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Seit vielen Jahrzehnten zählt das Boxen in Deutschland zu den populärsten Sportarten. Der Kampf Mann gegen Mann polarisiert und fasziniert ein Millionenpublikum, lockt Filmsternchen ebenso an den Ring wie Intellektuelle. Erstmals wird in diesem Buch die aufregende Historie des deutschen Berufsboxens ausführlich erzählt: von den oft illegalen ersten Kämpfen der Jahrhundertwende über die Boomphasen der zwanziger und fünfziger Jahre bis zur mediengerechten Inszenierung der Profikämpfe von heute. Es geht um legendäre Sportler wie Hans Breitensträter, Max Schmeling, Bubi Scholz oder Henry Maske,…mehr

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Produktbeschreibung
Seit vielen Jahrzehnten zählt das Boxen in Deutschland zu den populärsten Sportarten. Der Kampf Mann gegen Mann polarisiert und fasziniert ein Millionenpublikum, lockt Filmsternchen ebenso an den Ring wie Intellektuelle. Erstmals wird in diesem Buch die aufregende Historie des deutschen Berufsboxens ausführlich erzählt: von den oft illegalen ersten Kämpfen der Jahrhundertwende über die Boomphasen der zwanziger und fünfziger Jahre bis zur mediengerechten Inszenierung der Profikämpfe von heute. Es geht um legendäre Sportler wie Hans Breitensträter, Max Schmeling, Bubi Scholz oder Henry Maske, aber auch um vergessene Boxer wie den Publikumsliebling 'Gipsy' Trollmann, der 1943 von den Nazis im KZ ermordet wurde. Und es geht um Originale wie den Kölner Peter Müller, genannt 'de Aap', der kurzerhand einen Ringrichter K.o. schlug. Ein Sportbuch der Extraklasse. Mit einem Lexikon der wichtigsten deutschen Boxer und ausführlicher Statistik.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2000

Der Lebenskampf, der auch Kaiser und Kommunisten faszinierte

Mit dem Buch "Kampftage" geht man gerne über die Runden. Zugegeben, die ersten Kapitel sind gehaltvoller als die letzten. Das mag auch an den Zeitläuften gelegen haben, als es noch einen Max Schmeling im Ring gab, Intelligenz und Künstlerkreise sich hingezogen fühlten oder später ein Unikum wie Peter "de Aap" Müller eine Show lieferte, die nicht vom Fernsehen inszeniert wurde. Bereits in den Hohenzollernbriefen Anfang des 19. Jahrhunderts findet sich folgende Nachricht von Prinz Wilhelm, dem späteren Kaiser Wilhelm I., an seine Schwester, nachdem er in London einen Boxkampf gesehen hatte: "Bochsen ist einzig!" Dem werden nicht einmal Boxskeptiker widersprechen.

Wer mag, kann aus dieser Geschichte des deutschen Berufsboxens, die es in dieser Gründlichkeit und Aktualität noch nicht gegeben hat, sogar Argumente für ein Verbot ableiten. Genauso wie Boxfreunde sich bestätigt sehen dürften, deren Vorliebe fürs Boxen einer Haßliebe gleichkommt. Das liegt, daran lassen die Autoren Knud Kohr und Martin Krauß keinen Zweifel, "vor allem an der Organisation des Sports: Die Weltverbände sind korrupt, die Ranglisten selbst für Fachleute nicht zu durchschauen, die Punktrichter fällen nicht selten Entscheidungen, die mehr mit den Interessen von Fernsehanstalten, Großpromotern und Managern zu tun haben als mit dem sportlichen Geschehen im Ring." Und dennoch geht von dieser Boxerei eine Anziehungskraft aus, für die sich seine Fürsprecher ständig rechtfertigen müssen. "Die Argumente gegen das Boxen sind zahlreich und nicht zu entkräften."

Begonnen hat dieses Gewerbe im Zirkus, wo es nach dem Urteil seiner strengsten Kritiker auf Dauer am besten aufgehoben wäre. Bis 1908 blieb seine Ausübung in der deutschen Öffentlichkeit verboten. Allerdings erging nie ein kaiserliches Gesetz; die Entscheidung über Erlaubnis oder Verbot der Veranstaltungen fällte jeweils der örtliche Polizeipräsident. Erst 1912 gründete sich ein "Deutscher Box-Verband". Acht Jahre nachdem Boxen zum ersten Mal olympisch war. Zum Erfolg wurde das Berufsboxen in den Zwanzigern, als in Deutschland jährlich bis zu 233 Kampfabende über die Bühne gingen. Die Zeitschrift "Der Querschnitt" hieß im Untertitel "Magazin für Kunst, Literatur und Boxsport". Im Gästebuch von "Schwannekes Weinstuben" in der Berliner Rankestraße reimte Schmeling: "Künstler, schenkt mir Eure Gunst, Boxen ist doch auch 'ne Kunst!" Längst gehörte nicht nur ihm die Bewunderung der Szene. Regisseur Fritz Kortners Ansichten vom Boxen sind von Schmeling überliefert: "Was sich im Ring tut, spiegelt das Leben. So erbarmungslos, so wütend, wie ihr aufeinander losgeht, so erbittert kämpfen alle ums Dasein. Das Boxen ist gar kein Sport! Es ist Lebenskampf, auf ein Dutzend Runden zusammengedrängt."

"Kampftage" kommt einer gründlichen Materialsammlung gleich. Mit den großen Kämpfen und Namen, dem Versuch, Zusammenhänge zwischen der gesellschaftlichen Entwicklung sowie guten und schlechten Zeiten für das Preisboxen auszumachen. Konstant über die Jahrzehnte hinweg bleibt die Erkenntnis, daß der Dachverband, wie immer er auch heißen mochte, ein Spielball der Promoter war, obwohl er doch eigentlich als regulierende Aufsichtsbehörde hätte funktionieren sollen. Eine späte Würdigung erfährt Wilhelm Trollmann aus Hannover, dem die deutsche Meisterschaft im Halbschwergewicht aberkannt wurde, weil die Nazis sich nicht mit einem Zigeuner als Titelträger abfinden konnten. 1943 wurde Trollmann nach Augenzeugenberichten im KZ Neuengamme erschossen.

Ein Kapitel für sich ist das "Profiboxen in der DDR". Bis Ende der fünfziger Jahre blieb Arno Köblin gleichzeitig Cheftrainer der DDR-Olympiastaffel und Sportwart sowie Vizepräsident des Profiverbandes BBD. Zu den Besonderheiten zählte Uli Nitzschke aus Halle, der 1958 legal Profi wurde und weiterhin Bürger der DDR blieb. Der Dopingtod von Jupp Elze im Jahre 1968 markierte den Niedergang des deutschen Berufsboxens. Im folgenden Jahr gab es nur noch 19 Kampftage, und erst die Auffrischung durch Athleten aus dem Amateurlager wie René Weller und die Brüder Rocchigiani brachte den Ansatz eines Weges aus der Krise. Den Boom der neunziger Jahre aber hatten die Promoter Wilfried Sauerland und Klaus-Peter Kohl dem Wechsel von einstigen Boxsoldaten des Sozialismus zu den Profis zu verdanken.

Dem Kurzlexikon im Anhang des Buches wäre ein wenig mehr Sorgfalt gut bekommen. Vermißt wird ein Namensverzeichnis aller Figuren, die im Text vorkommen. Man wird den Eindruck nicht los, daß zum Ende hin wohl die Zeit ausging wie manchem Boxer die Puste in den letzten Runden. Aus Erfahrung weiß unsereins: Das kommt in den besten Kreisen vor.

HANS-JOACHIM LEYENBERG

Besprochenes Buch: Knud Kohr und Martin Krauß: "Kampftage", 288 Seiten, Verlag Die Werkstatt, Göttingen, 36 Mark.

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