Milton Friedmans Buch ist aktueller denn je. Ihm geht es um die Freiheit des Menschen jenseits staatlicher Bevormundung. Seine Analyse zur Rolle des Staates, der Sozial- und Wohlfahrtssysteme ist nicht nur ein anschauliches Buch, sondern für jeden an Politik und Wirtschaft interessierten Leser eine spannende Lektüre. Mit einem neuen Vorwort des Autors und einem Geleitwort von Horst Siebert, dem ehemaligen Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.07.2002Markt gegen Staat
Eine Neuauflage des liberalen Standardwerks von Milton Friedman
Milton Friedman: Kapitalismus und Freiheit. Eichborn Verlag, Frankfurt 2002, 240 Seiten, 29,90 Euro.
Milton Friedmans "Kapitalismus und Freiheit" ist ein wahrer Klassiker: Die Erkenntnisse, die der Nobelpreisträger in seinem populär geschriebenen, aus einer Vortragsreihe hervorgegangenen Buch vermittelt, sind zeitlos. Daß sich die Welt gründlich verändert hat, seit vor exakt vierzig Jahren der mittlerweile in 20 Weltsprachen übersetzte Bestseller "Capitalism and Freedom" - von den Erlösen bauten sich die Friedmans ihre Traumvilla "Capitaf" in den Bergen von Vermont - in den Handel kam, schmälert seine Kraft nicht. Damals, auf dem Höhepunkt eines globalen Trends in Richtung Staatswirtschaft, machte sich Friedman zum Anwalt der Marktwirtschaft - auf deutsch hat "Kapitalismus" noch immer klassenkämpferischen Schmähklang.
Seither sind Wissenschaft und Politik tatsächlich auf Abstand zu keynesianischen Machbarkeitslehren gegangen, es kamen Margaret Thatcher und Ronald Reagan, Freiheitsdenken und angebotsorientierte Wirtschaftspolitik brachen sich Bahn, der Eiserne Vorhang verschwand. "Heute geht die Entwicklung dahin, daß man den Märkten eine größere und dem Staat eine kleinere Rolle einräumt", stellt Friedman in seinem Vorwort zur deutschsprachigen Neuauflage des Werks zufrieden fest.
Hinter diesem Bestreben des amerikanischen Starökonomen steht, wie es Horst Siebert, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft im Geleitwort treffend schreibt, "die grundsätzliche Frage, welchen Rang die individuelle Freiheit in einer Gesellschaft einnimmt". Für sie kämpft der liberale Wissenschaftler, der am 31. Juli 90 Jahre alt wird, nicht nur grundsätzlich, sondern auch im Detail - und das mit erheblicher Kreativität, zum Beispiel wenn er in seinem Buch für eine negative Einkommensteuer wirbt oder für ein Gutscheinsystem in einem wettbewerblichen Schulwesen mit Wahlfreiheit. Da gibt es auch heute noch viel zu tun. Einiges hat die Welt aber auch schon von Friedman gelernt - den Nutzen freier Wechselkurse und die Vorteilhaftigkeit der Geldmengensteuerung zum Beispiel.
Friedman zeigt auch, wieviel mit einer Zurückdrängung des überbordenden Wohlfahrtsstaates zu gewinnen ist, sowohl unter dem Gesichtspunkt der Freiheit als auch der Effizienz. Er präsentiert eine ganze Liste von ungerechtfertigten Staatseingriffen, die allesamt in den meisten Ländern der Welt auch heute noch praktiziert werden und dringend abgeschafft gehören - von Agrarsubventionen, Importbeschränkungen und Mietkontrollen bis hin zu Mindestlöhnen. Friedman plädiert für die vollständige Privatisierung der gesetzlichen Sozialversicherung und für die Aufhebung des Postmonopols. Auch gegen die Wehrpflicht kämpft er mit Nachdruck - und war in den Vereinigten Staaten damit 1973 schließlich auch erfolgreich. Außerdem demonstriert er die enge Verbindung zwischen der wirtschaftlichen und der politischen Freiheit - der er, wie er im neuen Vorwort eingesteht, noch gern einen dritten Pol zur Seite gestellt hätte, die bürgerliche Freiheit. Vielleicht hat er dazu ja eines Tages doch noch Muße.
KAREN HORN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Neuauflage des liberalen Standardwerks von Milton Friedman
Milton Friedman: Kapitalismus und Freiheit. Eichborn Verlag, Frankfurt 2002, 240 Seiten, 29,90 Euro.
Milton Friedmans "Kapitalismus und Freiheit" ist ein wahrer Klassiker: Die Erkenntnisse, die der Nobelpreisträger in seinem populär geschriebenen, aus einer Vortragsreihe hervorgegangenen Buch vermittelt, sind zeitlos. Daß sich die Welt gründlich verändert hat, seit vor exakt vierzig Jahren der mittlerweile in 20 Weltsprachen übersetzte Bestseller "Capitalism and Freedom" - von den Erlösen bauten sich die Friedmans ihre Traumvilla "Capitaf" in den Bergen von Vermont - in den Handel kam, schmälert seine Kraft nicht. Damals, auf dem Höhepunkt eines globalen Trends in Richtung Staatswirtschaft, machte sich Friedman zum Anwalt der Marktwirtschaft - auf deutsch hat "Kapitalismus" noch immer klassenkämpferischen Schmähklang.
Seither sind Wissenschaft und Politik tatsächlich auf Abstand zu keynesianischen Machbarkeitslehren gegangen, es kamen Margaret Thatcher und Ronald Reagan, Freiheitsdenken und angebotsorientierte Wirtschaftspolitik brachen sich Bahn, der Eiserne Vorhang verschwand. "Heute geht die Entwicklung dahin, daß man den Märkten eine größere und dem Staat eine kleinere Rolle einräumt", stellt Friedman in seinem Vorwort zur deutschsprachigen Neuauflage des Werks zufrieden fest.
Hinter diesem Bestreben des amerikanischen Starökonomen steht, wie es Horst Siebert, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft im Geleitwort treffend schreibt, "die grundsätzliche Frage, welchen Rang die individuelle Freiheit in einer Gesellschaft einnimmt". Für sie kämpft der liberale Wissenschaftler, der am 31. Juli 90 Jahre alt wird, nicht nur grundsätzlich, sondern auch im Detail - und das mit erheblicher Kreativität, zum Beispiel wenn er in seinem Buch für eine negative Einkommensteuer wirbt oder für ein Gutscheinsystem in einem wettbewerblichen Schulwesen mit Wahlfreiheit. Da gibt es auch heute noch viel zu tun. Einiges hat die Welt aber auch schon von Friedman gelernt - den Nutzen freier Wechselkurse und die Vorteilhaftigkeit der Geldmengensteuerung zum Beispiel.
Friedman zeigt auch, wieviel mit einer Zurückdrängung des überbordenden Wohlfahrtsstaates zu gewinnen ist, sowohl unter dem Gesichtspunkt der Freiheit als auch der Effizienz. Er präsentiert eine ganze Liste von ungerechtfertigten Staatseingriffen, die allesamt in den meisten Ländern der Welt auch heute noch praktiziert werden und dringend abgeschafft gehören - von Agrarsubventionen, Importbeschränkungen und Mietkontrollen bis hin zu Mindestlöhnen. Friedman plädiert für die vollständige Privatisierung der gesetzlichen Sozialversicherung und für die Aufhebung des Postmonopols. Auch gegen die Wehrpflicht kämpft er mit Nachdruck - und war in den Vereinigten Staaten damit 1973 schließlich auch erfolgreich. Außerdem demonstriert er die enge Verbindung zwischen der wirtschaftlichen und der politischen Freiheit - der er, wie er im neuen Vorwort eingesteht, noch gern einen dritten Pol zur Seite gestellt hätte, die bürgerliche Freiheit. Vielleicht hat er dazu ja eines Tages doch noch Muße.
KAREN HORN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Milton Friedman (...), auf der internationalen Bühne der Ökonomen seit Langem ein überragend großer Star.« Frankfurter Allgemeine Zeitung