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Nach der Parler-Ausstellung 1978 in Köln steht die künstlerische Repräsentation Karls IV. und seiner Dynastie erstmals wieder im Mittelpunkt einer breit gefächerten Ausstellung in New York und Prag. Die im Gegensatz zum englischen Katalog sehr viel umfassendere deutsche Ausgabe bezieht verstärkt grenzüberschreitende Aspekte der Luxemburger Herrschaft, wie die Beziehungen zur Reichsstadt Nürnberg, zur Oberpfalz, zur Lausitz und zu Schlesien mit ein und berücksichtigt alle Mitglieder dieser Dynastie, von Heinrich VII. bis Sigismund. Karl IV. war es gelungen, von seiner Hauptstadt Prag aus ein…mehr

Produktbeschreibung
Nach der Parler-Ausstellung 1978 in Köln steht die künstlerische Repräsentation Karls IV. und seiner Dynastie erstmals wieder im Mittelpunkt einer breit gefächerten Ausstellung in New York und Prag. Die im Gegensatz zum englischen Katalog sehr viel umfassendere deutsche Ausgabe bezieht verstärkt grenzüberschreitende Aspekte der Luxemburger Herrschaft, wie die Beziehungen zur Reichsstadt Nürnberg, zur Oberpfalz, zur Lausitz und zu Schlesien mit ein und berücksichtigt alle Mitglieder dieser Dynastie, von Heinrich VII. bis Sigismund. Karl IV. war es gelungen, von seiner Hauptstadt Prag aus ein komplexes Machtgefüge in der Mitte Europas zu etablieren. Dabei nutzten er und seine Dynastie Kunst systematisch als Mittel herrschaftlicher Ambitionen. Der Bau des Veitsdoms und der Karlsbrücke, die Gründung der ersten deutschen Universität und der berühmten Hofkanzlei sind mit dem Namen Karls IV. eng verbunden. Künstler und Gelehrte aus ganz Europa vermochte er an den Prager Hof zu ziehen. In ihren kleinteiligen Goldschmiedearbeiten, den prachtvollen Buchmalereien, den monumentalen Skulpturen und den reichen Tafelmalereien manifestierte sich ein kaiserlicher Stil, der zu den sichtbaren Zeichen der Macht zählte und europaweit exportiert wurde. Der Katalog stellt mit 687 Abbildungen weit mehr als nur die etwa 200 in Prag gezeigten Exponate aus ganz Europa und den USA vor. Der Band erscheint mit Unterstützung des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.07.2007

Die vergessene Dynastie
Die Gotik war nicht national: Eine prächtige Zusammenschau der mitteleuropäischen Herrschaft und Kunst der Luxemburger
Die aus dem Westen des mittelalterlichen Heiligen Römischen Reiches stammende Grafenfamilie der Luxemburger brachte mit Heinrich VII., Karl IV. und Sigismund drei bedeutende Kaiser hervor. Die Luxemburger Wenzel IV. und Jobst von Mähren waren römisch-deutsche Könige. Und der ritterliche Held Johann, dem pfuschende Augenärzte zu seinem späteren Beinamen „der Blinde” verholfen haben, war immerhin böhmischer König. Viele Herrscherkronen zierten zeitweise die Häupter der 1310 kraftvoll in Erscheinung tretenden Luxemburger, auch solche Ungarns, der Lombardei und Burgunds.
Nach den Staufern waren die Luxemburger ohne Zweifel die bedeutendste Herrscherfamilie des mittelalterlichen Reiches. Pech nur, dass sie 1437 im Mannesstamm ausstarben und ihre Erfolgsgeschichte eine andere Familie fortsetzte, mit der sie sieben Jahrzehnte zuvor – als man noch dachte, dass es andersherum kommen würde – einen Erbschaftsvertrag abgeschlossen hatten: die Habsburger. Pech auch, dass die historische Erinnerung die Luxemburger mit den Agrarkrisen, Pestwellen und Hussitenstürmen des Spätmittelalters kontaminierte. Die künstlerische Repräsentation dieser scheinbar fast vergessenen Dynastie für den Zeitraum von 1310 bis 1437 stand nun in den letzten Jahren im Mittelpunkt von breit gefächerten Ausstellungen in New York und Prag. Dazu ist ein großartiger Kunstband erschienen, der mit Unterstützung des Ostmitteleuropa-Zentrum der Leipziger Universität erarbeitet wurde. Der Band stellt mit über 700 exzellenten Farbabbildungen weit mehr als nur die etwa 200 seinerzeit im Metropolitan Museum of Art New York und der Prager Burg gezeigten Exponate aus ganz Europa und den USA vor. Das Buch berücksichtigt alle Mitglieder dieser Dynastie, von Heinrich VII. bis Sigismund, und bezieht besonders grenzüberschreitende Aspekte der Luxemburger Herrschaft, wie die Beziehungen zur Reichsstadt Nürnberg, zur Oberpfalz, zur Lausitz und zu Schlesien mit ein.
Da die Autoren die Herrscher, ihre Politik und ihre Machtinszenierungen zum Ausgangspunkt machen, wird die Kunst der Luxemburger nun in einen völlig anderen Zusammenhang gestellt, als es etwa noch die Parlerausstellung in Köln Ende der siebziger Jahre tat. Mit dem Verzicht auf den Mythos einer mittelalterlichen „nationalen” Kunst fallen auch Begriffe wie etwa der einer „böhmischen Gotik” aus, weil diese ja als Reflexionsfolie die Existenz einer „polnischen” oder „schwedischen Gotik” voraussetzen würde. Erst die längst fällige Perspektive auf das Kunstschaffen ganz Europas macht Untersuchungen von übernationalen Zusammenhängen möglich.
Karl IV. (1346-1378) etwa, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Böhmen, war es gelungen, ein großflächiges, komplexes Machtgefüge in der Mitte Europas zu etablieren. Wie er und seine Dynastie dabei Kunst systematisch als Mittel herrschaftlicher Ambitionen nutzten, kann man nicht nur an dem unter ihm entstandenen Typus der anmutigen Löwenmadonna sehen, sondern auch an der gewaltigen Erweiterung der böhmischen Metropole Prag. Die Moldaustadt suchte Karl als Siedlungszentrum und neuen Erzbistumssitz, als Kultort mit neuen Kirchen und Klöstern, wie dem Veitsdom oder dem Karlshof,als Heilsort mit dem Zusammenführen kostbarer Reliquien nach Pariser Vorbild, als neue Universitätsstadt und Zentrum von Handelswegen sowie einer prächtigen Hofgesellschaft zu fördern.
Bilderstürmer in die Hölle
Außerhalb Italiens gab es zu der Zeit keine so spektakulär dimensionierten Städteplanungen. Kein Wunder also, dass Zeitgenossen Prag nun in die Traditionslinie Roms und Konstantinopels stellen wollten. Und für all die prachtvollen Bauten, Plastiken und Bilder zog Karl die fähigsten Künstler Europas an seinen Hof, für die der Kölner Dom und die gotischen Kathedralen à la française Vorbilder und zugleich Konkurrenzbauten waren.
In dem schönen Band zu lesen und die Abbildungen zu betrachten ist ein Genuss. Das Buch bietet nicht nur neue Ergebnisse – wie etwa eine modifizierte Chronologie mitteleuropäischer Kunst vom Beginn des 14. bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts –; es wird hier auch eine Reihe von Werken überhaupt zum ersten Mal im Kontext eines luxemburgischen Mitteleuropa publiziert.
Wie emotional die Kunst des Mittelalters diskutiert werden kann, lassen übrigens die Kunsthistoriker Robert Suckale und Jiri Fajt erkennen, die den Bilderstürmer, der einst eine nun Peter Parler zugeschrieben Pietà aus dem Georgskloster der Prager Burg verstümmelte, für seinen Frevel ausdrücklich in den siebten Kreis der Danteschen Hölle wünschen – wo es bekanntlich die elenden Gewalttäter gegen Gott, die Natur und die Kunst schön warm haben. OLAF B. RADER
JIRI FAJT (Hrsg.): Karl IV. – Kaiser von Gottes Gnaden. Kunst und Repräsentation des Hauses Luxemburg 1310-1437. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2006. 680 Seiten, 78 Euro.,
Madonnentafel der Zisterzienserabtei Königsaal (Zbraslav) bei Prag, um 1350 Abb. aus dem besprochenen Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dieser Band über die Herrschaft und Kunst der Luxemburger hat bei Olaf B. Rader keine Rezensentewünsche offen gelassen: "Exzellent" die reichlichen Farbabbildungen und eine inhaltliche Beschäftigung mit dem Herrscherhaus der Luxemburger findet Rader eh überfällig, dass sie dann auch noch so klug ausfällt, erfreut ihn umso mehr. Denn zu Unrecht, meint der Rezensent, sei ihre Ägide in Vergessenheit geraten (oder schlimmer noch: von "Pestwellen und Hussitenstürmen" verdunkelt), denn gerade Karl IV. hatte als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und Königs von Böhmen ein komplexes Machtgefüge geschaffen, für das ihm die Kunst als "Mittel herrschaftlicher Ambitionen" diente. Von diesen Ansprüchen zeugen noch heute in Prag der Veitsdom, der Karlshof und die Universität. Ganz richtig findet der Rezensent auch, dass die Autoren die Gotik nie national, sondern als übernationale, ganz Europa prägende Epoche begreifen. Mit einem Wort: "ein großartiger Kunstband".

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