Kants Ethik zeigt das typische Profil einer klassischen Theorie: Sie präsentiert im Kontext jeder Zeit neue und überraschende Perspektiven. 200 Jahre nach dem Tod Kants ist die AuseinanderSetzung mit seiner Ethik keineswegs auf das philologische oder philosophiehistorische Interesse beschränkt. Vielmehr ist sie eine der wenigen Beispiele für den Sachverhalt, dass mit dem zeitlichen Abstand der Entstehung eines Werks die systematische Bedeutung immer noch zunehmen kann. Heute werden die großen ethischen Themen der Gegenwart, von den Menschenrechten bis zur Bioethik, nicht ohne ausdrücklichen Bezug auf Kants Ethik behandelt. In diesem Band werden Beiträge vorgelegt, die durchgehend ein systematisches Interesse verfolgen. Sie rekonstruieren ausgehend von einem exegetisch gesicherten Ort im Werk Kants die Erträge für die gegenwärtige Philosophie. Mit Kant wird gleichsam über den ursprünglichen Horizont seines Denkens hinausgegangen. Dabei zeigt sich, dass die kantische Ethik nicht nur auf den ihr vertrauten Gebieten von Gerechtigkeit, Autonomie, Verbindlichkeit und Recht Bedeutendes leistet, sondern auch zum Problem der Motivation Lösungsvorschläge bereithält - einem Bereich, der lange Zeit als ihr Schwachpunkt angesehen worden ist.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Neu ist Kritik an Kants berühmtester philosophischer Konstruktion, dem Kategorischen Imperativ, nicht, stellt Rezensent Martin Hartmann fest; schon die Antipoden Schopenhauer und Hegel haben sich daran lustvoll abgearbeitet. Doch macht es den Reiz des Philosophierens aus, dass es nie zu einem Ende kommt, und so legen die Herausgeber Karl Ameriks und Dieter Sturma jetzt den Band "Kants Ethik" vor, in dem die Debatte um das richtige Verständnis von Kants moralischem Leitprinzip weitergeht. Mit von der Partie sind John Rawls, Onora O'Neill, Marcia Baron, Barbara Herman und Christoph Horn. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob Kants Maxime nicht zu starr und zu rigide und dadurch dem vielseitig-wechselhaften Leben unangemessen ist. Lässt sich beispielsweise das Menschlichste, Gefühl und Neigung, mit der eisernen Pflichtdisziplin Königsberger Provenienz vereinen? Und die Vernunft des Einzelnen? Wie verhält die sich zum Kategorischen Imperativ? Die Beiträger tendieren dazu, die Vielfältigkeit und Menschenfreundlichkeit des Kantischen Ansatzes herauszuarbeiten, so der Rezensent. Ob das überzeugend gelingt, teilt er nicht mit, und auch diese Unschärfe mag zu den Reizen des Philosophierens gehören.
© Perlentaucher Medien GmbH
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