Aufrichtig, selbstbewusst, unbequem - das sind die Markenzeichen, mit denen sich der langjährige Bundestagsabgeordnete, einstige CSU-Generalsekretär und jüngste Bundeswirtschaftsminister der Geschichte im Jahr 2009 profilierte. Das Krisenjahr forderte und förderte den 37-Jährigen: In Rekordzeit avancierte Karl-Theodor zu Guttenberg zum beliebtesten Politiker Deutschlands - vor Kanzlerin Merkel. Und mit seiner Bewertung der Lage in Afghanistan als "Krieg" nannte der jüngste Verteidigungsminister beim Namen, was für die deutschen Soldaten längst Wirklichkeit geworden ist.
Guttenberg strahlt Kompetenz aus, ist eloquent, besteht international. Er ist ein Adliger ohne Allüren, verheiratet mit der Ururenkelin von Bismarck und ökonomisch unabhängig. Die Familientradition reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück.
Dieses Buch erklärt, warum Guttenberg bei der vermeintlichen Rettung des angeschlagenen Opel-Konzerns stur blieb und in der Kundus-Affäre seine ersten bedeutenden Fehler beging - und es zeigt, warum der Hype um seine Person ungebrochen anhält.
Anna von Bayern, die Karl-Theodor zu Guttenberg seit vielen Jahren kennt, zeichnet ein sehr persönliches Porträt des politischen Senkrechtstarters, der dem eingefahrenen Politikbetrieb ein junges und sympathisches Gesicht verleiht.
Guttenberg strahlt Kompetenz aus, ist eloquent, besteht international. Er ist ein Adliger ohne Allüren, verheiratet mit der Ururenkelin von Bismarck und ökonomisch unabhängig. Die Familientradition reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück.
Dieses Buch erklärt, warum Guttenberg bei der vermeintlichen Rettung des angeschlagenen Opel-Konzerns stur blieb und in der Kundus-Affäre seine ersten bedeutenden Fehler beging - und es zeigt, warum der Hype um seine Person ungebrochen anhält.
Anna von Bayern, die Karl-Theodor zu Guttenberg seit vielen Jahren kennt, zeichnet ein sehr persönliches Porträt des politischen Senkrechtstarters, der dem eingefahrenen Politikbetrieb ein junges und sympathisches Gesicht verleiht.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.06.2010Uradel am Drehkreuz
Eine Schwärmerei für Karl-Theodor zu Guttenberg in zehn Kapiteln
Auf einer Autobahn-Raststätte in Sachsen: "Er hat sie perfekt drauf, die Bitte-sprich-mich-nicht-an-Haltung, niemanden anschauen, bloß kein Blickkontakt. Doch am Sanifair-Drehkreuz muss sich auch der Minister einen Bon für 50 Cent ziehen. Die Verzögerung wird ihm zum Verhängnis. Er finde ihn richtig gut, sagt ein freundlicher alter Herr, der alle Zeit der Welt zu haben scheint. Er sei so ganz anders als die anderen. Guttenberg bedankt sich höflich und schiebt sich an ihm vorbei. Doch selbst drinnen gibt es keinen Moment der Ruhe. Ein Moment der Unachtsamkeit, Guttenbergs Augen treffen im Spiegel die eines jungen Mannes. Er mache seine Arbeit wirklich gut, sagt der. Eigentlich erfreulich, wenn es nicht einer der wenigen Momente des Tages wäre, wo man nun wirklich ganz ungestört sein will." Das darf man wahrlich gründliche Recherche über Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg nennen. Zudem versteht es die Autorin, eine leibhaftige Prinzessin, Spannung ("Moment der Unachtsamkeit") und Einfühlsamkeit ("ungestört sein wollen") zu verbinden.
"Aristokrat, Politstar, Minister", so lautet der Untertitel einer Schwärmerei in zehn Kapiteln, darunter eines über die "Katemanie" in Deutschland. Hier wird KT als Bundestagswahlkämpfer beobachtet, dem das Volk als "Hoffnungsträger", in "einem Moment" sogar als "Heilsbringer" huldige, was ihn laut Anna von Bayern "in der Partei nicht unbedingt beliebter" mache. Immerhin helfe jener "Teflon-Effekt" Guttenbergs, "der seine Gegner zur Verzweiflung treibt. Was anderen Politikern schaden würde, perlt an ihm ab." Seit 2002 sitzt er im Bundestag, Anfang November 2008 wurde er für einige Monate Generalsekretär der CSU. Aus dem Berliner Abgeordnetenbüro brachte er seinen engsten Vertrauten mit in die Münchener Parteizentrale: Philipp Freiherr von Brandenstein. "Für ihn schafft er die Stelle als Leiter der Strategie und Kommunikation. Noch ein Adliger, spotten die neuen Kollegen." Doch bevor Brandenstein die Leitung übernehmen konnte, sei Guttenberg "erstmals einer parteiinternen Intrige zum Opfer" gefallen. Hintergrund sei der Machtkampf in der CSU um die politische Ausrichtung für die Europawahl gewesen: "Am Abend des 9. Dezember veröffentlicht die Abendzeitung auf ihrer Homepage ein Foto aus Brandensteins Jugendjahren, auf dem er den Hitlergruß zeigt." Guttenberg habe gewusst, dass das Bild vom betrunkenen Sechzehnjährigen nicht der Gesinnung Brandensteins entspreche, sei sich aber über die "vernichtende Wirkungskraft" im Klaren gewesen: "Er entlässt Brandenstein, noch bevor es überhaupt in der Printausgabe der Abendzeitung erschienen ist." Guttenbergs Handeln signalisiere "seinen Mitstreitern, dass er bei gewissen Fehltritten kurzen Prozess macht".
Ausführlich schildert die Prinzessin, wie Guttenberg - als Michael Glos plötzlich das Handtuch warf - ins Amt des Wirtschaftsministers kam. Die Politikredakteurin von Bild am Sonntag (BamS) weiß zu berichten, wie Guttenberg und Ministerpräsident Seehofer sich am Samstag, dem 7. Februar 2009, "um Krisenmanagement" bemühten, weil "BamS" das "Rücktrittsfax" schon vorlag. Der damalige CSU-Generalsekretär Guttenberg rief den "BamS"-Redakteur Martin S. Lambeck an: "Der schildert Guttenberg die Abläufe. Eines sei ganz sicher: Glos mache nicht weiter, das könne man sich abschminken. Und übrigens werde er, Guttenberg, als potentieller Nachfolger in Lambecks morgiger Kolumne genannt: ,Da kommt was auf Sie zu.' Dass etwas auf ihn zukommen sollte, erscheint Guttenberg reichlich abwegig. Doch er weiß: In der Politik ist alles möglich." Am 12. Februar wurde er in Berlin im Bundestag als Minister vereidigt. Alles wegen der "BamS"?
Die Autorin kennt den Freiherrn seit vielen Jahren, erzählt davon, dass er einst "Praktikant und dann freier Mitarbeiter der Welt in Berlin war". So habe er gelernt, "wie die Medienmacher ticken", und später als CSU-Abgeordneter freundschaftliche Kontakte zu Journalisten "zu einem weiten Netz" ausgebaut. Guttenberg schätzte zu Beginn seiner Ministerzeit "den direkten Draht, auch um selbst am Puls zu bleiben und ein Bild von der Stimmung unter den Medienvertretern zu bekommen". Im Laufe des ersten Amtsjahres änderte sich dies: "Nicht nur der mediale Liebesentzug während der Kundus-Affäre wird seine Beziehung zu den Medien beeinflussen. Es scheint eher, dass mit dem engen Kontakt zu Journalisten und der intimen Einsicht in ihre Arbeitsweisen auch eine gewisse Entzauberung mit ihrer Zunft einhergeht." Das lässt vielleicht für den Politiker hoffen.
Nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 bekam der Stabsunteroffizier der Reserve dann "im Poker der Koalitionsverhandlungen" mit dem Verteidigungsministerium "die Zeitbombe zugespielt", weil - so die Autorin - die drei Parteichefs Merkel (CDU), Seehofer (CSU) und Westerwelle (FDP) ein Ziel einte: "Guttenberg die Gelegenheit zum Glänzen zu nehmen". Seine "ungebrochene Beliebtheit ist sein politisches Kapital", resümiert die Prinzessin, deren Buch das private Umfeld Guttenbergs - vom Namen seines ersten Papageis bis zu dem des gerade diensthabenden Schlosshundes - erschließt, ohne Nennenswertes zur politischen Vorstellungswelt und zur Regierungstätigkeit des Freiherrn "mit dem Schloss und den gegelten Haaren und der schönen Frau" (Bismarcks Ururenkelin) beitragen zu wollen oder zu können.
RAINER BLASIUS
Anna von Bayern: Karl-Theodor zu Guttenberg. Aristokrat, Politstar, Minister. Fackelträger Verlag, Köln 2010. 217. S., 19,95 [Euro].
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Eine Schwärmerei für Karl-Theodor zu Guttenberg in zehn Kapiteln
Auf einer Autobahn-Raststätte in Sachsen: "Er hat sie perfekt drauf, die Bitte-sprich-mich-nicht-an-Haltung, niemanden anschauen, bloß kein Blickkontakt. Doch am Sanifair-Drehkreuz muss sich auch der Minister einen Bon für 50 Cent ziehen. Die Verzögerung wird ihm zum Verhängnis. Er finde ihn richtig gut, sagt ein freundlicher alter Herr, der alle Zeit der Welt zu haben scheint. Er sei so ganz anders als die anderen. Guttenberg bedankt sich höflich und schiebt sich an ihm vorbei. Doch selbst drinnen gibt es keinen Moment der Ruhe. Ein Moment der Unachtsamkeit, Guttenbergs Augen treffen im Spiegel die eines jungen Mannes. Er mache seine Arbeit wirklich gut, sagt der. Eigentlich erfreulich, wenn es nicht einer der wenigen Momente des Tages wäre, wo man nun wirklich ganz ungestört sein will." Das darf man wahrlich gründliche Recherche über Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg nennen. Zudem versteht es die Autorin, eine leibhaftige Prinzessin, Spannung ("Moment der Unachtsamkeit") und Einfühlsamkeit ("ungestört sein wollen") zu verbinden.
"Aristokrat, Politstar, Minister", so lautet der Untertitel einer Schwärmerei in zehn Kapiteln, darunter eines über die "Katemanie" in Deutschland. Hier wird KT als Bundestagswahlkämpfer beobachtet, dem das Volk als "Hoffnungsträger", in "einem Moment" sogar als "Heilsbringer" huldige, was ihn laut Anna von Bayern "in der Partei nicht unbedingt beliebter" mache. Immerhin helfe jener "Teflon-Effekt" Guttenbergs, "der seine Gegner zur Verzweiflung treibt. Was anderen Politikern schaden würde, perlt an ihm ab." Seit 2002 sitzt er im Bundestag, Anfang November 2008 wurde er für einige Monate Generalsekretär der CSU. Aus dem Berliner Abgeordnetenbüro brachte er seinen engsten Vertrauten mit in die Münchener Parteizentrale: Philipp Freiherr von Brandenstein. "Für ihn schafft er die Stelle als Leiter der Strategie und Kommunikation. Noch ein Adliger, spotten die neuen Kollegen." Doch bevor Brandenstein die Leitung übernehmen konnte, sei Guttenberg "erstmals einer parteiinternen Intrige zum Opfer" gefallen. Hintergrund sei der Machtkampf in der CSU um die politische Ausrichtung für die Europawahl gewesen: "Am Abend des 9. Dezember veröffentlicht die Abendzeitung auf ihrer Homepage ein Foto aus Brandensteins Jugendjahren, auf dem er den Hitlergruß zeigt." Guttenberg habe gewusst, dass das Bild vom betrunkenen Sechzehnjährigen nicht der Gesinnung Brandensteins entspreche, sei sich aber über die "vernichtende Wirkungskraft" im Klaren gewesen: "Er entlässt Brandenstein, noch bevor es überhaupt in der Printausgabe der Abendzeitung erschienen ist." Guttenbergs Handeln signalisiere "seinen Mitstreitern, dass er bei gewissen Fehltritten kurzen Prozess macht".
Ausführlich schildert die Prinzessin, wie Guttenberg - als Michael Glos plötzlich das Handtuch warf - ins Amt des Wirtschaftsministers kam. Die Politikredakteurin von Bild am Sonntag (BamS) weiß zu berichten, wie Guttenberg und Ministerpräsident Seehofer sich am Samstag, dem 7. Februar 2009, "um Krisenmanagement" bemühten, weil "BamS" das "Rücktrittsfax" schon vorlag. Der damalige CSU-Generalsekretär Guttenberg rief den "BamS"-Redakteur Martin S. Lambeck an: "Der schildert Guttenberg die Abläufe. Eines sei ganz sicher: Glos mache nicht weiter, das könne man sich abschminken. Und übrigens werde er, Guttenberg, als potentieller Nachfolger in Lambecks morgiger Kolumne genannt: ,Da kommt was auf Sie zu.' Dass etwas auf ihn zukommen sollte, erscheint Guttenberg reichlich abwegig. Doch er weiß: In der Politik ist alles möglich." Am 12. Februar wurde er in Berlin im Bundestag als Minister vereidigt. Alles wegen der "BamS"?
Die Autorin kennt den Freiherrn seit vielen Jahren, erzählt davon, dass er einst "Praktikant und dann freier Mitarbeiter der Welt in Berlin war". So habe er gelernt, "wie die Medienmacher ticken", und später als CSU-Abgeordneter freundschaftliche Kontakte zu Journalisten "zu einem weiten Netz" ausgebaut. Guttenberg schätzte zu Beginn seiner Ministerzeit "den direkten Draht, auch um selbst am Puls zu bleiben und ein Bild von der Stimmung unter den Medienvertretern zu bekommen". Im Laufe des ersten Amtsjahres änderte sich dies: "Nicht nur der mediale Liebesentzug während der Kundus-Affäre wird seine Beziehung zu den Medien beeinflussen. Es scheint eher, dass mit dem engen Kontakt zu Journalisten und der intimen Einsicht in ihre Arbeitsweisen auch eine gewisse Entzauberung mit ihrer Zunft einhergeht." Das lässt vielleicht für den Politiker hoffen.
Nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 bekam der Stabsunteroffizier der Reserve dann "im Poker der Koalitionsverhandlungen" mit dem Verteidigungsministerium "die Zeitbombe zugespielt", weil - so die Autorin - die drei Parteichefs Merkel (CDU), Seehofer (CSU) und Westerwelle (FDP) ein Ziel einte: "Guttenberg die Gelegenheit zum Glänzen zu nehmen". Seine "ungebrochene Beliebtheit ist sein politisches Kapital", resümiert die Prinzessin, deren Buch das private Umfeld Guttenbergs - vom Namen seines ersten Papageis bis zu dem des gerade diensthabenden Schlosshundes - erschließt, ohne Nennenswertes zur politischen Vorstellungswelt und zur Regierungstätigkeit des Freiherrn "mit dem Schloss und den gegelten Haaren und der schönen Frau" (Bismarcks Ururenkelin) beitragen zu wollen oder zu können.
RAINER BLASIUS
Anna von Bayern: Karl-Theodor zu Guttenberg. Aristokrat, Politstar, Minister. Fackelträger Verlag, Köln 2010. 217. S., 19,95 [Euro].
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