10 Die sich intensivierende Kreativitätsforschung der letzten 20 Jahre hat hingegen gezeigt, dass sich die skizzierte Position empirisch kaum rechtfer- gen lässt: Die Fähigkeit zur Kreativität gehört zur kognitiven Grundausstattung des Menschen. Kreative und nicht-kreative Menschen unterscheiden sich - diglich in der unterschiedlichen Nutzungsintensität des kognitiven Inst- mentariums. Kreativität ist ein im hohen Maße sozialer Prozess, der über die Umweltbedingungen, die Handlungsmöglichkeiten und -beschränkungen in sozialen Situationen mitbestimmt wird. Rational sind der kreative Prozess und die damit verbundenen Handlungen deshalb, weil Menschen Routi- wege erst verlassen, wenn neue und damit unter Umständen kreative Ha- lungswege einen höheren Nutzen im Sinne einer Wohlbefindenssteigerung für die Akteure mit sich bringen. Mit dieser neuen Sichtweise ergeben sich Anknüpfungspunkte für die - zialwissenschaften. Wenn kreative Leistungen auch von Handlungsbeschr- kungen und -möglichkeiten in sozialen Situationen und damit von sozialen Strukturierungen und Institutionen abhängen, dann sollte es möglich sein, institutionelle Arrangements zu finden, die zu einem höheren Output krea- ver Leistungen führen oder diese Leistungen zumindest begünstigen. Krea- vität entsteht in einem sozialen Prozess, der vom institutionellen Gefüge m- bestimmt wird. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird sich zeigen, ob die vorliegenden - kenntnisse aus der Kreativitätsforschung robust genug sind, um Kreativität als ein komplexes soziales Phänomen zu erklären und darüber hinaus Rü- schlüsse auf die Konstruktion kreativitätsfreundlicher sozialer Regelsysteme zu ermöglichen. Damit ist durchaus gemeint, Soziales auf der Grundlage d- ser Erkenntnisse aktiv mit dem Ziel eines höheren kreativen Outputs zu g- talten.