Karl Hofer ist - generationsgleich mit Max Beckmann oder Oskar Kokoschka - einer der bleibenden deutschen Maler der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, die, keiner Gruppe zugehörig, ein unverwechselbares, reiches Werk geschaffen haben. Hofers Bilder von verträumten, herben Mädchengestalten, von Pierrots, von selbstbewußten Knaben, später dann von maskenhaften, schicksalsbestimmten, lethargischen oder mahnend aufbegehrenden Menschen gehören zu unserer Vorstellungswelt deutscher Kunst, die hier ihren Grund in der Romantik hat und - so Hofer - das Klassische sucht. Die Kabinett-Ausstellung zeigt in der strengen Bildauswahl einer Sammlung den Rang von Hofers gestalterischer und bilddichtender Kraft. Wir erleben Hofers humanistischen Anspruch auf die Würde und Schönheit des Menschen, seine mögliche Transzendenz, sein Träumerisches und dessen Bedrohung. Wir Betrachter sehen unsere eigene Rätselhaftigkeit befragt und unsere vage Hoffnung auf Unsterblichkeit in Hofers Erinnern an da s Vorher, an das Während und an das Folgende. Das Hofer-Lesebuch ist einfühlsam und pointiert geschrieben und führt den Leser in die Kunst- und Lebenswelt des letzten großen Malers klassischer deutscher Kunst. Gleichzeitig ist das Buch wie ein heimlicher Schlüssel zur Kunst und den Umbrüchen unseres dramatischen Jahrhunderts, aber auch zu unserer Sehnsucht nach Ausgleich, Harmonie und Traum.