What Hemingway's A Moveable Feast did for Paris in the 1920s, this charming yet undeceivable memoir does for Greenwich Village in the late 1940s. In 1946, Anatole Broyard was a dapper, earnest, fledgling avant-gardist, intoxicated by books, sex, and the neighborhood that offered both in such abundance. Stylish written, mercurially witty, imbued with insights that are both affectionate and astringent, this memoir offers an indelible portrait of a lost bohemia.
We see Broyard setting up his used bookstore on Cornelia Street indulging in a dream that was for him as romantic as living off the land or sailing around the world while exercizing his libido with a protegee of Anais Nin and taking courses at the New School, where he deliberates on the new trends in art, sex, and psychosis. Along the way he encounters Delmore Schwartz, Caitlin and Dylan Thomas, William Gaddis, and other writers at the start of their careers. Written with insight and mercurial wit, Kafka Was the Rage elegantly captures a moment and place and pays homage to a lost bohemia as it was experienced by a young writer eager to find not only his voice but also his place in a very special part of the world.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
We see Broyard setting up his used bookstore on Cornelia Street indulging in a dream that was for him as romantic as living off the land or sailing around the world while exercizing his libido with a protegee of Anais Nin and taking courses at the New School, where he deliberates on the new trends in art, sex, and psychosis. Along the way he encounters Delmore Schwartz, Caitlin and Dylan Thomas, William Gaddis, and other writers at the start of their careers. Written with insight and mercurial wit, Kafka Was the Rage elegantly captures a moment and place and pays homage to a lost bohemia as it was experienced by a young writer eager to find not only his voice but also his place in a very special part of the world.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungMaske des Sichtbaren
Der Mann, der Philip Roth Modell stand: Das geheimnisvolle Leben des Anatole Broyard
Die Zeit von Anatole Broyard begann nach dem Krieg im New Yorker Greenwich Village. Broyard, gutaussehend, charmant und von Tag zu Tag belesener, war gerade aus seiner Uniform gestiegen und aus dem heimatlichen Brooklyn über den East River nach Manhatten gekommen wie auf einen anderen Planeten. Er suchte die Literatur und das Leben und hielt lange an der Vorstellung fest, daß beides eins werden, daß man das eigene Leben literarisieren könnte und daß man damit besser dran wäre: "Die Welt war unser Atelier." Die Menschen, die er traf, dachten das ebenfalls, und wenn seine Freundin beim Betreten eines Ladens über W. H. Auden stolperte und ein weniger länger als nötig schwer auf ihm liegen blieb, schien die Vereinigung von Poesie und Alltag bereits vollbracht.
Broyard studierte mit Hilfe eines GI-Darlehens an der New School, hörte Meyer-Schapiro von der Moderne schwärmen, traf Erich Fromm und ein ganzes Bataillon anderer Psychoanalytiker, die - "ein deutscher Marshall-Plan" - New York besetzt hatten. Broyard wurde Teil einer Gruppe von Intellektuellen, die das New Yorker Geistesleben in den kommenden Jahrzehnten bestimmten sollten. Er blieb, während er sich im Laufe der Jahre zum wahrscheinlich bis heute geistreichsten (und manchmal ungewöhnlich ungerechten) Literaturkritiker der "New York Times" entwickelte, neben dem Kunstkritiker Clemens Greenberg eine ihrer herausragenden Figuren. Broyard starb 1990 in Cambridge.
Seine Zeit endete, vorläufig, 1993 mit dem postumen Erscheinen seiner Erinnerungen. "Verrückt nach Kafka" ist ein relativ schmales, rasant geschriebenes Buch voll deftiger Beschreibungen des sexuell befeuerten Klimas im Village am Ende der vierziger Jahre. Kafka, so schreibt Broyard, war in jenen Jahren für Greenwich Village, was Dickens einst für London war. Broyard benutzt nur minimale Verfremdungstechniken - die Personen, die aus dem Leben in diese Erinnerungen gehoben wurden, heißen nicht immer, wie sie hießen, sind aber unschwer erkennbar, wie etwa "Dick" alias William Gaddis. Sheri hingegen, ihre gemeinsame Liebe und Anlaß zu einem nachhaltigen Streit zwischen ihnen, verpaßt Broyard einen fiktiven Nachnamen, doch auch unter ihrem richtigen kennt sie heute niemand mehr. Die Größen der Zeit wiederum, W. H. Auden und Dylan Thomas, Anaïs Nin, Meyer-Schapiro und Clemens Greenberg, treten unter eigenem Namen auf, während die Anlage des Buchs mit einem ersten Teil über Sex und Liebe und einem zweiten über Tod und Sex ein radikales Ordnungsprinzip offenbart, dem der Autor das Leben, zumindest die Erinnerung, unterworfen hat. So schleicht sich der Eindruck ein, man gleite beständig zwischen einer literarisch transponierten und der autobiographisch dokumentierten Wirklichkeit hin und her.
Broyard selbst war kein großer Literat geworden, wie es jahrzehntelang jeder von ihm erwartet hatte. Den Roman, für den ein Verlag einen damals unerhörten Vorschuß zu zahlen bereit war, hat er niemals herausgebracht. Dieser Roman war, wie John Updike sich erinnert, ähnlich wie Ralph Ellisons zweiter "das berühmteste Buch, das nicht geschrieben wurde". "Verrückt nach Kafka" ist das einzige erzählende Werk Broyards. Er wurde damit nicht so berühmt wie Ralph Ellison mit seinem "Invisible Man". Aber das Buch hat seinen Autor immer wieder ins Gespräch gebracht.
Das Interesse an Broyard flammte 1996 erneut auf, als Henry Louis Gates jr. in einer weitläufigen biographischen Erkundung im "New Yorker" eine mögliche Erklärung lieferte, warum Broyard, der jenen Roman schreiben wollte, wie er kaum sonst etwas wollte in seinem Leben, vollständig blockiert war (das Nachwort der deutschen Ausgabe von "Verrückt nach Kafka" schreibt dieses Porträt irrtümlich einem William Gates jr. zu). Broyard war, was niemand wußte, schwarzer Abstammung. Er war nicht ein bißchen schwarz, weil irgendwo in seiner Abstammungslinie einmal ein Schwarzer gewesen war, sondern er war völlig schwarz, mit einem schwarzen Vater, einer schwarzen Mutter, schwarzen Geschwistern, Onkeln und Tanten. Die Vererbung von Melanin indes, bemerkt Henri Louis Gates, "ist eine unsichere Angelegenheit", und Anatole Broyard wurde so hellhäutig geboren, daß er überall als Weißer durchgehen konnte. Und er entschloß sich, ein Weißer zu sein.
Broyard verliert in "Verrückt nach Kafka" kein einziges Wort über diesen Schlüssel zu seinem Leben. Liest man das Buch aber im Wissen um die Diskrepanz zwischen rassischer Abstammung und gewählter Identität, findet man an einigen Stellen zumindest Hinweise auf ein Problem. Beim flüchtigen Lesen zeigt sich nur eine gewisse Unschärfe, wie zum Beispiel in einer Szene, in der Broyard, der einen weithin beachteten Artikel über Jazz geschrieben hatte, sich außerordentlich unwohl am Tisch mit Delmore Schwartz, Dwight Macdonald und Clemens Greenberg fühlte, die gerade über das Primitive philosophierten und ihn für einen Fachmann auf diesem Gebiet hielten. An anderer Stelle heißt es, "so wie Neger etwas von Jazz verstehen, erwartete man von Juden, daß sie wußten, wie man eine Rezension schrieb" - ein Gebiet, auf dem Broyard es zu hoher Meisterschaft bringen würde; er blieb allerdings auch zeitlebens ein hervorragender Tänzer.
Harold Brodkey, den Broyard während der Entstehung von "Verrückt nach Kafka" um Rat fragte, sagte unverblümt, die Unebenheiten und Schwächen des Buchs erklärten sich daraus, daß Broyard nicht die Wahrheit sagte - Brodkey kannte sie, hielt es aber nicht für seine Aufgabe, sie zu verbreiten. Brodkey sah das Drama des Anatole Broyard, der kein "Neger-Schriftsteller" sein wollte und sich deshalb als Weißer ausgab, der aber als Weißer nur sehr gebremst schreiben konnte, weil er lügen mußte. Broyard wurde also überhaupt kein Schriftsteller, sondern Rezensent.
Ein gutes Jahrzehnt nach seinem Tod ist Broyard jetzt erneut ins Gespräch gekommen. Philip Roth hat sich in seinem Buch "Der menschliche Makel" (F.A.Z. vom 23. Februar) für die Figur des Coleman Silk von Broyards Leben anregen lassen und einen Mann erfunden, der wie Broyard mit seiner Herkunft bricht und sein Leben damit verbringt, sein Geheimnis zu schützen. Anders als Silk allerdings gab Broyard niemals vor, jüdisch zu sein. Doch auch er schützte seinen Identitätswechsel selbst seinen Kindern gegenüber bis kurz vor seinem Tod. Denn während zu Beginn seiner intellektuellen Karriere im Village ein Schwarzer, der als Weißer posierte, noch eine Sensation gewesen wäre, war ein Schwarzer, der seine Herkunft verleugnet, am Ende von Broyards Leben eine lächerliche Figur. Einmal angenommen, gab es keinen richtigen Zeitpunkt mehr, die weiße Identität wieder abzulegen.
Die "New York Review of Books" schrieb in einer Besprechung der amerikanischen Ausgabe von "The Human Stain", das einzig Interessante daran, daß Roth das Leben Broyards als Vorbild genommen habe, sei, wie wenig er aus dieser lebenden Vorlage mache: Das Buch behandele "Identität als etwas Kariertes, das man nach innen oder außen tragen kann wie bei einem Regenmantel". Gates hingegen habe Broyards Leben als Beweis dafür genommen, daß "Authentizität eine der fundamentalen Lügen der Moderne" sei, ein Thema, das Roth nicht einmal in den Sinn käme.
Bliss Broyard, eine Tochter von Anatole, die erst kurz vor dessen Tod von der Herkunft ihres Vaters und der Existenz einer Tante erfuhr, hat die Erfahrungen mit ihrem Vater erzählerisch verarbeitet. Auch sie läßt das Thema der Rassenidentität links liegen. Ihr Buch "Mein Vater, tanzend" versammelt acht Geschichten, die allesamt ihrem Vater gewidmet sind, aber nicht allzu offensichtlich autobiographisch sein wollen. Sie handeln allerdings sämtlich von dem Verhältnis heranwachsender Töchter zu ihrem außerordentlichen Erzeuger. Hier, in der literarischen Bearbeitung einer offenbar ungewöhnlich engen Vater-Tochter-Beziehung, drängt sich, anders als im Erinnerungsbuch des Vaters, schnell und auch unangenehm der Eindruck auf, privaten Erinnerungen beizuwohnen. Diese verkehrte Wahrnehmung der Genres mag damit zu tun haben, daß man den verklärenden Nostalgienebel eher in einem autobiographischen Text vermutet - doch bei Anatole Broyard senkt er sich nie -, während man die ironische Haltung etwas abseits vom Geschehen der Literatur zurechnet - und bei Bliss Broyard mit wachsender Ungeduld vermißt.
Anatole Broyard: "Verrückt nach Kafka. Erinnerungen an Greenwich Village". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Carrie Asman und Ulrich Enzensberger und mit einem Nachwort von Carrie Asman. Berlin Verlag 2001. 189 S., 18,-.
Bliss Broyard: "Mein Vater, tanzend". Erzählungen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Monika Schmalz. Berlin Verlag 2001. 256 S., 19,-.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Mann, der Philip Roth Modell stand: Das geheimnisvolle Leben des Anatole Broyard
Die Zeit von Anatole Broyard begann nach dem Krieg im New Yorker Greenwich Village. Broyard, gutaussehend, charmant und von Tag zu Tag belesener, war gerade aus seiner Uniform gestiegen und aus dem heimatlichen Brooklyn über den East River nach Manhatten gekommen wie auf einen anderen Planeten. Er suchte die Literatur und das Leben und hielt lange an der Vorstellung fest, daß beides eins werden, daß man das eigene Leben literarisieren könnte und daß man damit besser dran wäre: "Die Welt war unser Atelier." Die Menschen, die er traf, dachten das ebenfalls, und wenn seine Freundin beim Betreten eines Ladens über W. H. Auden stolperte und ein weniger länger als nötig schwer auf ihm liegen blieb, schien die Vereinigung von Poesie und Alltag bereits vollbracht.
Broyard studierte mit Hilfe eines GI-Darlehens an der New School, hörte Meyer-Schapiro von der Moderne schwärmen, traf Erich Fromm und ein ganzes Bataillon anderer Psychoanalytiker, die - "ein deutscher Marshall-Plan" - New York besetzt hatten. Broyard wurde Teil einer Gruppe von Intellektuellen, die das New Yorker Geistesleben in den kommenden Jahrzehnten bestimmten sollten. Er blieb, während er sich im Laufe der Jahre zum wahrscheinlich bis heute geistreichsten (und manchmal ungewöhnlich ungerechten) Literaturkritiker der "New York Times" entwickelte, neben dem Kunstkritiker Clemens Greenberg eine ihrer herausragenden Figuren. Broyard starb 1990 in Cambridge.
Seine Zeit endete, vorläufig, 1993 mit dem postumen Erscheinen seiner Erinnerungen. "Verrückt nach Kafka" ist ein relativ schmales, rasant geschriebenes Buch voll deftiger Beschreibungen des sexuell befeuerten Klimas im Village am Ende der vierziger Jahre. Kafka, so schreibt Broyard, war in jenen Jahren für Greenwich Village, was Dickens einst für London war. Broyard benutzt nur minimale Verfremdungstechniken - die Personen, die aus dem Leben in diese Erinnerungen gehoben wurden, heißen nicht immer, wie sie hießen, sind aber unschwer erkennbar, wie etwa "Dick" alias William Gaddis. Sheri hingegen, ihre gemeinsame Liebe und Anlaß zu einem nachhaltigen Streit zwischen ihnen, verpaßt Broyard einen fiktiven Nachnamen, doch auch unter ihrem richtigen kennt sie heute niemand mehr. Die Größen der Zeit wiederum, W. H. Auden und Dylan Thomas, Anaïs Nin, Meyer-Schapiro und Clemens Greenberg, treten unter eigenem Namen auf, während die Anlage des Buchs mit einem ersten Teil über Sex und Liebe und einem zweiten über Tod und Sex ein radikales Ordnungsprinzip offenbart, dem der Autor das Leben, zumindest die Erinnerung, unterworfen hat. So schleicht sich der Eindruck ein, man gleite beständig zwischen einer literarisch transponierten und der autobiographisch dokumentierten Wirklichkeit hin und her.
Broyard selbst war kein großer Literat geworden, wie es jahrzehntelang jeder von ihm erwartet hatte. Den Roman, für den ein Verlag einen damals unerhörten Vorschuß zu zahlen bereit war, hat er niemals herausgebracht. Dieser Roman war, wie John Updike sich erinnert, ähnlich wie Ralph Ellisons zweiter "das berühmteste Buch, das nicht geschrieben wurde". "Verrückt nach Kafka" ist das einzige erzählende Werk Broyards. Er wurde damit nicht so berühmt wie Ralph Ellison mit seinem "Invisible Man". Aber das Buch hat seinen Autor immer wieder ins Gespräch gebracht.
Das Interesse an Broyard flammte 1996 erneut auf, als Henry Louis Gates jr. in einer weitläufigen biographischen Erkundung im "New Yorker" eine mögliche Erklärung lieferte, warum Broyard, der jenen Roman schreiben wollte, wie er kaum sonst etwas wollte in seinem Leben, vollständig blockiert war (das Nachwort der deutschen Ausgabe von "Verrückt nach Kafka" schreibt dieses Porträt irrtümlich einem William Gates jr. zu). Broyard war, was niemand wußte, schwarzer Abstammung. Er war nicht ein bißchen schwarz, weil irgendwo in seiner Abstammungslinie einmal ein Schwarzer gewesen war, sondern er war völlig schwarz, mit einem schwarzen Vater, einer schwarzen Mutter, schwarzen Geschwistern, Onkeln und Tanten. Die Vererbung von Melanin indes, bemerkt Henri Louis Gates, "ist eine unsichere Angelegenheit", und Anatole Broyard wurde so hellhäutig geboren, daß er überall als Weißer durchgehen konnte. Und er entschloß sich, ein Weißer zu sein.
Broyard verliert in "Verrückt nach Kafka" kein einziges Wort über diesen Schlüssel zu seinem Leben. Liest man das Buch aber im Wissen um die Diskrepanz zwischen rassischer Abstammung und gewählter Identität, findet man an einigen Stellen zumindest Hinweise auf ein Problem. Beim flüchtigen Lesen zeigt sich nur eine gewisse Unschärfe, wie zum Beispiel in einer Szene, in der Broyard, der einen weithin beachteten Artikel über Jazz geschrieben hatte, sich außerordentlich unwohl am Tisch mit Delmore Schwartz, Dwight Macdonald und Clemens Greenberg fühlte, die gerade über das Primitive philosophierten und ihn für einen Fachmann auf diesem Gebiet hielten. An anderer Stelle heißt es, "so wie Neger etwas von Jazz verstehen, erwartete man von Juden, daß sie wußten, wie man eine Rezension schrieb" - ein Gebiet, auf dem Broyard es zu hoher Meisterschaft bringen würde; er blieb allerdings auch zeitlebens ein hervorragender Tänzer.
Harold Brodkey, den Broyard während der Entstehung von "Verrückt nach Kafka" um Rat fragte, sagte unverblümt, die Unebenheiten und Schwächen des Buchs erklärten sich daraus, daß Broyard nicht die Wahrheit sagte - Brodkey kannte sie, hielt es aber nicht für seine Aufgabe, sie zu verbreiten. Brodkey sah das Drama des Anatole Broyard, der kein "Neger-Schriftsteller" sein wollte und sich deshalb als Weißer ausgab, der aber als Weißer nur sehr gebremst schreiben konnte, weil er lügen mußte. Broyard wurde also überhaupt kein Schriftsteller, sondern Rezensent.
Ein gutes Jahrzehnt nach seinem Tod ist Broyard jetzt erneut ins Gespräch gekommen. Philip Roth hat sich in seinem Buch "Der menschliche Makel" (F.A.Z. vom 23. Februar) für die Figur des Coleman Silk von Broyards Leben anregen lassen und einen Mann erfunden, der wie Broyard mit seiner Herkunft bricht und sein Leben damit verbringt, sein Geheimnis zu schützen. Anders als Silk allerdings gab Broyard niemals vor, jüdisch zu sein. Doch auch er schützte seinen Identitätswechsel selbst seinen Kindern gegenüber bis kurz vor seinem Tod. Denn während zu Beginn seiner intellektuellen Karriere im Village ein Schwarzer, der als Weißer posierte, noch eine Sensation gewesen wäre, war ein Schwarzer, der seine Herkunft verleugnet, am Ende von Broyards Leben eine lächerliche Figur. Einmal angenommen, gab es keinen richtigen Zeitpunkt mehr, die weiße Identität wieder abzulegen.
Die "New York Review of Books" schrieb in einer Besprechung der amerikanischen Ausgabe von "The Human Stain", das einzig Interessante daran, daß Roth das Leben Broyards als Vorbild genommen habe, sei, wie wenig er aus dieser lebenden Vorlage mache: Das Buch behandele "Identität als etwas Kariertes, das man nach innen oder außen tragen kann wie bei einem Regenmantel". Gates hingegen habe Broyards Leben als Beweis dafür genommen, daß "Authentizität eine der fundamentalen Lügen der Moderne" sei, ein Thema, das Roth nicht einmal in den Sinn käme.
Bliss Broyard, eine Tochter von Anatole, die erst kurz vor dessen Tod von der Herkunft ihres Vaters und der Existenz einer Tante erfuhr, hat die Erfahrungen mit ihrem Vater erzählerisch verarbeitet. Auch sie läßt das Thema der Rassenidentität links liegen. Ihr Buch "Mein Vater, tanzend" versammelt acht Geschichten, die allesamt ihrem Vater gewidmet sind, aber nicht allzu offensichtlich autobiographisch sein wollen. Sie handeln allerdings sämtlich von dem Verhältnis heranwachsender Töchter zu ihrem außerordentlichen Erzeuger. Hier, in der literarischen Bearbeitung einer offenbar ungewöhnlich engen Vater-Tochter-Beziehung, drängt sich, anders als im Erinnerungsbuch des Vaters, schnell und auch unangenehm der Eindruck auf, privaten Erinnerungen beizuwohnen. Diese verkehrte Wahrnehmung der Genres mag damit zu tun haben, daß man den verklärenden Nostalgienebel eher in einem autobiographischen Text vermutet - doch bei Anatole Broyard senkt er sich nie -, während man die ironische Haltung etwas abseits vom Geschehen der Literatur zurechnet - und bei Bliss Broyard mit wachsender Ungeduld vermißt.
Anatole Broyard: "Verrückt nach Kafka. Erinnerungen an Greenwich Village". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Carrie Asman und Ulrich Enzensberger und mit einem Nachwort von Carrie Asman. Berlin Verlag 2001. 189 S., 18,-
Bliss Broyard: "Mein Vater, tanzend". Erzählungen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Monika Schmalz. Berlin Verlag 2001. 256 S., 19,-
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A memoir of a sensualist Sentence by sentence, it s as beautifully precise as any contemporary American work I know. - Pauline Kael
If you ve ever been young, ever lived in or wanted to live in Greenwich Village, ever loved books or sex or both, you ll savor this memoir. - Detroit Free Press
Full of Broyard s wit, compassion and rich insight His mind, his aesthetic, his view of the world, shimmer brightly in this memoir. - Chicago Tribune
Seductive, ardently written a valentine with barbs. - Washington Post Book World
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