Das Werk des Architekten, Ausstellungsgestalters und Hochschullehrers Karl Otto (1904-1975) steht beispielhaft für künstlerische Ambitionen und gesellschaftliche Auseinandersetzungen in den Anfangsjahren der deutschen Nachkriegsmoderne. Otto war Schüler von Hans Poelzig und Mitarbeiter Ludwig Mies van Rohes. In seinem Schaffen wurde er von den Idealen des Deutschen Werkbundes, des Bauhauses und des Neuen Bauens geprägt. Fabian Ludovico dokumentiert zum ersten Mal umfassend die verschiedenen Wirkungsbereiche Karl Ottos, untersucht Zusammenhänge und zeigt Spannungsfelder auf. Die Biographie des Architekten und das erste komplette Werkverzeichnis helfen bei der Beantwortung der zentralen Frage: Wie schlagen sich Karl Ottos künstlerische und staatsbürgerliche Erziehungsansprüche in seinem Gesamtwerk nieder? Der Schwerpunkt liegt dabei in den fünfziger Jahren. An der Konzeption von zwei der wichtigsten Ausstellungen dieses Jahrzehnts, der Constructa Bauausstellung 1951 in Hannover undder Sonderschau "Die Stadt von morgen" im Rahmen der Interbau 1957 in Berlin, war Otto in führender Position beteiligt. Fast 15 Jahre lang war er Direktor der Hochschule für bildende Künste in Berlin. Seine Schul- und Hochschulbauten repräsentieren den Anspruch der jungen Bundesrepublik, Lernorte der Demokratie zu schaffen. Karl Otto steht damit stellvertretend für den Anspruch vieler Architekten seiner Zeit, Erzieher einer neuen Gesellschaft zu sein. Seine Biographie zeigt aber auch auf, welche Schwierigkeiten mit diesem Anspruch verbunden waren.