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Zum Werk Das Lehrbuch versetzt Juristen in die Lage, die Lösung für bisher ungeklärte Rechtsprobleme Schritt für Schritt so zu entwickeln, dass sie die Gegenseite, auch im Streitfalle, von dem Gehalt der juristischen Argumentation überzeugt. Thematisiert werden in einem fächerübergreifenden und rechtsdogmatischen Kontext: - die Rechtsquellen - die klassischen und modernen Interpretationsfiguren - der Einfluss von Verfassung und Europarecht als höherrangiges Recht - die anspruchsvolle Konkretisierung von Recht - die Bestimmung der Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung - die für Praxis so…mehr

Produktbeschreibung
Zum Werk
Das Lehrbuch versetzt Juristen in die Lage, die Lösung für bisher ungeklärte Rechtsprobleme Schritt für Schritt so zu entwickeln, dass sie die Gegenseite, auch im Streitfalle, von dem Gehalt der juristischen Argumentation überzeugt.
Thematisiert werden in einem fächerübergreifenden und rechtsdogmatischen Kontext:
- die Rechtsquellen
- die klassischen und modernen Interpretationsfiguren
- der Einfluss von Verfassung und Europarecht als höherrangiges Recht
- die anspruchsvolle Konkretisierung von Recht
- die Bestimmung der Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung
- die für Praxis so relevante Sachverhaltshermeneutik
Vorteile auf einen Blick
- Verbindung von klassischer und moderner Methodenlehre
- lebendige Darstellung mit zahlreichen Beispielen aus Literatur und Rechtsprechung
- Vertiefungsfälle zum Mitdenken
Zielgruppe
Für Studierende und Rechtsreferendare sowie für Richter, Anwälte und Verwaltungsjuristen und alle an den Grundlagen unserer Rechtsordnung Interessierte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.2020

Wille des Gesetzgebers
Ein Grundproblem der Rechtswissenschaft

Jeder, der Gesetze anwendet, auslegt und interpretiert, kennt das Argument vom "Willen des Gesetzgebers". Vor Gericht wird es regelmäßig vorgebracht. Nicht selten wird zugleich behauptet, dass eine bestimmte Deutung der einzig historische Grund einer Regelung gewesen sei. Ob das stimmt, lässt sich theoretisch mit einem Blick in die Gesetzesmaterialien klären. Doch diese Materialien sind zahlreich und teilweise widersprüchlich. Zudem ist schon fraglich, ob es einen (einzigen?) Willen des Gesetzgebers überhaupt gibt. Und, falls man dies bejahen möchte, was er sich beispielsweise bei einer unterlassenen Vorschrift gedacht hat: Fehlt eine Regelung, weil man sie einfach vergessen hat, so dass eine vergleichbare Norm per Analogieschluss gefunden werden darf, oder war das Vergessen Absicht, weshalb sich eine Übernahme ausdrücklich verbietet? Und zuletzt: Selbst, wenn sich der gesetzgeberische Wille ermitteln lässt, bedeutet das noch nicht, dass er auch befolgt werden muss. Gute Rechtsanwälte kennen das gesamte Arsenal solcher Spitzfindigkeiten. Doch wie man den berühmten Willen des Gesetzgebers nun möglichst objektiv herausfindet, ist selten Thema in juristischer Praxis oder Ausbildung. Das Prozedere fällt unter die sogenannte genetische Auslegung. In Einführungen in die Methodenlehre für Studenten wird diese Auslegungsform oft nur am Rande behandelt, als Grund heißt es dann etwa: "Da diese Auslegungsmethode für die Klausur regelmäßig keine Rolle spielt, wird hier auf ein Beispiel verzichtet." Das ist wahr und enttäuschend zugleich.

In der Wissenschaft aber ist das Interesse an Gesetzesmaterialien und dem Willen des Gesetzgebers jüngst wieder aufgeflammt. In einer gleichnamigen Schrift aus dem Jahr 2017, erschienen im Verlag Mohr Siebeck, bezeichnet Tino Frieling sie als ungeklärte Grundlagenfrage der Rechtswissenschaft: Das habe dazu geführt, dass in der Praxis oft willkürlich auf Bundestagsdebatten, Ausschussberichte und Entwurfsbegründungen verwiesen werde. Für seine Arbeit erhielt Frieling vor wenigen Monaten den Wissenschaftspreis des Bundestages. In seiner Untersuchung beantwortet er die Frage, ob und wie Gesetzgebungsmaterialien für die Gesetzesauslegung eine Rolle spielen, differenziert nach den verfassungsrechtlichen Aufgaben der Gesetzgebung und nach dem verfassungsrechtlichen Status verschiedener Arten von Materialien im Verfahren. Dabei wirft er auch einen Blick nach England und in die Vereinigten Staaten, wo die Auslegung von "statutes" gegenüber der Anwendung des traditionellen common law bei weitem die Hauptaufgabe der Gerichte ist. Auch dort wurde bislang noch keine überzeugende Methode gefunden, wie der Wille des Gesetzgebers ermittelt werden kann.

Immerhin wird an einer Lösung gearbeitet. In einer jüngst erschienenen Arbeit entwickelt Markus Sehl ein weiteres wichtiges Puzzlestück dafür. Für ihn fungiert der Begriff des "Wille des Gesetzgebers" als Übersetzungsfigur zwischen rechtlichem und politischem System. Diese "notwendige Fiktion im Recht" sollte ihren Ankerpunkt in der Wirklichkeit parlamentarischer Rechtsetzung finden. Dabei würden Gesetzesmaterialien nur begrenzt helfen, weil sie die komplexen Aushandlungen und Abstimmungsprozesse nur bruchstückhaft abbildeten. Die tatsächliche Arbeit am Gesetzestext und seiner Begründung finde nicht in Ausschüssen, sondern auf der Arbeitsebene der Fraktionen statt. Von einem "Willen des Gesetzgebers" in der Form kollektiv "geteilter Absichten" könne nur gesprochen werden, wenn sich in den Gesetzesmaterialien ein Nachweis aus den Beratungen finde, der belege, dass eine bestimmte Konkretisierung des Gesetzestextes zumindest von der Mehrheit geteilt wurde. Daran - und dies fügt Sehl als zweite Bedingung an - dürfe sich dann bis zum Abschluss des Verfahrens nichts mehr geändert haben. Sehls realitätsbezogener Ansatz überzeugt und ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Denn in jüngeren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht betont, dass den Gesetzesmaterialien eine "nicht unerhebliche Indizwirkung" bei der Frage zukomme, welche Regelungskonzeption einem Gesetz zugrunde liege. Dies ist eine kleine Kehrtwende. Bisher galt eher das Diktum von Werner Heun, wonach die historische Interpretation "im entscheidenden Moment versage". Es ist daher begrüßenswert, dass in den Arbeiten von Frieling und Sehl ein altes Grundsatzproblem der Rechtswissenschaft neu verhandelt wird. Wer sich einen Gesamtüberblick verschaffen will, sollte die hervorragende "Juristische Methodenlehre" von Thomas Möllers zur Hand nehmen, die wie kaum ein zweites Werk erklärt, wie man zu einer gerechten Entscheidung kommt. Das Werk beschreibt die wichtigsten Argumentationsfiguren und entwickelt eine moderne Methodenlehre auch zur Frage, wie man den Willen des Gesetzgebers am besten ermittelt. "Das teleologische Argument kann der Einbettung des Rechts in die Zeit am besten gerecht werden", meint Möllers. Sein Werk wurde in die englische Sprache übersetzt und wird unter dem Titel "Legal Methods" gerade ein Exportschlager.

JOCHEN ZENTHÖFER

Markus Sehl: Was will der Gesetzgeber?, Nomos Verlag, Baden-Baden 2019, 263 Seiten, 68 Euro.

Thomas Möllers: Juristische Methodenlehre, C.H. Beck, München 2020, 571 Seiten, 53 Euro.

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