Der vorliegende Band unternimmt einen Ausblick auf die historische, psychologische, philosophische, psychoanalytische, kulturtheoretische, soziologische Forschung zum »stillen Affekt« Scham. Vor dem Hintergrund der kulturellen Pluralisierungsprozesse der letzten Dekaden kann so herausgearbeitet werden, inwiefern die gegenwärtige politische Spaltung der spätneoliberalen Gesellschaften des Westens auf einer Ressentiment-Ökonomie basiert, die auf die desintegrierende Rolle verweigerter Anerkennung und politisch instrumentalisierter Beschämung verweist.Der theoretische Rückgriff auf den innerpsychisch-vorbewusst prozessierten Scham-Apparat ersetzt oder ergänzt klassisch-ökonomiebasierte und alternative affektbasierte Erklärungsansätze um Angst und Wut, letztlich allesamt Neuauflagen von Thesen der 1920er und 30er Jahre; fragwürdige Annahmen von angeblichen Abstiegsängsten einer ominösen »Mitte« beziehungsweise einer »Protestwahl«, von renitenten Gelbwesten o. Ä., aber auch vom Nutzender Beschämung im Zuge gegenwärtiger Klimadebatten werden präzisiert.