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In München und Umgebung werden junge Frauen vergewaltigt und umgebracht. Josef Kalteis ist verhaftet worden, aber gehen wirklich alle Verbrechen auf sein Konto? Wurde vielleicht der Falsche hingerichtet und der Mörder läuft immer noch frei herum? Gebannt verfolgt der Leser die Geschichte der Frauen, insbesondere die der jungen Kathie, die ihr Dorf verlassen hat und in München gelandet ist: zwischen ihrer hoffnungsfrohen, naiven Suche nach dem Glück und konkreten existenzielle Sorgen, zwischen Gelegenheitsprostitution und der ersehnten großen Liebe braut sich das Unheil zusammen. Der Hergang…mehr

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Produktbeschreibung
In München und Umgebung werden junge Frauen vergewaltigt und umgebracht. Josef Kalteis ist verhaftet worden, aber gehen wirklich alle Verbrechen auf sein Konto?
Wurde vielleicht der Falsche hingerichtet und der Mörder läuft immer noch frei herum?
Gebannt verfolgt der Leser die Geschichte der Frauen, insbesondere die der jungen Kathie, die ihr Dorf verlassen hat und in München gelandet ist: zwischen ihrer hoffnungsfrohen, naiven Suche nach dem Glück und konkreten existenzielle Sorgen, zwischen Gelegenheitsprostitution und der ersehnten großen Liebe braut sich das Unheil zusammen.
Der Hergang der Morde erschließt sich aus Vernehmungsprotokollen, Zeugenaussagen und Vermisstenanzeigen. Aber auch die Opfer und der Täter kommen zu Wort, so dass man bis ins Detail die Gedanken des Mörders verfolgt und Angst und Widerstand der Frauen miterlebt. Nach dem großen Erfolg ihres Debüts Tannöd erweist sich Andrea Maria Schenkel mit ihrem zweiten Roman als Meisterin des Genres. Auch diesem Kriminalroman liegt ein authentischer Fall zugrunde, den die Autorin stilsicher bearbeitet: Johann Eichhorn wurde 1939 wegen vielfacher Vergewaltigung und Mord in München in einem Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet.
Autorenporträt
Andrea Maria Schenkel ist 44 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei Kindern. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Regensburg. Der Bestseller Tannöd war ihr erster Roman. Dafür erhielt sie den Friedrich-Glauser-Preis 2007.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.08.2007

Neue Morde
Andrea Maria Schenkel hat ihren zweiten Krimi geschrieben: "Kalteis"

Hat sie Angst gehabt vor dem zweiten Buch? Andrea Maria Schenkel zuckt mit den Schultern. "Angst?" Einen Moment überlegt sie, nippt an der Kaffeetasse. "Das mag jetzt eingebildet klingen, aber Angst vor dem zweiten Buch hatte ich nach dem Erfolg von ,Tannöd' nicht." Mit ihrem Debüt-Kriminalroman "Tannöd" ist der 45-jährigen Hausfrau und Mutter von drei Kindern eine der großen literarischen Überraschungen der letzten Jahre gelungen. Schenkel, die zuvor nie irgendwo eine Zeile veröffentlicht hatte, schrieb einen Krimi, der bis heute Kritiker und Leser begeistert. Sie bekam den Deutschen Krimi-Preis, den "Glauser" für den besten Debüt-Krimi, der wochenlang auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste stand: Ende Januar 2006 erschien das Buch, bis heute hat die kleine Hamburger Edition Nautilus mehr als 250 000 Exemplare verkauft.

Schenkel wäre nicht die erste Autorin, die nach einem aufsehenerregenden Debüt schnell wieder in der Versenkung verschwände. Woher nimmt sie das Selbstbewusstsein, ihren Erfolg mit dem zweiten Buch wiederholen zu können? Kann jemand, der immer fernab des literarischen Betriebs gelebt hat, ein solches Ausnahmetalent sein? Schenkel wollte Literaturwissenschaft studieren, durfte aber nicht. Sie hat nie einen Kurs über kreatives Schreiben besucht. Und doch bescheinigten ihr die Krimi-Kritiker schon in ihrem Erstling eine "schnörkellose Prosa mit selten erzählerischer Wucht". Ein Meisterwerk, riefen sie. Ein Geniestück.

Schenkel schrieb ihren ersten Roman heimlich. Abends, wenn die Kinder schon im Bett lagen, zog sie sich in ihr Arbeitszimmer im Obergeschoss des Hauses in Nittendorf bei Regensburg zurück. Ihr Mann lernte damals gerade für die Facharztprüfung. Hat sie Vorbilder, an denen sie sich orientiert? Wieder schüttelt sie den Kopf. Sie hält sich einfach an das, was schon die amerikanische Krimi-Autorin Patricia Highsmith Nachwuchsautoren mit auf den Weg gab: "Die Geschichte muss mir Spaß machen. Die erste Leserin, der der Roman gefällt, bin ich."

Tod des Frauenmörders.

In dieser Woche wird nun "Kalteis", der neue Kriminalroman von Andrea Maria Schenkel, in die Buchhandlungen kommen. Die Startauflage liegt bei 50 000. Der Verlag rechnet wieder mit einem Erfolg. Bislang galt bei der Edition Nautilus schon eine Auflage von 3000 als gut. Wie schon in "Tannöd" nimmt sich Schenkel auch in ihrem neuen Krimi wieder einen authentischen Fall zum Vorbild. Damals war es der Mord an einer Bauernfamilie auf einem bayerischen Einödhof. Im neuen Krimi ist der Vergewaltiger und Frauenmörder Johann Eichhorn Vorlage für den Mörder Josef Kalteis. Eichhorn wurde 1939 in München hingerichtet. "Dauer der Hinrichtung vom Betreten des Gefängnishofes bis zur Exekution durch die Fallschwertmaschine: 17 Sekunden", heißt es in "Kalteis".

Dass sie sich einen authentischen Kriminalfall als Vorlage nimmt, gibt Schenkel die Sicherheit, für ihren Krimi zumindest einen interessanten Stoff gefunden zu haben. "Ich hätte sonst Angst vor meiner eigenen Courage gehabt", sagt sie. Auch in "Kalteis" hält sie sich wieder eng an die Vernehmungsprotokolle der Kriminalpolizei und die Dokumente des Gerichts. Es ist eine Montage von Aktennotizen, Verhörprotokollen, Monologen und erzählenden Passagen. Einen eigenen Plot, eine Geschichte erzählen, die der eigenen Phantasie entspringt, ist nicht Schenkels Sache.

Und doch gibt es einen Unterschied zum Debüt: Mit Kathie, dem letzten Opfer des Frauenmörders Kalteis, schafft die Krimi-Preisträgerin dieses Mal einen eigenen Charakter. Nicht der Mörder, sondern sie ist die zentrale Figur. "Bei Kathie stimmen nur kleine Teile mit den wirklichen Opfern überein." Kathie ist das genaue Gegenteil von Kalteis: ein naives Mädchen aus der Provinz mit unerfüllten Träumen, wie für die Opferrolle geboren.

Schenkel spricht von ihren Romanen selbst als "Fingerübungen". "Die Bücher sind für mich Übungen, mich immer weiter freizuschreiben", sagt sie. Das tut sie in einem rasanten Tempo. Für "Tannöd" brauchte sie ein gutes halbes Jahr. Im Januar 2006, als ihr Erstling seinen Siegeszug gerade angetreten hatte, wuchs die Idee für das zweite Buch. Bis zum Sommer sichtete sie das Material. In drei Wochen Urlaub in Irland schrieb sie dann das Manuskript. "Ich musste hundert Euro für Übergepäck bezahlen, weil ich das gesamte Material für den Roman dabeihatte", erzählt sie. Zu Hause, von September bis Januar, hat sie das Manuskript Seite für Seite überarbeitet und dabei ihren Mann immer wieder um Rat gefragt. Als sie "Tannöd" schrieb, wagte sie noch nicht, ihm davon zu erzählen. Sie hatte Zweifel, er könnte sie nicht recht ernst nehmen, wenn sie ihm nach sechzehn Jahren Ehe überraschend eröffnete, sie müsse nun mal etwas für sich tun und schreibe an einem Kriminalroman.

Triebfedern des Bösen.

Schenkel selbst ist überzeugt von ihrem zweiten Buch. "Ich denke, dass es besser ist", sagt sie. Besser noch als der Bestseller "Tannöd". Wie dieser ist auch der neue Krimi in einer einfachen, bisweilen sogar schlichten Sprache geschrieben. "Lehrbuchrezepte interessieren mich nicht", sagt Schenkel. Vielleicht wirkt da noch die Enttäuschung nach, die sie empfand, als die großen Verlage ihr "Tannöd" einfach zurückschickten. Ein freundlicher Lektor gab der Debütautorin damals gleich noch ein paar Tipps: Zur richtigen Kriminalerzählung gehöre ein Detektiv. Ein Krimi brauche einen guten Plot, spannende Charaktere und einen gehörigen Schuss Humor.

Doch mit klassischen Detektivromanen konnte Schenkel nie viel anfangen. Sie schätzt die Whodunits angelsächsischer Krimi-Autoren nicht und fällt ein hartes Urteil über sie: "Detektivromane sind mir zu absehbar, deswegen interessieren sie mich als Leserin nicht." Das Muster der klassischen Detektivgeschichte, für die Arthur Conan Doyles Sherlock-Holmes-Geschichten lange Maßstab waren, ist einfach erzählt: Ein Verbrechen, zumeist ein Mord, geschieht und zerstört die Ordnung. Der Detektiv ermittelt. Am Ende klärt er den Fall auf. Das Gute siegt über das Böse. Die Ordnung ist wiederhergestellt. Schenkel hat den Krimi-Preis und den "Glauser" für das beste Debüt in diesem Jahr wohl auch deshalb erhalten, weil sie demonstrativ mit diesen Traditionen bricht.

Sie interessiert sich in ihren Kriminalerzählungen nicht für die Aufklärung, sondern für die Frage, warum der Böse böse wird. "Triebfedern, welche sich im gewöhnlichen Leben dem Auge des Beobachters verstecken, treten bei solchen Anlässen, wo Leben, Freiheit und Eigenthum auf dem Spiele steht, sichtbarer hervor, und so ist der Kriminalrichter im Stande, tiefere Blicke in das Menschenherz zu thun", schrieb Friedrich Schiller 1792 in seiner Vorrede zum "Pitaval", einer Sammlung bekannter Kriminalfälle. Schiller selbst hat mit seinem "Verbrecher aus verlorener Ehre" aus einem authentischen Fall ein großes Stück Kriminalliteratur gemacht. Schenkel steht mit ihren Erzählungen eher in dieser deutschen Tradition der Kriminalerzählung.

Kunst des Weglassens.

Auch "Kalteis" ragt deswegen aus der Produktion deutscher Krimi-Autoren heraus. Aber gerade wenn man sieht, in welcher Tradition sich Schenkel bewegen möchte, sieht man, wie weit ihr Weg noch ist. "Mich stört, dass in manchen Büchern einfach viel zu viel beschrieben, geschrieben und erläutert wird", sagt Schenkel und verteidigt ihre schlichte Erzählweise. "Die Kunst liegt im Weglassen. Die Geschichte muss auch im Kopf des Lesers stattfinden." Da ist etwas dran. Doch die Kunst liegt eben auch im Andeuten, darin, die Phantasie des Lesers anzuregen.

Für sie sei Sprache etwas sehr Melodisches, sagt Schenkel. "Deswegen lese ich die Texte oft auch laut. Da merkt man schnell, ob es an einer Formulierung hakt." Doch wie bekommt man Melodie in eine knappe, schlichte Sprache? Schenkel gelingt das in ihrem zweiten Buch nicht immer. "Eine ganz Nette hätte sie beim Hopfenzupfen im Spätjahr kennengelernt", lässt sie die Kathie sagen. "Nicht mehr zurück möchte sie." Und dann: Die Luft ist lau. "Auf eine Parkbank setzt sie sich." Schenkel spielt gern auf solche Art mit der Satzstellung, doch auf Dauer ermüdet das den Leser. Die reduzierte Sprache, die schlicht wirken soll, ruft immer wieder einen reichlich manirierten Eindruck hervor. Suchbewegungen beim Freischreiben führen eben nicht immer direkt zum Ziel.

Andrea Maria Schenkel sitzt in diesen Tagen, an denen "Kalteis" in die Buchhandlungen kommt, wieder in Irland am Computer und schreibt an ihrem nächsten Roman. Er soll deutlich umfangreicher ausfallen als die knappen Erzählungen, die sie bisher geschrieben hat. Dafür gibt es einen einfachen Grund: "Im dritten Buch, das ich spätestens zur Buchmesse 2009 fertighaben will, sind die Figuren komplett erfunden", kündigt sie an. Der Prozess des Freischreibens geht weiter.

CARSTEN GERMIS.

Andrea Maria Schenkel: "Kalteis", Edition Nautilus, 160 Seiten, 12,90 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Michael Rutschky druckst ziemlich herum, findet aber wohl Andrea Maria Schenkels zweiten Roman nicht so gut wie den ersten. Zunächst missfällt dem Rezensenten der wilde Wechsel der Erzählperspektiven. Rutschky hätte den objektiven Erzähler ganz herausgelassen und nur auf fiktive "O-Töne" wie Verhörprotokolle oder Zeugenaussagen gesetzt. Denn die objektive Ebene passe stilistisch nicht in die Konstruktion, ja sei sogar "Schlamperei". Ein paar Zeilen weiter attestiert er Schenkel für ihre literarische Anverwandlung des Falls des tatsächlichen Münchner Lustmörders Johann Eichhorn, der 90 Frauen vergewaltigte und fünf ermordete, dann aber wiederum "saubere Arbeit". Andererseits "hapert" es mit dem Aufbau, weil sich Schenkel bei der Schilderung der Grausamkeiten zurückhält, die der Rezensent aber eigentlich "gar nicht wissen" will. Ja was denn nun?

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