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Berlin, 1923. Ein kleines Mädchen weint um seine verlorene Puppe. Ein Mann spricht sie an – und behauptet, die Puppe sei auf Reisen gegangen. Von nun an bringt er ihr jeden Tag einen Brief von ihrer Puppe. Dieser Mann ist der schwerkranke Schriftsteller Franz Kafka, und die Begegnung mit dem Mädchen und die Puppenbriefe hat es tatsächlich gegeben.

Produktbeschreibung
Berlin, 1923. Ein kleines Mädchen weint um seine verlorene Puppe. Ein Mann spricht sie an – und behauptet, die Puppe sei auf Reisen gegangen. Von nun an bringt er ihr jeden Tag einen Brief von ihrer Puppe. Dieser Mann ist der schwerkranke Schriftsteller Franz Kafka, und die Begegnung mit dem Mädchen und die Puppenbriefe hat es tatsächlich gegeben.
Autorenporträt
Gerd Schneider, Jahrgang 1942, arbeitete als Wissenschaftsjournalist und Fachredakteur. Darüber hinaus schreibt er Drehbücher fürs Fernsehen und Hörspiele und ist Verfasser von Sachbüchern und Romanen für Kinder und Jugendliche.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.11.2008

Dichter und Puppe
Ein Kinderroman über Franz Kafka
Es ist eine seltsame Begegnung: Ein todkranker Dichter trifft im Park auf ein verzweifeltes kleines Mädchen, das seine Puppe verloren hat. Um es zu trösten, erzählt er ihm, dass die Puppe verreist sei und von nun an Briefe schreiben werde. Und tatsächlich, jeden Tag schreibt die Puppe einen neuen Brief, und jeden Tag liest der Dichter dem erwartungsvollen Mädchen diesen neuen Brief auf einer Parkbank in Berlin-Steglitz vor. Der todkranke Dichter heißt Franz Kafka, und „mit seinen fast schwarzen Augen und den abstehenden Ohren sieht er ein bisschen aus wie eine traurige Fledermaus”. Außerdem ist er sehr blass, „fast gelblich im Gesicht”, denn die Tuberkulose hat im Herbst des Jahres 1923 seine Gesundheit schon fast völlig ruiniert.
Gerd Schneider bleibt in seinem Jugendroman Kafkas Puppe mit solchen Fakten möglichst nah an den historischen Tatsachen, sogar die Puppen-Briefe hat es nach Auskunft der Kafka-
Geliebten Dora Diamant gegeben. Doch sie sind alle verloren gegangen, und Schneider erfindet sie. So gehen die Leser mit der Puppe auf die Reise durch Phantasiewelten, per Ballon oder per Boot. Nicht nur die Puppe wächst an ihren Erlebnissen, sondern auch die Zuhörerin Lena, die diese briefliche Zuwendung mehr braucht, als Kafka in den gemeinsamen Mittagsstunden im Park je erfahren wird. Denn die Welten, aus denen er und das Mädchen kommen, berühren sich nur in diesen kurzen Momenten, in denen es um die Puppe geht und sonst nichts wichtig ist. Nicht die Mutter Krall, in deren privatem Heim das Waisenkind Lena untergebracht ist, nicht das karge Zimmer von Kafka und seiner Freundin, nicht die Husten- und Fieberanfälle, die ihn wenige Monate später endgültig bezwingen. Gerd Schneider zeichnet die verschiedenen Welten und ihren Berührungspunkt, die Parkbank neben dem Rhododendronbusch, mit viel Liebe zum Detail und einer sorgfältig durchgearbeiteten, atmosphärisch aufgeladenen Sprache. Die größte Kunstfertigkeit offenbart der Kafka-Experte jedoch in der Verknüpfung fiktiver und realer Elemente. Er zitiert nicht nur mal offen, mal versteckt Texte Kafkas, sondern erzählt nebenbei vom schwierigen Leben des Dichters, der kurz vor seinem Tod schließlich all seine Manuskripte verbrannte – nur seinem Freund Max Brod, der die Kopien gegen dessen Willen aufbewahrte, ist zu verdanken, dass er heute als einer der wichtigsten deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts gilt.
Schneiders Annäherung zeigt einen Menschen Kafka, der ein bisschen wunderlich, aber doch sehr sympathisch erscheint, und einen Schriftsteller Kafka, der sich damit abfinden muss, nicht verstanden zu werden – nicht einmal von seiner Freundin Dora. Kafka wird dadurch greifbarer, der Kosmos seines Denkens verständlicher als bei der bloßen Schullektüre seiner Texte; Kafkas Puppe ist dazu eine gute Ergänzung. Und auch wenn diese Geschichte in der Realität kein gutes Ende findet – in der Phantasie schon. Denn die Welt ist ein Traum und der Traum ist die Welt, und reisende Puppen gehören da unbedingt dazu. (ab 14 Jahre) ANTJE WEBER
GERD SCHNEIDER: Kafkas Puppe. Arena Verlag 2008. 218 Seiten, 12,95 Euro.
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