Nach den spektakulären Ausflügen der Vorgängerromane in die BilderweltenCaravaggios und de Sades kehrt Christoph Geiser 1995 zu seinem autobiographischenStoff zurück und schreibt mit Kahn, Knaben schnelle Fahrt seinen Comingof-Age-Roman, seine ganz persönliche »éducation sentimentale«. In der neuenWohnung der Mutter, einem Zuhause, das nicht mehr das seine ist, begegnet derErzähler sich selbst als Kind: der Fotografie eines 14-Jährigen mit großen, abstehendenOhren und störrisch verstörtem Blick. Wie es zu diesem Portrait gekommenist, weiß er nicht mehr. Aber er erinnert sich an den Jungen, der er damalswar: ein hilfloser Außenseiter mit philosophischen Neigungen und sexuellenNöten, ein Kind mit der fixen Idee, in ein Kloster einzutreten, um der Familie zuentkommen. Diese Reise ins Kloster, wohin ihn der Vater schließlich widerwilligfuhr, wird zum Angel- und Wendepunkt der Geschichte. Aus dem Abstand vondreißig Jahren wiederholt der Erzähler jene Reise, begleitet sein Alter Ego nocheinmal ins Kloster und erfindet dem Kind, das er war, eine neue Biographie. Mitzärtlicher Ironie versucht er, die Verschlossenheit des Knaben aufzubrechen, ihmMentor und Mephisto zu sein, der ihn wegführt von den Müttern und spielerischeinführt in Sexualität und Erotik.