Gareth Stedman Jones returns Karl Marx to his nineteenth-century world, before later inventions transformed him into Communism's patriarch and fierce lawgiver. He shows how Marx adapted the philosophies of Kant, Hegel, Feuerbach, and others into ideas that would have-in ways inconceivable to Marx-an overwhelming impact in the twentieth century.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2017Leben ohne Lehre
Als der Marxismus entstand, als er erfunden wurde, um bald in eine Vielzahl einander erbittert bekämpfender Strömungen zu zerfallen, waren ein wichtiger Teil der Schriften und Briefe des 1818 in Trier geborenen Karl Marx vergessen oder kaum bekannt. Und die Zeit, die ihn prägte, schien noch zu vertraut, um genau zu sehen, wie eng Marx mit ihr verbunden war. Der Historiker Gareth Stedman Jones, der lange in Oxford am King’s College lehrte, will Karl Marx ganz aus seiner Zeit, aus den kulturellen und politischen Kontexten des 19. Jahrhunderts heraus verstehen. Sein Buch, das 2016 auf Englisch erschien, ist viel gelobt und kritisiert worden (SZ vom 14. Dezember 2016). Gareth Stedman Jones behauptet, „den Marx, wie ihn das 20. Jahrhundert schuf“, habe „nur eine zufällige Ähnlichkeit“ mit dem Marx verbunden, „der im 19. Jahrhundert lebte. Darüber wird im Marx-Jahr 2018 gewiss debattiert werden. Ob die historisierende Aufklärung sich gegen die Faszination der Marx-Legende behaupten kann? Oder ist der Gegensatz zu schlicht? Wer sich ein Urteil bilden will, kann „die Biographie“ jetzt auf Deutsch lesen.
SZ
Gareth Stedman Jones: Karl Marx. Die Biographie. Aus dem Englischen von Thomas Arntz und Andreas Wirthensohn. S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 2017. 896 S., 32 Euro. E-Book 26,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Als der Marxismus entstand, als er erfunden wurde, um bald in eine Vielzahl einander erbittert bekämpfender Strömungen zu zerfallen, waren ein wichtiger Teil der Schriften und Briefe des 1818 in Trier geborenen Karl Marx vergessen oder kaum bekannt. Und die Zeit, die ihn prägte, schien noch zu vertraut, um genau zu sehen, wie eng Marx mit ihr verbunden war. Der Historiker Gareth Stedman Jones, der lange in Oxford am King’s College lehrte, will Karl Marx ganz aus seiner Zeit, aus den kulturellen und politischen Kontexten des 19. Jahrhunderts heraus verstehen. Sein Buch, das 2016 auf Englisch erschien, ist viel gelobt und kritisiert worden (SZ vom 14. Dezember 2016). Gareth Stedman Jones behauptet, „den Marx, wie ihn das 20. Jahrhundert schuf“, habe „nur eine zufällige Ähnlichkeit“ mit dem Marx verbunden, „der im 19. Jahrhundert lebte. Darüber wird im Marx-Jahr 2018 gewiss debattiert werden. Ob die historisierende Aufklärung sich gegen die Faszination der Marx-Legende behaupten kann? Oder ist der Gegensatz zu schlicht? Wer sich ein Urteil bilden will, kann „die Biographie“ jetzt auf Deutsch lesen.
SZ
Gareth Stedman Jones: Karl Marx. Die Biographie. Aus dem Englischen von Thomas Arntz und Andreas Wirthensohn. S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 2017. 896 S., 32 Euro. E-Book 26,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.05.2018NEUES VON UND ÜBER KARL MARX
EINE AUSWAHL VON RAINER HANK
Der Bohemien.
Anlässlich des 200. Geburtstages gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man aktualisiert Marx oder man historisiert ihn. Der britische Historiker Gareth Stedman Jones - er unterrichtete 20 Jahre am King's College in Oxford - hat sich für die konsequente Historisierung entschieden. Herausgekommen ist der mit Abstand beste Beitrag zum Jubiläum. Marx, so lernen wir, war kein Marxist, dafür aber ein cooler Träumer der Romantik, ein Bohemien und Philosoph mit permanenten Geldsorgen. Kurzum: eine Figur voller spannender Widersprüche.
Gareth Stedman Jones.
Karl Marx. Die Biographie. S. Fischer 2017. 32 Euro.
Das Original.
"Lire le capital", das Kapital lesen, so lautete der Leitspruch des französischen Philosophen Louis Althusser in den frühen siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Nicht viele haben das damals ganz geschafft. Wer will und viel Zeit hat, kann einen zweiten Anlauf nehmen: Die Marx-Engels-Gesamtausgabe MEGA, ediert von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die es seit 1995 auch auf Chinesisch gibt, soll bis 2025 auf 114 Bände anwachsen. Bislang liegen 65 Bände vor. Für Leser mit weniger Zeit empfiehlt sich das vorzügliche, von Florian Butollo und Oliver Nachtwey herausgegebene Marx-Florilegium: Damit lässt sich fast jede Marx-Debatte bestehen.
Karl Marx.
Kritik des Kapitalismus. Schriften zur Philosophie, Ökonomie, Politik und Soziologie. Hrsg. von Florian Butollo und Oliver Nachtwey. Suhrkamp 2018. 30 Euro.
Der Dichter.
Dies ist eine der kuriosesten Editionen zum Marx-Jubiläum. Sie zeigt: Marx war nicht nur Philosoph, Ökonom und Revolutionär. Er war auch Poet, der ein nicht unbeträchtliches literarisches Werk hinterlassen hat mit Gedichten, Balladen, einem humoristischen Roman und einem Trauerspiel ("Oulanem"). Der Band "Weltgericht" enthält Gedichte nach einer 1833 bis 1837 entstandenen Originalkladde von Marx, gesammelt als Geburtstagsgeschenk an den Vater. Ein Jahr zuvor hatte auch Marx' Verlobte Jenny von Westfalen eine ähnliche Sammlung erhalten. Marx schreibt im Stil der Zeit, eine Mischung aus Jean Paul, E. T. A. Hoffmann und Heinrich Heine. Die Gedichte des Poeten Marx sind übrigens gar nicht einmal übel (etwa "Nachtliebe" oder "Spielmann").
Karl Marx.
Weltgericht. Dichtungen aus dem Jahre 1837. Mit einem Nachwort von Michael Quante. Dietz Verlag 2018. 36 Euro.
Der Klassiker.
Woran erkennt man einen Klassiker? Richtig: am Handbuch. Das Marx-Handbuch, herausgegeben von zwei orthodoxen Marxologen, bietet alles, was das Herz begehrt: Stichworte zu Ware, Mehrwert, Zins und zum berüchtigten "Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate". Auch die Rezeption von Rosa Luxemburg bis Trotzki, Lenin und Mao ist drin. Bloß Stalin hat kein eigenes Kapitel. Warum?
Michael Quante/David P. Schweikard.
Marx Handbuch. Leben, Werk, Wirkung 2016. J. B. Metzler. 69,99 Euro.
Der Quickie.
Wenn es schnell gehen und preisgünstig sein soll, hilft allemal die bewährte C.H. Beck-Reihe "Wissen". Das Bändchen des Berliner Althistorikers Wilfried Nippel zu Marx ist schnörkellos, ohne Wertung, erzählt entlang der intellektuellen Biographie. Das Private kommt dabei etwas zu kurz.
Wilfried Nippel.
Karl Marx. C.H. Beck 2018. 9,95 Euro.
Der Bärtige.
Am 18. Februar 1882 besteigt Karl Marx in Marseille den Dampfer "Said" und verlässt zum ersten Mal in seinem Leben Europa. Am Kai von Algier nimmt ihn Albert Fermé in Empfang, der sich in der Pariser Kommune engagiert hatte. Doch an politische Kämpfe ist für Marx nicht mehr zu denken. Den Tod seiner Frau Jenny drei Monate zuvor hat er nicht verwunden, und das wärmere Klima kann seine chronische Rippenfellentzündung nicht kurieren. Karl Marx lässt sich ein letztes Mal fotografieren, bevor er beim Barbier Haarpracht und Bart opfert. Ein Akt, der ihm selbst beinahe symbolisch vorkommt: Der Prophetenbart ist ab. Der Frankfurter Feuilletonist Uwe Wittstock präsentiert Marx elegant als einen "Don Quijote auf seiner letzten Reise". Und der Moralist Axel Hacke stellt die entscheidende Frage: Wäre der Marxismus in der Geschichte der Philosophie und der Menschheit zu solcher Bedeutung gekommen, wenn Karl Marx keinen Bart gehabt hätte?
Uwe Wittstock.
Karl Marx beim Barbier. Blessing 2018. 20 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
EINE AUSWAHL VON RAINER HANK
Der Bohemien.
Anlässlich des 200. Geburtstages gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man aktualisiert Marx oder man historisiert ihn. Der britische Historiker Gareth Stedman Jones - er unterrichtete 20 Jahre am King's College in Oxford - hat sich für die konsequente Historisierung entschieden. Herausgekommen ist der mit Abstand beste Beitrag zum Jubiläum. Marx, so lernen wir, war kein Marxist, dafür aber ein cooler Träumer der Romantik, ein Bohemien und Philosoph mit permanenten Geldsorgen. Kurzum: eine Figur voller spannender Widersprüche.
Gareth Stedman Jones.
Karl Marx. Die Biographie. S. Fischer 2017. 32 Euro.
Das Original.
"Lire le capital", das Kapital lesen, so lautete der Leitspruch des französischen Philosophen Louis Althusser in den frühen siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Nicht viele haben das damals ganz geschafft. Wer will und viel Zeit hat, kann einen zweiten Anlauf nehmen: Die Marx-Engels-Gesamtausgabe MEGA, ediert von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die es seit 1995 auch auf Chinesisch gibt, soll bis 2025 auf 114 Bände anwachsen. Bislang liegen 65 Bände vor. Für Leser mit weniger Zeit empfiehlt sich das vorzügliche, von Florian Butollo und Oliver Nachtwey herausgegebene Marx-Florilegium: Damit lässt sich fast jede Marx-Debatte bestehen.
Karl Marx.
Kritik des Kapitalismus. Schriften zur Philosophie, Ökonomie, Politik und Soziologie. Hrsg. von Florian Butollo und Oliver Nachtwey. Suhrkamp 2018. 30 Euro.
Der Dichter.
Dies ist eine der kuriosesten Editionen zum Marx-Jubiläum. Sie zeigt: Marx war nicht nur Philosoph, Ökonom und Revolutionär. Er war auch Poet, der ein nicht unbeträchtliches literarisches Werk hinterlassen hat mit Gedichten, Balladen, einem humoristischen Roman und einem Trauerspiel ("Oulanem"). Der Band "Weltgericht" enthält Gedichte nach einer 1833 bis 1837 entstandenen Originalkladde von Marx, gesammelt als Geburtstagsgeschenk an den Vater. Ein Jahr zuvor hatte auch Marx' Verlobte Jenny von Westfalen eine ähnliche Sammlung erhalten. Marx schreibt im Stil der Zeit, eine Mischung aus Jean Paul, E. T. A. Hoffmann und Heinrich Heine. Die Gedichte des Poeten Marx sind übrigens gar nicht einmal übel (etwa "Nachtliebe" oder "Spielmann").
Karl Marx.
Weltgericht. Dichtungen aus dem Jahre 1837. Mit einem Nachwort von Michael Quante. Dietz Verlag 2018. 36 Euro.
Der Klassiker.
Woran erkennt man einen Klassiker? Richtig: am Handbuch. Das Marx-Handbuch, herausgegeben von zwei orthodoxen Marxologen, bietet alles, was das Herz begehrt: Stichworte zu Ware, Mehrwert, Zins und zum berüchtigten "Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate". Auch die Rezeption von Rosa Luxemburg bis Trotzki, Lenin und Mao ist drin. Bloß Stalin hat kein eigenes Kapitel. Warum?
Michael Quante/David P. Schweikard.
Marx Handbuch. Leben, Werk, Wirkung 2016. J. B. Metzler. 69,99 Euro.
Der Quickie.
Wenn es schnell gehen und preisgünstig sein soll, hilft allemal die bewährte C.H. Beck-Reihe "Wissen". Das Bändchen des Berliner Althistorikers Wilfried Nippel zu Marx ist schnörkellos, ohne Wertung, erzählt entlang der intellektuellen Biographie. Das Private kommt dabei etwas zu kurz.
Wilfried Nippel.
Karl Marx. C.H. Beck 2018. 9,95 Euro.
Der Bärtige.
Am 18. Februar 1882 besteigt Karl Marx in Marseille den Dampfer "Said" und verlässt zum ersten Mal in seinem Leben Europa. Am Kai von Algier nimmt ihn Albert Fermé in Empfang, der sich in der Pariser Kommune engagiert hatte. Doch an politische Kämpfe ist für Marx nicht mehr zu denken. Den Tod seiner Frau Jenny drei Monate zuvor hat er nicht verwunden, und das wärmere Klima kann seine chronische Rippenfellentzündung nicht kurieren. Karl Marx lässt sich ein letztes Mal fotografieren, bevor er beim Barbier Haarpracht und Bart opfert. Ein Akt, der ihm selbst beinahe symbolisch vorkommt: Der Prophetenbart ist ab. Der Frankfurter Feuilletonist Uwe Wittstock präsentiert Marx elegant als einen "Don Quijote auf seiner letzten Reise". Und der Moralist Axel Hacke stellt die entscheidende Frage: Wäre der Marxismus in der Geschichte der Philosophie und der Menschheit zu solcher Bedeutung gekommen, wenn Karl Marx keinen Bart gehabt hätte?
Uwe Wittstock.
Karl Marx beim Barbier. Blessing 2018. 20 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Exhaustive and staggeringly well-researched Oliver Bullough The Observer