7. September Immer wieder auf der Suche nach Bildern für mein indisches Notizbuch aus dem Fenster des Restaurants schauend, an einer Hausmauer auf einen übergroßen Bildschirm blickend, auf dem als Werbung für "Tata Sky" ein Inder mit einem Besen in einer langen Straße auf dem Boden liegende Augengläser zu einem zwei Meter hohen Haufen zusammenkehrt und schließlich in einen großen Müllbehälter hineinschaufelt, kam mir wieder das Bild vor Augen, als ich gestern in der Nähe des Hotels am Zebrastreifen über die Straßen gegangen war und Angst gehabt hatte, zwischen den links und rechts an mir vorbeiflitzenden Autos, die mich in ein kleines, mir noch am Asphalt verbleibendes Dreieck hineinschnitten, überfahren und zerdrückt zu werden, ich am liebsten zu weinen begonnen hätte und mich schon darauf - immer wieder auf die auf mich zufahrenden Autos starrend - eingestellt hatte, zu versuchen, bevor mir ein Auto über die Füße fährt, auf das Heck eines Autos zu springen, mich an der Windschutzscheibe bei den Scheibenwischern festzuhalten, um nicht überfahren und verkrüppelt zu werden. Die Autofahrer sind in Kalkutta den Fußgängern gegenüber vollkommen rücksichtslos, an keinem Zebrastreifen, oft auch an einer grünen Ampel nicht, kann man sicher und geschützt über die Straße gehen. Als ich vor ein paar Tagen in Europa anrief und meinem zehnjährigen Sohn Kasimir von meinen Angstzuständen erzählte, die Worte gebrauchte: "Es geht mir schlecht!", antwortete er: "Laß es dir gutgehen!" Die dreijährige Siri, die ebenfalls mitbekommen hatte, dass es mir in diesen ersten Tagen in Kalkutta nicht gutgeht, sagt "Babu soll kommen!" und legt sich immer wieder in mein. Christina sagte, dass sie das Bett während meines Kalkutta-Aufenthaltes nicht frisch überziehen werde.