Daß Franz Kafka ein passionierter Kinogänger war, dokumentieren seine Briefe und Tagebücher. Bisher hat man jedoch übersehen, wie stark auch seine literarische Arbeit durch die Wahrnehmungs- und Darstellungsformen des Films bestimmt wurde. Peter-André Alt zeigt verschiedene Formen von Kafkas kinematographischem Erzählen, die in den Techniken der Bildverknüpfung, der Verwendung konkreter Motive, den Sehperspektiven, der Körpersprache der Figuren und den dramaturgischen Mustern seiner Geschichten zutage treten. So erschließt sich ein verblüffendes Panorama literarischer Ausdrucksformen, in denen Kafka die Bewegungsfolgen und Kameraeinstellungen, die Stoffe und die Mythen des frühen Kinos adaptiert. Der Autor präsentiert zahlreiche Funde, die es erlauben, Kafka neu zu lesen. Zu ihnen gehört auch die Identifizierung des realen Vorbildes für das Schloß, das sein letzter Roman beschreibt; von ihm führt eine bisher unbekannte Spur zu , einem der berühmtesten Stummfilme der Kinogeschichte
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Entschiedenen Einspruch erhebt Bettina Augustin gegen die Thesen, die Peter-Andre Alt in seiner Studie über die Einflüsse des Kinos auf Franz Kafkas Prosatexte darlegt. Laut Autor sind Kafkas Texte beim "Kino in die Schule" gegangen, wie wir erfahren. Die Rezensentin betont allerdings, dass Erzählweisen, die an ungeschnittene Kamerafahrten oder dramatische Gegenschnitte erinnern, weit über die zeitgenössische Filmpraxis hinausgingen und wenn überhaupt als visionäre Bildästhetik gelten können. Die Rezensentin schreibt es nicht explizit, aber ihre Kritik macht deutlich, dass sie Alts Darlegungen wenig überzeugend findet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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