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Die große (Gefühls-)Welt, gespiegelt in der kleinen Welt eines Mehrfamilienhauses in Zürich.
Es geht um Neuaufbau und das Arbeiten an Utopien: Die Schauspielerin Selina May träumt davon, zu ihrer Jugendliebe nach Berlin zu ziehen, und der Forscherdrang des risikofreudigen Studenten Moritz Schneuwly treibt ihn zu immer neuen Experimenten. Seine geliebte Mary ist aus New York zurück, reist aber gleich nach Amsterdam weiter, um dort ein neues Leben als Studentin zu beginnen. Pit aus dem zweiten Stock hat sein Studium abgebrochen und ist fasziniert von der lebensfrohen Mutter seiner Freundin…mehr

Produktbeschreibung
Die große (Gefühls-)Welt, gespiegelt in der kleinen Welt eines Mehrfamilienhauses in Zürich.

Es geht um Neuaufbau und das Arbeiten an Utopien: Die Schauspielerin Selina May träumt davon, zu ihrer Jugendliebe nach Berlin zu ziehen, und der Forscherdrang des risikofreudigen Studenten Moritz Schneuwly treibt ihn zu immer neuen Experimenten. Seine geliebte Mary ist aus New York zurück, reist aber gleich nach Amsterdam weiter, um dort ein neues Leben als Studentin zu beginnen. Pit aus dem zweiten Stock hat sein Studium abgebrochen und ist fasziniert von der lebensfrohen Mutter seiner Freundin Petzi, die gerade ihr Leben noch einmal neu entwirft und ihn auf eine Reise nach Griechenland mitnimmt.

Beim alten Erich Wyss treibt der Frühling bisweilen seltsame Blüten, und Julia Sommer muss nicht nur sehr um ihr "Gärtlein" kämpfen, sondern plötzlich sogar um ihr Leben. Auch diesmal lässt Tim Krohn seine Figuren und Leser Gefühle aller Couleur durchleben. Und natürlich gärtnert nicht nur Julia Sommer - es wird viel gesät, gejätet, gestutzt und gepflegt in diesem Band: Pflanzen auf Fenstersimsen, Balkonen und in Garten - und Gedanken und Lebensentwürfe in den Köpfen vieler Figuren.
Autorenporträt
Tim Krohn, geboren 1965, lebt als freier Schriftsteller in Santa Maria Val Müstair. Seine Romane Quatemberkinder und Vrenelis Gärtli machten ihn berühmt. 2015 veröffentlichte Tim Krohn bei Galiani den hochgelobten Erzählband Nachts in Vals. Der Auftaktband des 'Menschliche Regungen'-Projekts Herr Brechbühl sucht eine Katze war wochenlang in den Schweizer Bestsellerlisten. Zuletzt erschien der dritte Band, Julia Sommer sät aus (2018).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.02.2019

Bestäubt
Tim Krohns Roman "Julia Sommer sät aus"

Für viele Literaturliebende zählt zu den Höhepunkten von Lesungen das Signieren des eigenen Buchexemplars durch den Schriftsteller oder die Schriftstellerin. Der Schweizer Autor Tim Krohn geht mit seinem Projekt "Menschliche Regungen", aus dem mit "Julia Sommer sät aus" nun der dritte Roman hervorgegangen ist, einen Schritt weiter. Nicht er verewigt sich in den Exemplaren seiner Leserinnen und Leser, vielmehr können die sich in die Texte einschreiben - laut Krohns Homepage ist für 250 Schweizer Franken eine seiner Geschichten, die sich um je eine menschliche Regung drehen, zu erwerben. Wer zahlt, darf zudem ein wenig mitkonzipieren. Drei beliebige Wörter dürfen beigesteuert werden. Für fünftausend Schweizer Franken gibt es zu der Geschichte noch eine einwöchige Schreibwerkstatt samt Unterkunft im Hause Krohn für zwei Personen.

Was treibt einen Autor zu einem solchen Projekt? Die Aussicht auf ein Auskommen? Oder ein Mitbestimmungsgedanke? Nicht von ungefähr spielt auch "Julia Sommer sät aus" in einem Zürcher Genossenschaftswohnhaus. Derlei Erwägungen treten bei der Lektüre rasch in den Hintergrund, ebenso die Frage, ob in Sachen Kategorien, den "menschlichen Regungen", nicht etwas durcheinandergeraten ist. "Bescheidenheit", "Einfühlungsvermögen"? Gut. Aber zu "Grenzüberschreitung" kann man höchstens einen Zug haben.

Das Buch hat ganz andere Probleme: Die nach dem "Lindenstraßen"-Prinzip verknüpften Episoden - mal wird in die eine Wohnung des Mehrfamilienhauses geschaut, mal in eine andere, mal treffen die Bewohner im Treppenhaus aufeinander - sind sprachlich belanglos bis missraten und zudem, was die Psychologie der Figuren betrifft, immer wieder hanebüchen, was gerade bei einem Projekt, das sich als Enzyklopädie menschlicher Verfasstheiten versteht, ungünstig ist.

Da wäre etwa die alleinerziehende Julia, die sich für Hofbegrünung einsetzt und am Ende den sprichwörtlichen Prinzen samt Gartenparadies und eigener Insel ergattert. Da wäre das Paar, das sich in das Testament einer reichen Dame einzuschleichen versucht, bei der er als Gärtner angestellt ist. Oder der Ehemann, der seine Geliebte den Eltern und den noch nicht einmal pubertierenden Söhnen vorstellt, obgleich er keine Absicht hegt, das Verhältnis auf Dauer zu stellen, sondern auf die Versöhnung mit seiner Gattin wartet. Man kann darüber streiten, ob es plausibel ist, wenn die Jungen der Geliebten ohne weitere sichtbare Emotionen tatsächlich Löcher in den Bauch fragen, aber kaum darüber, dass es literarisch heikel wird, wenn so ein Zusammentreffen ohne Witz oder einen Schlag ins Groteske erzählt wird.

Solche Feinheiten scheinen Krohn beim Illustrieren seiner Auftragsarbeit entgangen zu sein. Unter der Überschrift "Subtilität" reagiert die reiche Dame gelassen auf die Testamentsfrage und fragt stattdessen ihren Gärtner, was er täte, würde sie sich ihm als Sklavin anbieten. "Ich würde Sie pflegen wie eine Blume, meine ganz eigene, seltene Blume. Und ich würde Sie ansehen." Worauf sie erwidert: "Nur ansehen? Keine Bestäubung?" Ob er denn noch mit seiner Frau schlafe, will sie gleich darauf wissen. "Ja, oft", sagte er. ,Das hat allerdings nichts mit Bestäuben zu tun, eher mit Pflügen."

Man würde es gern für Satire halten, versteht es aber wohl lieber als ein kommerzielles Schreibprojekt. Ganz sicher aber nicht als Literatur.

WIEBKE POROMBKA

Tim Krohn: "Julia Sommer sät aus". Roman.

Galiani Verlag, Berlin 2018. 480 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Wer noch auf der Suche nach der richtigen Sommerlektüre ist, dem seien Krohns Bände empfohlen. Sie bieten nicht zu schwere, nicht zu leichte, hintergründige und garantiert kurzweilige Kost. Walter Gödden Westfalenspiegel