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Karl May war ein Mann von vielen Talenten. Wie er selbst in seiner frühesten Erzählung "Wanda" verrät, träumte er als Zwanzigjähriger mehr von musikalischem denn von literarischem Ruhm. Die Geschichte kam anders, und sein Erfolg als Schriftsteller war und ist beispiellos, aber ganz vergessen hat er die Liebe zur Tonkunst nie. In seinen großen Romanen spielen häufig musikalische Themen eine Rolle - man denke nur an das "Ave Maria" aus Winnetous Sterbeszene. Eben dieses "Ave Maria" wird bis heute gerne von Chören und Gesangvereinen landauf, landab gesungen und hat May auch als Komponisten im…mehr

Produktbeschreibung
Karl May war ein Mann von vielen Talenten. Wie er selbst in seiner frühesten Erzählung "Wanda" verrät, träumte er als Zwanzigjähriger mehr von musikalischem denn von literarischem Ruhm. Die Geschichte kam anders, und sein Erfolg als Schriftsteller war und ist beispiellos, aber ganz vergessen hat er die Liebe zur Tonkunst nie. In seinen großen Romanen spielen häufig musikalische Themen eine Rolle - man denke nur an das "Ave Maria" aus Winnetous Sterbeszene. Eben dieses "Ave Maria" wird bis heute gerne von Chören und Gesangvereinen landauf, landab gesungen und hat May auch als Komponisten im Gedächtnis bleiben lassen.Aber sein musikalisches Schaffen war weitaus umfangreicher. Viele der herrlichen Chorlieder aus dem Nachlass sind im diesem Sonderband erstmals veröffentlicht worden - alle in neuer Notenschrift und zum großen Teil auch auf der beiliegenden CD. Hartmut Kühne kommentiert alle Stücke und gibt einen weitgespannten Überblick über Mays kompositorisches Werk und die Rolle der Musik in seinem Leben.Daneben kommt auch die Musik zu und über Karl May nicht zu kurz. So mancher Bewunderer vertonte Gedichte aus Mays Feder, angefangen vom sangesfrohen Gymnasiasten bis hin zu erfolgreichen Profimusikern und Komponisten. Christoph F. Lorenz stellt die schönsten Perlen aus dieser Sammlung vor, kleine Meisterwerke ebenso wie einige Kuriositäten. Ein weiteres Kapitel widmet sich den berühmten May-Film-Melodien der 1960er-Jahre. Michael Petzel präsentiert die erste vollständige Titelliste aller Schlager und Popsongs rund um Mays Werke und Helden. Das Buch entstand unter redaktioneller Mitarbeit des bekannten May- und Musik-Kenners Hans Wollschläger.104 Seiten Noten von Karl May im professionellen Neusatz laden zum Spielen und Singen seiner Stücke ein. - Über 100 Seiten faksimilierter Notenschriften, Briefe und anderer Zeugnisse entführen in vergangene Zeiten. - Hochaktuell dagegen die dem Buch beiliegende CD: Sie bringt in 66 Minuten Spielzeit Karl Mays eigene Lieder, einen Querschnitt der beliebtesten May-Film-Hits von Martin Böttcher sowie eine bunte Auswahl weiterer Musik rund um May - in exzellenter Aufnahme und teilweise als Welturaufführung!
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2000

Nun sollen sich die Bretter biegen

Karl May war Weltmeister im Spinnen von Westmannsgarn. Doch auch sonst hatte es ihm das Flunkern angetan. So schrieb er 1892 an seinen Verleger, er plane eine Oper, deren Libretto "natürlich auch von mir" sei. Vorher stelle er aber eine dreiaktige Posse mit Musik fertig. Das "echt deutsche, zwerchfellerschütternde Stück" werde sicher "rasch über alle Bretter gehen". Wäre dem Verleger Mays die genau zur selben Zeit begonnene Erzählung "Der Ölprinz" bereits bekannt gewesen, hätte er stutzig werden müssen. Hier bereist ein sächsischer Kantor den Wilden Westen, der von sich behauptet, er komponiere "bei Tag und Nacht" eine "große Oper für drei Theaterabende in zwölf Akten, für jeden Abend vier Akte; wissen Sie, so eine Trilogie (!) wie der ,Ring der (!) Nibelungen' . . ." Die Musik sei "im Kopfe vollständig fertig", aber es fehle noch die Dichtung. Der kauzige Exkantor will "Hexameter, keine Jamben", einen "cyklopischen Text" und "neue, originale Helden" wie Winnetou, Old Shatterhand und Old Firehand. Gefahren können ihn nicht irritieren, denn er glaubt sich als "Jünger der Kunst" unter dem besonderen Schutz der Muse. May hat hier das Klischee des exzentrisch-weltfremden, nur der Musik lebenden Tonkünstlers à la Kreisler parodiert. Der kleine schrullige Sachse, der sich als "Zukunftsmusiker" fühlt, wird aber auch als Don Quichotte der Musik im Sinne einer Wagner-Karikatur vorgeführt. Im weiteren Verlauf der Erzählung schwadroniert er etwa von einem "Chor der Mörder" als "doppeltes Sextett" und träumt gar von einem "Petroleum-See auf der Bühne, nicht einfach nur am Grunde des Mississippi".

Überdies kann man in dem "faseligen Kantor" ein halb unbewusstes, halb augenzwinkerndes Selbstporträt des Autors als Prahlhans sehen. Der "Ölprinz" schließt mit den Worten: "Und die zwölfaktige Heldenoper? Wenn die ersten Takte fertig sind, werde ich es sofort melden." Auch Mays eigene Oper ist über jene vollmundige Ankündigung gegenüber seinem Verleger nie hinausgekommen. Anders steht es mit der im selben Brief erwähnten Posse, zu der May damals tatsächlich mehr als die "ersten Takte" bereits komponiert hatte. Es handelt sich um seine unvollendete "Originalposse in acht Bildern" mit Gesang und Tanz "Die Pantoffelmühle" (1864) auf eigene Texte, die - teils verballhornt - auch durch einige seiner Bücher geistert.

Was hatte es also auf sich mit den Kompositionskünsten "Old Shatterhands"? Mays musikalische Begabung zeigte sich früh. Der Kantor, Komponist und Orgelfachmann Samuel Friedrich Strauch (1788 bis 1860) ließ ihm unentgeltlich in den Fächern Violine, Klavier, Orgel, Harmonielehre und Komposition eine solide Ausbildung zukommen, die May dann während seiner Lehrerseminarzeit fortsetzte. Von 1863 an leitete er in seinem Heimatort den "Gesangverein Lyra", dichtete und komponierte zahlreiche Stücke. Erhalten sind unter anderem Kantaten und Werke für Männerchor mit Streichquartett, für zwei Männerchöre und für drei Chöre. Erst nach 1875 wurden Mays musikalische Aktivitäten durch die Schriftstellerei in den Hintergrund gedrängt.

Das längst fällige Buch samt CD zum Thema "Karl May und die Musik" haben nun Hartmut Kühne und Christoph F. Lorenz vorgelegt (Karl-May-Verlag, Bamberg). Es enthält einen Aufsatz von Kühne über die Rolle der Musik in Mays Leben und Werk, ein detailliertes Verzeichnis von Mays Kompositionen, mehr als hundert Seiten Musikstücke von May, darunter zahlreiche Erstdrucke, auch die erwähnte Posse mit ausführlichem Kommentar von Lorenz, ferner Notizen Mays über Musik und eine große Auswahl an Fremdkompositionen von May-Gedichten: stilistisch und qualitativ unterschiedlichste Beiträge von Militärkapellmeistern, Gymnasiasten, höheren Töchtern und anderen musegeküssten Fans, entstanden vor bis nach den beiden Weltkriegen; mehr oder weniger Professionelles zwischen ambitioniertem spätromantischem Kunstlied, simplem Männerchor, Salonmusik und Schlager, aber auch kuriose Ergüsse. Lorenz hat einen aufschlussreichen Essay über diesen bisher kaum beachteten Aspekt der May-Wirkungsgeschichte beigesteuert. Weitere Anmerkungen gelten Martin Böttchers Musik zu den May-Filmen der sechziger Jahre.

Die Diskographie von Michael Petzel listet fleißig auf, was je mit May-Bezug auf Tonträgern erschienen ist, von Kühnes 1972 veröffentlichter Ersteinspielung der "Ernsten Klänge" Mays über Country-Songs, Filmmusiken und May-inspirierte Sinfonik bis hin zu Techno-Cover-Versionen von Böttcher-Musiken. Leider fehlt dem Buch ein Namensregister. Bei Taktbezeichnungen wurde die Einfügung der Zahlen vergessen.

Wie Mays Musik klingt, lässt die beigefügte CD freilich nur ansatzweise erkennen. Lediglich sieben Tracks bieten Kompositionen Mays, die restlichen eine Auswahl jener Fremdvertonungen und Kuriosa sowie eine "Filmmelodien"-Suite Böttchers: verdünnter Orchester-Sound mit Mundharmonika und E-Gitarren-Geschrammel. Die mit Laienensembles aufgenommenen Stücke Mays stehen in der Tradition von Liedertafel-Literatur à la Silcher. Dass sich der von Kühne geleitete "Singkreis Gartenstadt" und das "Quartett Mozart" herzhaft ins Zeug legen, sorgt immerhin für gewisse Authentizität: ähnlich mag Mays "Gesangverein Lyra" einst geklungen haben. Helmuth Rillings 1978 erschienene Aufnahme der "Ernsten Klänge" zeigt freilich, dass Mays schlichte, auf "Bekehrung durch Töne" zielende Sätze bei professioneller Ausführung gewinnen. Keinen Dienst erweist dem Tonsetzer May jedenfalls, dass sich beim Eingangschor der "Pantoffelmühle" ein als Dipl.-Ing., Maler, Komponist, Buchautor und Parapsychologe firmierender Interpret mit einer Keyboard-Simulation der Orchesterstimmen verewigt hat. So dilettantisch, wie das klingt, hat May doch nicht komponiert.

WERNER M. GRIMMEL

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