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Die Regulierung von Kapitalmarktspekulation steht seit Jahren im Mittelpunkt rechtspolitischer Debatten. Kernproblem ist die Frage, wie man volkswirtschaftlich erwünschte (»gute«) Spekulation abgrenzen kann von exzessiver, die Funktionsfähigkeit der Märkte beeinträchtigender und Spekulanten in den Ruin treibender (»schlechter«) Spekulation.
Lars Klöhn versucht in der vorliegenden Publikation diese Aufgabe auf drei Wegen zu lösen: durch eine finanztheoretische Untersuchung der ökonomischen Grundlagen von Kapitalmarktspekulation, eine kognitions- und sozialpsychologische Analyse des Denkens
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Produktbeschreibung
Die Regulierung von Kapitalmarktspekulation steht seit Jahren im Mittelpunkt rechtspolitischer Debatten. Kernproblem ist die Frage, wie man volkswirtschaftlich erwünschte (»gute«) Spekulation abgrenzen kann von exzessiver, die Funktionsfähigkeit der Märkte beeinträchtigender und Spekulanten in den Ruin treibender (»schlechter«) Spekulation.

Lars Klöhn versucht in der vorliegenden Publikation diese Aufgabe auf drei Wegen zu lösen: durch eine finanztheoretische Untersuchung der ökonomischen Grundlagen von Kapitalmarktspekulation, eine kognitions- und sozialpsychologische Analyse des Denkens und Verhaltens von Kapitalmarktteilnehmern sowie - hierauf aufbauend - die rechtspolitische, dogmatische und vergleichende Studie desjenigen Teilbereichs des Kapitalmarktrechts, der für Spekulanten am relevantesten ist: das Recht der Emissionsprospekte und Ad-hoc-Mitteilungen. Rechtsmethodisch steht hierbei die Frage im Mittelpunkt, inwieweit unter Marktteilnehmern systematisch auftretende Urteilsfehler bei der Auslegung, Fortbildung und rechtspolitischen Gestaltung der Rechtsordnung berücksichtigt werden dürfen und sollten (Behavioral Law & Economics). Der Autor erprobt und veranschaulicht dies an klassischen Fragen des Kapitalmarktrechts: Auf welchen Anlegertyp sollten Kapitalmarktinformationen zugeschnitten sein? Auf welche Art und Weise sollten Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlicht werden? Inwieweit sollten Marktteilnehmer mit zukunftsbezogener Information über Emittenten versorgt werden? Sollten Emittenten verpflichtet werden, am Kapitalmarkt kursierende Gerüchte zu kommentieren?
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Gute und schlechte Spekulation
Menschliche Urteilsverzerrungen und ihre rechtspolitischen Folgen

Spekulanten an Kapitalmärkten sehen sich oft beißender gesellschaftlicher Kritik ausgesetzt. Ist diese berechtigt? Sind Finanzmärkte mitunter nichts anderes als kostspielige Kasinos, die volkswirtschaftlich gefährlich werden können? Oder verkörpern sie im Gegenteil den Prototyp eines effizienten Marktes, auf dem rationale Marktteilnehmer jegliche Information sofort verarbeiten, so daß die Preise grundsätzlich den Fundamentalwert des jeweiligen Wertpapiers widerspiegeln? Was ist der gesamtgesellschaftliche Nutzen, und was sind die Kosten der Spekulation? Besteht rechtspolitischer Handlungsbedarf? Diese Fragen, die der Rechtswissenschaftler Lars Klöhn in seinem Buch behandelt, sind wichtig - schließlich entsprechen die Finanzmärkte dem sprichwörtlichen "Blut in den Adern der Volkswirtschaften".

Mit der herkömmlichen Hypothese des effizienten Kapitalmarktes indes ließen sich viele reale Phänomene nur schwer vereinbaren, schreibt Klöhn. So seien Spekulationsblasen als Überreaktionen des Marktes mit darauf folgenden Zusammenbrüchen zu beobachten, Überbewertungen von Aktien beim Börsengang von Tochterunternehmen und nicht zuletzt das Aktienprämien-Rätsel, nach dem Aktien derart viel höher als Anleihen rentieren, daß sich der Unterschied nicht mehr durch die Risikodifferenz erklären läßt.

Doch wie kommt derlei zustande? Eine Antwort liefert die Verhaltensökonomik. In dieser von Psychologen und Ökonomen betriebenen jungen Forschungsrichtung, die Klöhn darstellt und nutzt, werden die systematischen Abweichungen des beobachtbaren menschlichen Handelns vom traditionellen Rationalwahlmodell der Ökonomik, sogenannte Anomalien, und mithin die Grenzen der menschlichen Rationalität experimentell untersucht. Angewendet auf das Verhalten in Finanzmärkten, wird diese Forschungsrichtung als "Behavioral Finance" bezeichnet. Hier wird untersucht, wie Spekulanten oder Investoren Entscheidungen treffen und welchen Anomalien sie unterliegen - und wie sich diese Verzerrungen auf die Effizienz der Finanzmärkte auswirken.

Von Interesse sind dabei, wie Klöhn schreibt, unter anderem die begrenzte individuelle Informationsverarbeitungskapazität, Urteilsverzerrungen sowie die Fehleinschätzung von Wahrscheinlichkeiten. So treffen Menschen häufig Entscheidungen per Daumenregel, nicht aufgrund einer umfassenden rationalen Analyse. Ihre Entscheidungen hängen auch davon ab, wie ein Problem oder eine Entscheidung dargestellt wird ("Framing"). Sie schreiben Erfolge den eigenen Qualitäten zu, Mißerfolge aber dem Zufall. Sie orientieren sich bei der Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten nicht an den Vermögenszuständen, die sich am Ende ergeben, sondern an den Veränderungen gegenüber einem bestimmten Referenzpunkt. Auch eine Delegation von Anlageentscheidungen durch Kleinanleger an Experten ist kein Allheilmittel, da auch Experten solche Fehler begehen, kurzfristigen Anreizen nachgeben oder Interessenkonflikten erliegen können.

Klöhn betont, daß diese systematischen Fehler der Anleger einander nicht ausgleichen, ganz entgegen der herkömmlichen Kapitalmarkteffizienzhypothese. Vielmehr könnten Fehlbewertungen lange am Markt überleben, da der informierte Handel vielerlei Beschränkungen unterliege. Für die Rechtspolitik ergeben sich daraus so interessante wie schwierige Fragen. Zunächst einmal gilt es, "schlechte" Spekulation von "guter" Spekulation abzugrenzen. Der Autor leitet her, daß diese Einteilung weder anhand der Art des Geschäfts noch anhand der Teilnehmer vorgenommen werden kann. Schlechte Spekulation liegt nach seiner Abgrenzung vielmehr dann vor, wenn erstens die Marktteilnehmer massenhafter Spekulation systematisch Urteilsverzerrungen unterliegen - und zweitens, wenn aufgrund von Umständen spekuliert wird, die sich mit Sicherheit in nächster Zukunft auflösen.

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse sowie auf Grundlage seiner eigenen rechtsvergleichenden Untersuchung unterbreitet Klöhn einige rechtspolitische Vorschläge, die sich an das amerikanische Recht für Emissionsprospekte und Ad-hoc-Mitteilungen anlehnen. Das deutsche Konzept der Bereichsöffentlichkeit beispielsweise, das eine Publizität vermittels elektronischer Informationsverarbeitungssysteme ausreichen läßt, die Kleinanlegern nicht zugänglich zu sein brauchen, sollte seines Erachtens zugunsten eines Modells gleichzeitiger Anlageinformation aufgegeben werden. Ein solches Modell würde einen gleichberechtigten und unvermittelten Marktzugang für alle Marktteilnehmer gewährleisten, schreibt er. Und die Mitteilungen müßten so verfaßt sein, daß jeder Kleinanleger sie verstehen könne und gegebenenfalls gewarnt sei.

Die Dissertation von Lars Klöhn ist ein leuchtendes Beispiel für interdisziplinäre Forschung. Die Anwendung von volkswirtschaftlicher Theorie und Verhaltensökonomik - einem der spannendsten Gebiete der modernen ökonomischen Theorie im allgemeinen und der Finanzmarkttheorie im besonderen - auf juristische Fragen gelingt vorbildlich. Dasselbe gilt für sein Herausarbeiten der Bedeutung dieser Theorien und der empirischen Erkenntnisse für Rechtsanwendung und Rechtspolitik. Die einfache Lesbarkeit, das ausführliche Stichwortverzeichnis sowie ein umfangreiches Glossar machen dieses Buch zu einer angenehmen Pflichtlektüre nicht nur für Kapitalmarktrechtler, sondern auch für Richter und Rechtspolitiker - und nicht zuletzt für private Anleger. Hoffentlich werden noch mehr juristische Forschungsarbeiten in dieser Art geschrieben. Die Anwendung verhaltensökonomischer Forschung im Bereich des Rechts verspricht nicht nur im Finanzmarktbereich neue Erkenntnisse.

ANNE VAN AAKEN.

Lars Klöhn: Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance. Duncker&Humblot, Berlin 2006, 333 Seiten, 86 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Soll noch einer sagen, alles Spekulation! Anne van Aaken hat erfahren, dass sich Interdisziplinarität und Wirtschaftstheorie "vorbildlich" vereinen lassen. Van Aaken findet das von Lars Klöhn in seiner Dissertation angewandte Instrument der Verhaltensökonomik so spannend wie wichtig, um den gesellschaftlichen Nutzen der Kapitalmärkte und eventuellen rechtspolitischen Handlungsbedarf zu klären. Die Rezensentin folgt dem Autor bei der Erörterung dieser Fragen über die Evaluierung von Spekulationen, die Widerlegung gängiger Kapitalmarkteffizienzhypothesen bis hin zum Vorschlag einer "gleichzeitigen Anlageinformation" und stellt fest: Verhaltensökonomik kann helfen, juristische Probleme zu klären. Das Buch empfiehlt sie seiner "einfachen Lesbarkeit" und seines prallen Anhangs wegen aber nicht nur Kapitalmarktrechtlern und Richtern, sondern ebenso privaten Anlegern.

© Perlentaucher Medien GmbH