Ausgezeichnet mit dem LUCHS im März 2023: Zoran Drvenkar über die besondere Beziehung eines Jungen zu seinem Großvater. Ein zeitloser, berührend erzählter Generationenroman
Kai und sein Opa sind Kumpel, Kameraden und beste Freunde. Vor allem aber ist Opa Kais größter Held. Doch Opa beginnt langsam zu vergessen - wer er selbst ist und wer sein Enkel ist. Kai muss etwas unternehmen, um seinen Opa nicht zu verlieren! Und so reist er mit ihm in die Vergangenheit. Indem er Opa mitnimmt in dessen Jugend- und Kriegsjahre, hofft er, seine Erinnerung wachrufen zu können, um so seinen Opa zurückzugewinnen. Doch nach und nach erkennt Kai, dass Opas Leben gar nicht so heldenhaft war, wie er es seinem Enkel immer berichtet hat. In eindringlicher und mitreißender Sprache erzählt Zoran Drvenkar eine hoffnungsvolle und ehrliche Geschichte über die ganz besondere Beziehung des elfjährigen Kai zu seinem Großvater.
Kai und sein Opa sind Kumpel, Kameraden und beste Freunde. Vor allem aber ist Opa Kais größter Held. Doch Opa beginnt langsam zu vergessen - wer er selbst ist und wer sein Enkel ist. Kai muss etwas unternehmen, um seinen Opa nicht zu verlieren! Und so reist er mit ihm in die Vergangenheit. Indem er Opa mitnimmt in dessen Jugend- und Kriegsjahre, hofft er, seine Erinnerung wachrufen zu können, um so seinen Opa zurückzugewinnen. Doch nach und nach erkennt Kai, dass Opas Leben gar nicht so heldenhaft war, wie er es seinem Enkel immer berichtet hat. In eindringlicher und mitreißender Sprache erzählt Zoran Drvenkar eine hoffnungsvolle und ehrliche Geschichte über die ganz besondere Beziehung des elfjährigen Kai zu seinem Großvater.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Cornelia Geissler wünscht sich Eltern und Großeltern, die junge Leser an die Hand nehmen beim Lesen von Zoran Drvenkars Geschichte um Erinnerung und Kriegserfahrungen. Wie das Bild eines Großvaters und dessen Erinnerung sich durch die klugen Fragen des Enkels verwandelt, davon erzählt das Buch, das laut Geissler ursprünglich als Theaterstück konzipiert wurde, auf kluge wie kunstvolle Weise. Den Dialog im Buch können Leser bzw. Vorleser gut nachempfinden, glaubt Geissler.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.03.2023Ich bin dein Gedächtnis
Zoran Drvenkar schickt Kai in den Krieg
Es gibt genug Warnungen. Ganz deutliche. Wobei man das Bedrohliche eines Satzes wie "Die Welt ist, wie sie ist" vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennt. Und dass die Behauptung, das Leben sei unberechenbar, vielleicht sogar ein Trost sein kann, leuchtet auch nicht jedem auf Anhieb ein. Aber wenn das so ist, dann ist auch alles möglich. Sogar, dass Kai, der elf Jahre alt ist, mit seinem Großvater, der schon 100 ist, in einen Krieg zieht, den der Opa 80 Jahre zuvor als Soldat erlebte.
Kai ist ein kluger Junge, deshalb ist ihm schon lange klar, dass ein Teil seines Opas seit Jahrzehnten im Krieg feststeckt. Der originelle Großvater, der Bücher liebt und von einem indischen Kriegskameraden Yoga gelernt hat, ist offenbar traumatisiert. Hat aber dem Enkel immer wieder Heldentaten als seine Kriegserlebnisse erzählt, von Gefechten ohne einen einzigen Toten, von gelungenen Fluchten und von einem glorreichen Moment, in dem der damals junge Großvater mutig vor General und Politik trat, Frieden forderte - und bekam. Alles Lügen, man weiß das als Leser sofort. Nur Kai wusste es nicht, noch nicht.
Seine Aufgabe ist im Grunde eine andere, die mit einem Thema zu tun hat, das im Kinderbuch seit etlichen Jahren Konjunktur hat: Demenz. Nach Büchern wie Martin Baltscheits Bilderbuch "Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor", Tamara Bos' "Romys Salon" oder Milan Gathers Erfolgsstück "Oma Monika - was war" verbindet Zoran Drvenkar seine Erzählung aus dem Krieg mit dem Gedächtnisverlust des Großvaters. Denn sein Enkel tut, was der Titel verrät: "Kai zieht in den Krieg und kommt mit Opa zurück". Eine Art Therapieversuch durch Reenactment, eine Phantasiereise mit dem dementen Großvater. Kai, der zu Opa sagt: "Ich bin dein Gedächtnis", ist in diesem Fall der Soldat an Opas Platz. Und erfährt bis zum bittersten Moment, wie der Krieg in Wahrheit gewesen ist. Nicht nur der Titel und die einleitenden Merksätze vor manchen Kapiteln markieren überdeutlich, dass es hier um sehr ernste Dinge geht. Es wird geschossen und gestorben in diesem Buch, und das wirkt umso grausiger, als mittlerweile seit einem guten Jahr in nächster Nähe zu uns geschossen und gestorben wird.
Der Berliner Autor Zoran Drvenkar, Jahrgang 1967 und Autor von Büchern für Erwachsene wie auch für Kinder und Jugendliche, hat sich noch nie vor schwierigen Themen gedrückt. Das ist auch diesmal so, und nicht nur die Warnsätze wie "In dieser Geschichte wird es drei solcher schlimmer Momente geben" legen den Lesern nahe, mit der Geschichte vorsichtig umzugehen. So vorsichtig wie mit der Handgranate, die auch vorkommt.
Das Explosive von Drvenkars Roman wiederum liegt sicher darin, so sachlich wie poetisch zugleich über Krieg schreiben zu wollen - und davon, dass am Ende der General türmt, die Politiker sich drücken und die Soldaten tot sind oder ihr Leben lang Angst und Schuldgefühle mit sich tragen. Der allwissende Erzähler, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft übersieht, weiß auch, dass dieser Krieg ein überörtlicher, überzeitlicher ist, der da erzählt wird. Es könnte jeder Krieg sein. Die Toten, die Gefangenen, die Brutalität und der Hunger aber sind in dieser Schilderung sehr konkret. Da helfen die rückversichernden Sätze nicht viel, auch nicht diejenigen, die immer wieder verdeutlichen, dass eine Gedankenreise stattfindet - schwarz auf weiß ist es hart, was da erzählt wird. Beim Lesen wünscht man sich unweigerlich ein anderes Medium für diese Geschichte, einen Film, eine Performance, um das, was die Worte allein nicht vermögen, gestisch und bildlich sichtbar zu machen.
Insofern ist es nicht erstaunlich, dass Kai zuerst auf der Bühne in den Krieg zog: Das Grips Theater hatte in der Pandemie im März 2021 die Uraufführung des Stoffs als Stream herausgebracht. In der Erzählfassung aber gelingt es bei aller Sorgsamkeit nicht überzeugend, den Schrecken des Krieges im Spielerischen oder in der Poesie zu bergen. EVA-MARIA MAGEL
Zoran Drvenkar: "Kai zieht in den Krieg und kommt mit Opa zurück." Roman.
Hanser Verlag, München 2023. 160 S., geb., 17,- Euro. Ab 11 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zoran Drvenkar schickt Kai in den Krieg
Es gibt genug Warnungen. Ganz deutliche. Wobei man das Bedrohliche eines Satzes wie "Die Welt ist, wie sie ist" vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennt. Und dass die Behauptung, das Leben sei unberechenbar, vielleicht sogar ein Trost sein kann, leuchtet auch nicht jedem auf Anhieb ein. Aber wenn das so ist, dann ist auch alles möglich. Sogar, dass Kai, der elf Jahre alt ist, mit seinem Großvater, der schon 100 ist, in einen Krieg zieht, den der Opa 80 Jahre zuvor als Soldat erlebte.
Kai ist ein kluger Junge, deshalb ist ihm schon lange klar, dass ein Teil seines Opas seit Jahrzehnten im Krieg feststeckt. Der originelle Großvater, der Bücher liebt und von einem indischen Kriegskameraden Yoga gelernt hat, ist offenbar traumatisiert. Hat aber dem Enkel immer wieder Heldentaten als seine Kriegserlebnisse erzählt, von Gefechten ohne einen einzigen Toten, von gelungenen Fluchten und von einem glorreichen Moment, in dem der damals junge Großvater mutig vor General und Politik trat, Frieden forderte - und bekam. Alles Lügen, man weiß das als Leser sofort. Nur Kai wusste es nicht, noch nicht.
Seine Aufgabe ist im Grunde eine andere, die mit einem Thema zu tun hat, das im Kinderbuch seit etlichen Jahren Konjunktur hat: Demenz. Nach Büchern wie Martin Baltscheits Bilderbuch "Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor", Tamara Bos' "Romys Salon" oder Milan Gathers Erfolgsstück "Oma Monika - was war" verbindet Zoran Drvenkar seine Erzählung aus dem Krieg mit dem Gedächtnisverlust des Großvaters. Denn sein Enkel tut, was der Titel verrät: "Kai zieht in den Krieg und kommt mit Opa zurück". Eine Art Therapieversuch durch Reenactment, eine Phantasiereise mit dem dementen Großvater. Kai, der zu Opa sagt: "Ich bin dein Gedächtnis", ist in diesem Fall der Soldat an Opas Platz. Und erfährt bis zum bittersten Moment, wie der Krieg in Wahrheit gewesen ist. Nicht nur der Titel und die einleitenden Merksätze vor manchen Kapiteln markieren überdeutlich, dass es hier um sehr ernste Dinge geht. Es wird geschossen und gestorben in diesem Buch, und das wirkt umso grausiger, als mittlerweile seit einem guten Jahr in nächster Nähe zu uns geschossen und gestorben wird.
Der Berliner Autor Zoran Drvenkar, Jahrgang 1967 und Autor von Büchern für Erwachsene wie auch für Kinder und Jugendliche, hat sich noch nie vor schwierigen Themen gedrückt. Das ist auch diesmal so, und nicht nur die Warnsätze wie "In dieser Geschichte wird es drei solcher schlimmer Momente geben" legen den Lesern nahe, mit der Geschichte vorsichtig umzugehen. So vorsichtig wie mit der Handgranate, die auch vorkommt.
Das Explosive von Drvenkars Roman wiederum liegt sicher darin, so sachlich wie poetisch zugleich über Krieg schreiben zu wollen - und davon, dass am Ende der General türmt, die Politiker sich drücken und die Soldaten tot sind oder ihr Leben lang Angst und Schuldgefühle mit sich tragen. Der allwissende Erzähler, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft übersieht, weiß auch, dass dieser Krieg ein überörtlicher, überzeitlicher ist, der da erzählt wird. Es könnte jeder Krieg sein. Die Toten, die Gefangenen, die Brutalität und der Hunger aber sind in dieser Schilderung sehr konkret. Da helfen die rückversichernden Sätze nicht viel, auch nicht diejenigen, die immer wieder verdeutlichen, dass eine Gedankenreise stattfindet - schwarz auf weiß ist es hart, was da erzählt wird. Beim Lesen wünscht man sich unweigerlich ein anderes Medium für diese Geschichte, einen Film, eine Performance, um das, was die Worte allein nicht vermögen, gestisch und bildlich sichtbar zu machen.
Insofern ist es nicht erstaunlich, dass Kai zuerst auf der Bühne in den Krieg zog: Das Grips Theater hatte in der Pandemie im März 2021 die Uraufführung des Stoffs als Stream herausgebracht. In der Erzählfassung aber gelingt es bei aller Sorgsamkeit nicht überzeugend, den Schrecken des Krieges im Spielerischen oder in der Poesie zu bergen. EVA-MARIA MAGEL
Zoran Drvenkar: "Kai zieht in den Krieg und kommt mit Opa zurück." Roman.
Hanser Verlag, München 2023. 160 S., geb., 17,- Euro. Ab 11 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Zoran Drvenkars Geschichte über den Krieg, die Angst und die Liebe zum Leben zählt zu den tiefsinnigsten Kinderbüchern der letzten Jahre, realisiert als Dialog zwischen Enkel und Opa: eine Reise in der Fantasie, die sich wie ein Abenteuer liest." Kirstin Breitenfellner, Falter, 09.06.2023
"Einer meiner Favoriten aus den Neuerscheinungen des Frühjahrs!" Katrin Hörnlein, ZEIT-Newsletter "Freunde der ZEIT", 26.05.2023
"Ein wunderbares Buch über die Macht der Großeltern, das, was sie einem Enkelkind geben können, wie sie es prägen und stärken können... Zoran Drvenkar hat es wirklich einfach drauf. Er ist ... einer der tiefsinnigsten Kinder- und Jugendbuchautoren die es gerade gibt. Sein Roman ist wirklich sehr, sehr eindringlich, eine Hommage an das, was Großeltern und Enkel für eine Beziehung haben können und was diese ausmacht. Dieses Buch über Demenz strahlt tatsächlich aus der Masse heraus." Kim Kindermann, Buchkritik Deutschlandfunk Kultur, 23.05.2023
"Bemerkenswert ist nicht nur diese Geschichte selbst, sondern wie Drvenkar sie gestaltet: als einen rasanten poetischen Trip durch Erinnerungen, Flashbacks und Imaginationen, in dem die Grenze zwischen Realität und Traum, Wirklichkeit und Vorstellung so durchlässig ist wie im Kopf des dementen alten Mannes und in der kindlichen Fantasie seines Enkels." Christian Staas, Die Zeit, 02.03.2023
"Ein berührender Roman, der nicht nur von der Sinnlosigkeit und dem Schrecken des Krieges erzählt, sondern auch von der Auswirkung einer Demenz und von einer besonderen Beziehung zwischen Großvater und Enkel. Sehr empfehlenswert - besonders auch in der jetzigen Zeit." Ursula Bauer, Forum Lesen Nord im BLLV - Mittelfranken, 13.11.2023
"Einer meiner Favoriten aus den Neuerscheinungen des Frühjahrs!" Katrin Hörnlein, ZEIT-Newsletter "Freunde der ZEIT", 26.05.2023
"Ein wunderbares Buch über die Macht der Großeltern, das, was sie einem Enkelkind geben können, wie sie es prägen und stärken können... Zoran Drvenkar hat es wirklich einfach drauf. Er ist ... einer der tiefsinnigsten Kinder- und Jugendbuchautoren die es gerade gibt. Sein Roman ist wirklich sehr, sehr eindringlich, eine Hommage an das, was Großeltern und Enkel für eine Beziehung haben können und was diese ausmacht. Dieses Buch über Demenz strahlt tatsächlich aus der Masse heraus." Kim Kindermann, Buchkritik Deutschlandfunk Kultur, 23.05.2023
"Bemerkenswert ist nicht nur diese Geschichte selbst, sondern wie Drvenkar sie gestaltet: als einen rasanten poetischen Trip durch Erinnerungen, Flashbacks und Imaginationen, in dem die Grenze zwischen Realität und Traum, Wirklichkeit und Vorstellung so durchlässig ist wie im Kopf des dementen alten Mannes und in der kindlichen Fantasie seines Enkels." Christian Staas, Die Zeit, 02.03.2023
"Ein berührender Roman, der nicht nur von der Sinnlosigkeit und dem Schrecken des Krieges erzählt, sondern auch von der Auswirkung einer Demenz und von einer besonderen Beziehung zwischen Großvater und Enkel. Sehr empfehlenswert - besonders auch in der jetzigen Zeit." Ursula Bauer, Forum Lesen Nord im BLLV - Mittelfranken, 13.11.2023