese Mischung aus Liebessehnsucht und Bindungskoller macht ihr Spiel auf der Leinwand so überzeugend. Während gewöhnliche Filmschauspieler sich anstrengen, fremde Menschen zu verkörpern, stellt die Amateurin Roberts in all ihren Rollen nur sich selber dar: das all-american girl, das in den großen Städten sein Glück sucht. In "Runaway Bride" bekommt diese Suche eine komische, in "Erin Brockovich" eine kämpferische Note, in "Ocean's Eleven" einen Hauch von Eleganz. Aber irgendwann muß das Mädchen gefunden haben, was es sucht, und das ist das große Problem der Julia Roberts wie so vieler weiblicher Kino-Ikonen vor ihr. Denn was die schöne Julia noch immer nicht darzustellen vermag, ist Erfahrung - nicht Verletztheit oder Trotz oder Kampfeswillen, sondern Erfahrung als Substrat von Einsichten, in denen die Verletzungen des Lebens aufgehoben sind. Sie kann ein Fräulein spielen, aber keine Frau.

Zauberische Härte

Die zauberische Härte, die sie in "Erin Brockovich" im Zusammenspiel mit Albert Finney entwickelte, ist in "Mona Lisa Smile" wieder der bekannten hilflosen Anmut gewichen. Hier ist sie ein Bild unter Bildern: "Schaut hin!" ruft sie ihren bornierten Studentinnen zu, als ein Bild von Jackson Pollock enthüllt wird, aber natürlich ist die größte visuelle Attraktion einmal mehr ihr Gesicht, das wie eine fremdartige Blüte aus dem ältlichen Dekor der fünfziger Jahre heraussticht. Der größte Fehler des Films liegt vielleicht darin, daß er das Mona-Lisa-Motiv des Titels unbenutzt verkümmern läßt. Denn etwas von der Undeutbarkeit jenes Lächelns, das Leonardo da Vinci gemalt hat, liegt auch auf den Gesichtszügen von Julia Roberts, jedenfalls dann, wenn man sie richtig ausleuchtet. Newell hat das Licht, aber nicht die Geschichte, er erzählt von Mädchenträumen und Frauenleiden und Triebschicksalen der Eisenhower-Zeit und verliert dabei seinen Star und dessen Rätsel allzu oft aus dem Blick.

Immerhin darf Miss Watson am Ende, nach einer kurzen Liaison mit dem Italienischlehrer und einem längeren, aber erfolglosen Kampf gegen die versteinerten Verhältnisse von Wellesley College, ein Schiff nach Europa besteigen, um am Busen alter Hochkultur wieder neue Lebenskraft zu saugen. Dort wird sie auch die "Mona Lisa" sehen, die "Venus" von Botticelli, die "Maya" von Goya und all die anderen großen Bilder, deren Züge in den heutigen Idolen des Kinos wiederkehren. Kann gut sein, daß dann ein Funke von dem überspringt, was eine Marlene Dietrich oder Katharine Hepburn in Würde hat altern lassen - und wovon bisher in den Filmen von Julia Roberts noch allzu wenig zu sehen war.

ANDREAS KILB

"Mona Lisas Lächeln" (Regie: Mike Newell) ist ab Donnerstag im Kino.

James Spadas Buch "Julia Roberts - Die Biographie" ist bei Hoffmann und Campe erschienen und kostet 22,90 Euro.

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