INTERVIEW
„Kaiserwald“ ist kein Thriller im klassischen Sinne, sondern eher eine besonders spannende Familiengeschichte. Was macht „Kaiserwald“ für Sie zum Kriminalroman? „Kaiserwald“ und der zweite Band der Dilogie, „Sonnenwende“ enthalten typische Krimielemente: einen aufklärerischen Spannungsbogen mit einer ermittelnden Person, Geheimnisse in der Vergangenheit und in der Gegenwart, das spurlose Verschwinden eines Menschen und – tatsächlich – gleich mehrere Verbrechen …
Gibt es Vorbilder für diese Art, über ein Verbrechen und seine Folgen zu erzählen, Inspirationen? Seit meinem Roman „Herbstvergessene“ erzähle ich mehrperspektivisch und auf verschiedenen Zeitebenen. So geht es in fast all meinen Büchern um ein Geheimnis in der Vergangenheit, um Dinge, die verborgen bleiben sollen, oft in Familien. Da bietet diese Erzählweise die Möglichkeit, tief in das Leben der Protagonisten einzutauchen, den Leser ganz nah an sie
heranzuführen, um so aufzuzeigen, wie sie in gewisse Zwangslagen geraten sind.
Es gibt zwei Zeitlinien in „Kaiserwald“: Die eine spielt 1997 in Riga, die andere 2023 in Berlin. In Riga verschwand…mehr INTERVIEW
„Kaiserwald“ ist kein Thriller im klassischen Sinne, sondern eher eine besonders spannende Familiengeschichte. Was macht „Kaiserwald“ für Sie zum Kriminalroman?
„Kaiserwald“ und der zweite Band der Dilogie, „Sonnenwende“ enthalten typische Krimielemente: einen aufklärerischen Spannungsbogen mit einer ermittelnden Person, Geheimnisse in der Vergangenheit und in der Gegenwart, das spurlose Verschwinden eines Menschen und – tatsächlich – gleich mehrere Verbrechen …
Gibt es Vorbilder für diese Art, über ein Verbrechen und seine Folgen zu erzählen, Inspirationen?
Seit meinem Roman „Herbstvergessene“ erzähle ich mehrperspektivisch und auf verschiedenen Zeitebenen. So geht es in fast all meinen Büchern um ein Geheimnis in der Vergangenheit, um Dinge, die verborgen bleiben sollen, oft in Familien. Da bietet diese Erzählweise die Möglichkeit, tief in das Leben der Protagonisten einzutauchen, den Leser ganz nah an sie heranzuführen, um so aufzuzeigen, wie sie in gewisse Zwangslagen geraten sind.
Es gibt zwei Zeitlinien in „Kaiserwald“: Die eine spielt 1997 in Riga, die andere 2023 in Berlin. In Riga verschwand eine Frau, Rebecca. Sowohl sie als auch ihre Tochter Penelope erzählen ihre Geschichte. Aber es gibt noch mehr Erzählende, etwa Mathilda. Wer ist Mathilda, und was hat sie vor?
Mathilda ist eine ehemalige Offizierin der Gebirgsjäger, die eine andere Identität annimmt, um sich Zugang zu einer mächtigen Familie zu verschaffen. Warum sie das tut, ist Teil der Spannungshandlung und wird erst am Ende der Geschichte aufgedeckt.
Penelope wächst nach dem Verschwinden der Mutter bei den Großeltern auf. Und sie hat HSAM, das heißt, sie erinnert sich an jeden Tag und an das, was an diesem Tag geschah, gesagt wurde etc. Welche Rolle spielt das für die Geschichte?
Wenn eine Person sich an jeden einzelnen Tag ihres Lebens erinnert, bedeutet das für sie, Zugriff zu haben auf eine unerschöpfliche Flut an Einzelinformationen. Für einen Menschen mit einem durchschnittlichen Gedächtnis ist es unvorstellbar, sich daran zu erinnern, was er beispielsweise am 5. Dezember 2003 zum Frühstück gegessen hat oder ob er an diesem Tag eine blaue oder eine braune Hose trug oder was in den Nachrichten lief. Wenn sich jemand jedoch an all das erinnert, ist er im Gespräch mit anderen viel schneller in der Lage, die Richtigkeit bestimmter Aussagen zu beurteilen beziehungsweise Querverbindungen zu anderen Informationen herzustellen. Letztlich wird Penelope das Rätsel um das Verschwinden ihrer Mutter mit Hilfe ihres außergewöhnlichen Gedächtnisses lösen können …
Mathilda hat eine Rechnung offen mit einer sehr reichen Familie. Sie versucht, über den Sohn Falk an die von Prokhoffs heranzukommen. Aber dann verliebt sie sich in Falk. War diese Liebe von Anfang an Ihr Plan als Autorin?
Ein Roman lebt ja in erster Linie von Konflikten, äußeren und inneren. Geschichten, in denen alles glatt läuft, will keiner lesen, ich auch nicht. In diesem Fall drängte sich mir diese Against-all-odds-Liebesgeschichte zwischen Mathilda und Falk förmlich auf. Durch die Gefühle, die Mathilda für Falk entwickelt, gerät sie zusehends in ein moralisches Dilemma, das sich nur lösen ließe, indem sie ihre wahre Identität preisgibt, was sie aber nicht tun kann, da sie ja ein bestimmtes Ziel verfolgt.
Das Verschwinden von Menschen, der Umgang mit diesem Verlust, mit der Ungewissheit, ist ein großes Thema im Buch. Aber es geht auch um ein sehr spezielles Dorf, Trīs Liepas. Was für ein Ort ist das?
Bei Trīs Liepas handelt es sich um ein fiktives, stiftungsfinanziertes Ökodorf, das Aussteigern die Möglichkeit bietet, ein nachhaltiges, entschleunigtes Leben zu führen im Einklang mit der Natur.
„Sonnenwende“, so heißt der zweite Teil der Familiengeschichte. Das Buch erscheint im Oktober 2024. Verraten Sie uns ein wenig, wie es hier weitergeht?
In „Sonnenwende“ verschärft sich Mathildas emotionale Zwickmühle, die Against-all-odds-Lovestory nimmt noch ein bisschen an Fahrt auf, und wir begleiten Mathilda nach Riga und in eben jenes Ökodorf Trīs Liepas, wo sie tiefer in die Machenschaften der von Prokhoffs gerät. Den Rest sollten Sie lieber selbst lesen ...
Interview: Literaturtest, 2024