Aufrichtig, selbstbewusst, unbequem - das sind die Markenzeichen, mit denen sich der langjährige Bundestagsabgeordnete, einstige CSU-Generalsekretär und jüngste Bundeswirtschaftsminister der Geschichte im Jahr 2009 profilierte. Das Krisenjahr forderte und förderte den 37-Jährigen: In Rekordzeit avancierte Karl-Theodor zu Guttenberg zum beliebtesten Politiker Deutschlands - vor Kanzlerin Merkel. Und mit seiner Bewertung der Lage in Afghanistan als "Krieg" nannte der jüngste Verteidigungsminister beim Namen, was für die deutschen Soldaten längst Wirklichkeit geworden ist.
Guttenberg strahlt Kompetenz aus, ist eloquent, besteht international. Er ist ein Adliger ohne Allüren, verheiratet mit der Ururenkelin von Bismarck und ökonomisch unabhängig. Die Familientradition reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück.
Dieses Buch erklärt, warum Guttenberg bei der vermeintlichen Rettung des angeschlagenen Opel-Konzerns stur blieb und in der Kundus-Affäre seine ersten bedeutenden Fehler beging - und es zeigt, warum der Hype um seine Person ungebrochen anhält.
Anna von Bayern, die Karl-Theodor zu Guttenberg seit vielen Jahren kennt, zeichnet ein sehr persönliches Porträt des politischen Senkrechtstarters, der dem eingefahrenen Politikbetrieb ein junges und sympathisches Gesicht verleiht.
Guttenberg strahlt Kompetenz aus, ist eloquent, besteht international. Er ist ein Adliger ohne Allüren, verheiratet mit der Ururenkelin von Bismarck und ökonomisch unabhängig. Die Familientradition reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück.
Dieses Buch erklärt, warum Guttenberg bei der vermeintlichen Rettung des angeschlagenen Opel-Konzerns stur blieb und in der Kundus-Affäre seine ersten bedeutenden Fehler beging - und es zeigt, warum der Hype um seine Person ungebrochen anhält.
Anna von Bayern, die Karl-Theodor zu Guttenberg seit vielen Jahren kennt, zeichnet ein sehr persönliches Porträt des politischen Senkrechtstarters, der dem eingefahrenen Politikbetrieb ein junges und sympathisches Gesicht verleiht.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.06.2010Uradel am Drehkreuz
Eine Schwärmerei für Karl-Theodor zu Guttenberg in zehn Kapiteln
Auf einer Autobahn-Raststätte in Sachsen: "Er hat sie perfekt drauf, die Bitte-sprich-mich-nicht-an-Haltung, niemanden anschauen, bloß kein Blickkontakt. Doch am Sanifair-Drehkreuz muss sich auch der Minister einen Bon für 50 Cent ziehen. Die Verzögerung wird ihm zum Verhängnis. Er finde ihn richtig gut, sagt ein freundlicher alter Herr, der alle Zeit der Welt zu haben scheint. Er sei so ganz anders als die anderen. Guttenberg bedankt sich höflich und schiebt sich an ihm vorbei. Doch selbst drinnen gibt es keinen Moment der Ruhe. Ein Moment der Unachtsamkeit, Guttenbergs Augen treffen im Spiegel die eines jungen Mannes. Er mache seine Arbeit wirklich gut, sagt der. Eigentlich erfreulich, wenn es nicht einer der wenigen Momente des Tages wäre, wo man nun wirklich ganz ungestört sein will." Das darf man wahrlich gründliche Recherche über Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg nennen. Zudem versteht es die Autorin, eine leibhaftige Prinzessin, Spannung ("Moment der Unachtsamkeit") und Einfühlsamkeit ("ungestört sein wollen") zu verbinden.
"Aristokrat, Politstar, Minister", so lautet der Untertitel einer Schwärmerei in zehn Kapiteln, darunter eines über die "Katemanie" in Deutschland. Hier wird KT als Bundestagswahlkämpfer beobachtet, dem das Volk als "Hoffnungsträger", in "einem Moment" sogar als "Heilsbringer" huldige, was ihn laut Anna von Bayern "in der Partei nicht unbedingt beliebter" mache. Immerhin helfe jener "Teflon-Effekt" Guttenbergs, "der seine Gegner zur Verzweiflung treibt. Was anderen Politikern schaden würde, perlt an ihm ab." Seit 2002 sitzt er im Bundestag, Anfang November 2008 wurde er für einige Monate Generalsekretär der CSU. Aus dem Berliner Abgeordnetenbüro brachte er seinen engsten Vertrauten mit in die Münchener Parteizentrale: Philipp Freiherr von Brandenstein. "Für ihn schafft er die Stelle als Leiter der Strategie und Kommunikation. Noch ein Adliger, spotten die neuen Kollegen." Doch bevor Brandenstein die Leitung übernehmen konnte, sei Guttenberg "erstmals einer parteiinternen Intrige zum Opfer" gefallen. Hintergrund sei der Machtkampf in der CSU um die politische Ausrichtung für die Europawahl gewesen: "Am Abend des 9. Dezember veröffentlicht die Abendzeitung auf ihrer Homepage ein Foto aus Brandensteins Jugendjahren, auf dem er den Hitlergruß zeigt." Guttenberg habe gewusst, dass das Bild vom betrunkenen Sechzehnjährigen nicht der Gesinnung Brandensteins entspreche, sei sich aber über die "vernichtende Wirkungskraft" im Klaren gewesen: "Er entlässt Brandenstein, noch bevor es überhaupt in der Printausgabe der Abendzeitung erschienen ist." Guttenbergs Handeln signalisiere "seinen Mitstreitern, dass er bei gewissen Fehltritten kurzen Prozess macht".
Ausführlich schildert die Prinzessin, wie Guttenberg - als Michael Glos plötzlich das Handtuch warf - ins Amt des Wirtschaftsministers kam. Die Politikredakteurin von Bild am Sonntag (BamS) weiß zu berichten, wie Guttenberg und Ministerpräsident Seehofer sich am Samstag, dem 7. Februar 2009, "um Krisenmanagement" bemühten, weil "BamS" das "Rücktrittsfax" schon vorlag. Der damalige CSU-Generalsekretär Guttenberg rief den "BamS"-Redakteur Martin S. Lambeck an: "Der schildert Guttenberg die Abläufe. Eines sei ganz sicher: Glos mache nicht weiter, das könne man sich abschminken. Und übrigens werde er, Guttenberg, als potentieller Nachfolger in Lambecks morgiger Kolumne genannt: ,Da kommt was auf Sie zu.' Dass etwas auf ihn zukommen sollte, erscheint Guttenberg reichlich abwegig. Doch er weiß: In der Politik ist alles möglich." Am 12. Februar wurde er in Berlin im Bundestag als Minister vereidigt. Alles wegen der "BamS"?
Die Autorin kennt den Freiherrn seit vielen Jahren, erzählt davon, dass er einst "Praktikant und dann freier Mitarbeiter der Welt in Berlin war". So habe er gelernt, "wie die Medienmacher ticken", und später als CSU-Abgeordneter freundschaftliche Kontakte zu Journalisten "zu einem weiten Netz" ausgebaut. Guttenberg schätzte zu Beginn seiner Ministerzeit "den direkten Draht, auch um selbst am Puls zu bleiben und ein Bild von der Stimmung unter den Medienvertretern zu bekommen". Im Laufe des ersten Amtsjahres änderte sich dies: "Nicht nur der mediale Liebesentzug während der Kundus-Affäre wird seine Beziehung zu den Medien beeinflussen. Es scheint eher, dass mit dem engen Kontakt zu Journalisten und der intimen Einsicht in ihre Arbeitsweisen auch eine gewisse Entzauberung mit ihrer Zunft einhergeht." Das lässt vielleicht für den Politiker hoffen.
Nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 bekam der Stabsunteroffizier der Reserve dann "im Poker der Koalitionsverhandlungen" mit dem Verteidigungsministerium "die Zeitbombe zugespielt", weil - so die Autorin - die drei Parteichefs Merkel (CDU), Seehofer (CSU) und Westerwelle (FDP) ein Ziel einte: "Guttenberg die Gelegenheit zum Glänzen zu nehmen". Seine "ungebrochene Beliebtheit ist sein politisches Kapital", resümiert die Prinzessin, deren Buch das private Umfeld Guttenbergs - vom Namen seines ersten Papageis bis zu dem des gerade diensthabenden Schlosshundes - erschließt, ohne Nennenswertes zur politischen Vorstellungswelt und zur Regierungstätigkeit des Freiherrn "mit dem Schloss und den gegelten Haaren und der schönen Frau" (Bismarcks Ururenkelin) beitragen zu wollen oder zu können.
RAINER BLASIUS
Anna von Bayern: Karl-Theodor zu Guttenberg. Aristokrat, Politstar, Minister. Fackelträger Verlag, Köln 2010. 217. S., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Schwärmerei für Karl-Theodor zu Guttenberg in zehn Kapiteln
Auf einer Autobahn-Raststätte in Sachsen: "Er hat sie perfekt drauf, die Bitte-sprich-mich-nicht-an-Haltung, niemanden anschauen, bloß kein Blickkontakt. Doch am Sanifair-Drehkreuz muss sich auch der Minister einen Bon für 50 Cent ziehen. Die Verzögerung wird ihm zum Verhängnis. Er finde ihn richtig gut, sagt ein freundlicher alter Herr, der alle Zeit der Welt zu haben scheint. Er sei so ganz anders als die anderen. Guttenberg bedankt sich höflich und schiebt sich an ihm vorbei. Doch selbst drinnen gibt es keinen Moment der Ruhe. Ein Moment der Unachtsamkeit, Guttenbergs Augen treffen im Spiegel die eines jungen Mannes. Er mache seine Arbeit wirklich gut, sagt der. Eigentlich erfreulich, wenn es nicht einer der wenigen Momente des Tages wäre, wo man nun wirklich ganz ungestört sein will." Das darf man wahrlich gründliche Recherche über Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg nennen. Zudem versteht es die Autorin, eine leibhaftige Prinzessin, Spannung ("Moment der Unachtsamkeit") und Einfühlsamkeit ("ungestört sein wollen") zu verbinden.
"Aristokrat, Politstar, Minister", so lautet der Untertitel einer Schwärmerei in zehn Kapiteln, darunter eines über die "Katemanie" in Deutschland. Hier wird KT als Bundestagswahlkämpfer beobachtet, dem das Volk als "Hoffnungsträger", in "einem Moment" sogar als "Heilsbringer" huldige, was ihn laut Anna von Bayern "in der Partei nicht unbedingt beliebter" mache. Immerhin helfe jener "Teflon-Effekt" Guttenbergs, "der seine Gegner zur Verzweiflung treibt. Was anderen Politikern schaden würde, perlt an ihm ab." Seit 2002 sitzt er im Bundestag, Anfang November 2008 wurde er für einige Monate Generalsekretär der CSU. Aus dem Berliner Abgeordnetenbüro brachte er seinen engsten Vertrauten mit in die Münchener Parteizentrale: Philipp Freiherr von Brandenstein. "Für ihn schafft er die Stelle als Leiter der Strategie und Kommunikation. Noch ein Adliger, spotten die neuen Kollegen." Doch bevor Brandenstein die Leitung übernehmen konnte, sei Guttenberg "erstmals einer parteiinternen Intrige zum Opfer" gefallen. Hintergrund sei der Machtkampf in der CSU um die politische Ausrichtung für die Europawahl gewesen: "Am Abend des 9. Dezember veröffentlicht die Abendzeitung auf ihrer Homepage ein Foto aus Brandensteins Jugendjahren, auf dem er den Hitlergruß zeigt." Guttenberg habe gewusst, dass das Bild vom betrunkenen Sechzehnjährigen nicht der Gesinnung Brandensteins entspreche, sei sich aber über die "vernichtende Wirkungskraft" im Klaren gewesen: "Er entlässt Brandenstein, noch bevor es überhaupt in der Printausgabe der Abendzeitung erschienen ist." Guttenbergs Handeln signalisiere "seinen Mitstreitern, dass er bei gewissen Fehltritten kurzen Prozess macht".
Ausführlich schildert die Prinzessin, wie Guttenberg - als Michael Glos plötzlich das Handtuch warf - ins Amt des Wirtschaftsministers kam. Die Politikredakteurin von Bild am Sonntag (BamS) weiß zu berichten, wie Guttenberg und Ministerpräsident Seehofer sich am Samstag, dem 7. Februar 2009, "um Krisenmanagement" bemühten, weil "BamS" das "Rücktrittsfax" schon vorlag. Der damalige CSU-Generalsekretär Guttenberg rief den "BamS"-Redakteur Martin S. Lambeck an: "Der schildert Guttenberg die Abläufe. Eines sei ganz sicher: Glos mache nicht weiter, das könne man sich abschminken. Und übrigens werde er, Guttenberg, als potentieller Nachfolger in Lambecks morgiger Kolumne genannt: ,Da kommt was auf Sie zu.' Dass etwas auf ihn zukommen sollte, erscheint Guttenberg reichlich abwegig. Doch er weiß: In der Politik ist alles möglich." Am 12. Februar wurde er in Berlin im Bundestag als Minister vereidigt. Alles wegen der "BamS"?
Die Autorin kennt den Freiherrn seit vielen Jahren, erzählt davon, dass er einst "Praktikant und dann freier Mitarbeiter der Welt in Berlin war". So habe er gelernt, "wie die Medienmacher ticken", und später als CSU-Abgeordneter freundschaftliche Kontakte zu Journalisten "zu einem weiten Netz" ausgebaut. Guttenberg schätzte zu Beginn seiner Ministerzeit "den direkten Draht, auch um selbst am Puls zu bleiben und ein Bild von der Stimmung unter den Medienvertretern zu bekommen". Im Laufe des ersten Amtsjahres änderte sich dies: "Nicht nur der mediale Liebesentzug während der Kundus-Affäre wird seine Beziehung zu den Medien beeinflussen. Es scheint eher, dass mit dem engen Kontakt zu Journalisten und der intimen Einsicht in ihre Arbeitsweisen auch eine gewisse Entzauberung mit ihrer Zunft einhergeht." Das lässt vielleicht für den Politiker hoffen.
Nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 bekam der Stabsunteroffizier der Reserve dann "im Poker der Koalitionsverhandlungen" mit dem Verteidigungsministerium "die Zeitbombe zugespielt", weil - so die Autorin - die drei Parteichefs Merkel (CDU), Seehofer (CSU) und Westerwelle (FDP) ein Ziel einte: "Guttenberg die Gelegenheit zum Glänzen zu nehmen". Seine "ungebrochene Beliebtheit ist sein politisches Kapital", resümiert die Prinzessin, deren Buch das private Umfeld Guttenbergs - vom Namen seines ersten Papageis bis zu dem des gerade diensthabenden Schlosshundes - erschließt, ohne Nennenswertes zur politischen Vorstellungswelt und zur Regierungstätigkeit des Freiherrn "mit dem Schloss und den gegelten Haaren und der schönen Frau" (Bismarcks Ururenkelin) beitragen zu wollen oder zu können.
RAINER BLASIUS
Anna von Bayern: Karl-Theodor zu Guttenberg. Aristokrat, Politstar, Minister. Fackelträger Verlag, Köln 2010. 217. S., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.06.2010Guttenberg: Biographie
Als der Hofhund den Papagei fraß
Adel verpflichtet: In der ersten Biographie über Karl-Theodor zu Guttenberg verklärt die Autorin Anna von Bayern ihren Freund "KT". Königliche Hoheit begründet dessen Erfolg mit seiner Abstammung. Was passierte nicht alles bei Hofe!
Wolfgang Jaschensky
Angela Merkel, seit fünf Jahren Kanzlerin, hat schon mehrere. Guido Westerwelle auch, der ist schließlich schon ewig FDP-Chef. Horst Seehofer hat aber noch keine, und Markus Söder, die CSU-Hoffnung aus Franken, erst recht nicht. Das wiederum dürfte Karl-Theodor zu Guttenberg freuen.
Der adelige Shooting-Star hat jetzt das, was einen Politiker von Rang auszeichnet: eine Biographie. Karl-Theodor zu Guttenberg - Aristokrat, Politstar, Minister heißt das erste Betrachtungswerk über den CSU-Mann und aktuellen Verteidigungsminister.
Für einen Politiker ist eine Biographie als Statussymbol ungefähr so wichtig wie für einen russischen Oligarchen die 60-Meter-Yacht. Guttenbergs Statussymbol liegt nun in Buchhandlungen und signalisiert: Der Freiherr, der hat's geschafft. Und das mit 38!
Doch hinter dem Umschlag verbirgt sich weniger eine Biographie als vielmehr eine Heldensaga aus der politischen Neuzeit. Erzählt werden Anekdoten und Anekdötchen über Karl-Theodor zu Guttenberg, der elegant und formvollendet seinen Baron steht - egal, wie unmöglich das Unterfangen erscheint, egal, wie widrig die Umstände und wie übermächtig die Gegner sind.
Hanebüchener als die Glorifizierung des beliebten Ministers ist allerdings die Erklärung, die die Autorin für den Erfolg des Politikers liefert: Guttenbergs aristokratische Abstammung. Die These kommt aus berufener Feder: Die Biographin nennt sich Anna von Bayern.
Adelsrechtlich steht sie weit über dem Verteidigungsminister. Der ist ein schnöder Freiherr, die Bild-am-Sonntag -Redakteurin entstammt hingegen der fürstlichen Familie von Sayn-Wittgenstein-Berleburg und trägt seit ihrer Heirat mit Prinz Manuel den Titel Prinzessin von Bayern. Wer Anna von Bayern korrekt ansprechen möchte, nennt sie "Königliche Hoheit", erklärt die Protokollchefin des Hauses Wittelsbach.
Königliche Hoheit schreibt also über Niederadel. Ihre steile These streut Anna von Bayern über das gesamte Buch: "Guttenberg ist ein Aufsteiger von oben", heißt es da zum Beispiel. Seine Souveränität beziehe er aus seinem familiären Hintergrund, Status und Vermögen empfinde er nicht als Inhalt, sondern als Verpflichtung. Er sei vorher schon was gewesen und werde es nachher wieder sein.
Als Gipfel der aristokratischen Überlegenheit präsentiert Ihre Königliche Hoheit das alte Credo "Adel verpflichtet" - und übersetzt es für den bürgerlichen Laien mit: "Das, wofür du stehst, ist größer und wichtiger als du und dein Leben." So viel Schloss-Weisheit wird den Citoyens dieser Welt als Teil der Guttenberg'schen DNS gereicht.
91 Jahre nach Abschaffung der Adelsprivilegien erfährt der bürgerliche Leser nun also, dass auf die Dienste der Prinzen, Grafen und Barone der Republik viel zu lange verzichtet wurde. Wann hat eine Prinzessin die angebliche Überlegenheit der Aristokratie zuletzt mit so viel Chuzpe präsentiert? In der Französischen Revolution wurde man schon für geringere Vergehen geköpft.
Anna von Bayern garniert ihre Thesen mit exklusiven Einblicken in Guttenbergs fränkische Stadl: In der Biographie erzählt sie von den festen Wurzeln Guttenbergs in seiner oberfränkischen Heimat, den Werten, der Disziplin, der Erziehung ("Bei Tisch wird angemessene Kleidung erwartet, Turnschuhe sind tabu"). Für den Vater des Zöglings, den Stardirigenten Enoch zu Guttenberg, seien Spitzenleistungen so selbstverständlich, dass er sie kaum noch als solche sehen mag, weiß Anna von Bayern zu berichten.
Da die Prinzessin mit Guttenberg und dessen Frau befreundet ist, plaudert sie auch Exklusives aus dem Privatleben der Familie aus. Zum Beispiel, dass der kleine KT als Elfjähriger zu Weihnachten einen grünen Papageien geschenkt bekam, den später der Familienhund fraß. Oder über die erste Begegnung des Ehepaars Guttenberg auf einer Party während der Love Parade ("Er hält sie für ein Partygirl, und Partymenschen schätzt er nicht sonderlich").
Sobald das Buch sich mit der Politik beschäftigt, endet aber die Exklusivität. Die Autorin räumt offen ein, mit Guttenberg für die Biographie nicht einmal eigens gesprochen zu haben.
Die Heldengeschichten aus dem Hause von Bayern folgen immer wieder demselben Schema: Erst wird in großer Ausführlichkeit die ungeheuerliche Größe des Problems dargestellt, dahinter dann lange Sätze und Taten Guttenbergs montiert, die sein Rückgrat, seinen Fleiß, seine Energie oder sein Redetalent belegen sollen, bis der Leser am Ende vergessen hat, was das ursprüngliche Problem überhaupt war.
Beispiel Guttenberg und die Opel-Krise: "Rational betrachtet ist die Aufgabe, die Guttenberg mit dem Wirtschaftsministerium übernimmt, geradezu aberwitzig groß", eröffnet Anna von Bayern das entsprechende Kapitel.
Ganz schön heftig. Geht aber noch schlimmer: "Das Land erlebt die größte Wirtschaftskrise seit 60 Jahren. Die Grundfesten der Ökonomie sind ins Wanken geraten." Es ist die Rede von "tickenden Zeitbomben", "extremen Schieflagen" und "täglich neuen Hiobsbotschaften", Schlagwörter wie Hypo Real Estate, Island und General Motors verschwimmen zu einem apokalyptischen Bedrohungsszenario - und der tapfere KT mit seiner Papageien-Erfahrung mittendrin. Ein Himmelfahrtskommando! Und für den Fall, dass irgendein Leser das bis jetzt nicht begriffen haben sollte, lässt Prinzessin den Wirtschaftsweisen Bert Rürup im O-Ton sagen: "Der neue Wirtschaftsminister übernimmt ein politisches Himmelfahrtskommando."
Und wie sah das der Minister? "Auch Guttenberg gesteht ein, dass die Lage ernst ist. Doch er hält nichts von Panikmache", schreibt Anna von Bayern. Dann bläst sie den Nukleus von Guttenbergs Erfolgsgeschichte, seinen Widerstand gegen staatliche Garantien für Opel, zu einer einzigartigen politischen Glanzleistung auf. Der Text folgt Guttenberg zu Verhandlungen in die USA und zu Krisensitzungen ins Kanzleramt und lässt Regierung und Gewerkschaften, die sich für die Übernahme von Opel durch Magna starkmachen, wie marktwirtschaftliche Idioten aussehen.
Unerwähnt lässt Anna von Bayern, dass die Opel-Mutter General Motors den deutschen Autobauer schließlich weder verkauft noch in die Insolvenz geschickt hat, dass also Guttenbergs Engagement für Opel realwirtschaftlich wenig mehr als Theaterdonner war.
Bemerkenswert ist auch die Gewichtung der Guttenberg'schen Vita in dem Buch: Den neun Monaten, in denen KT erst zum Wirtschaftsminister und dann zum beliebtesten Politiker des Landes aufsteigt, widmet Anna von Bayern fünf Kapitel und 108 Seiten. Guttenbergs Zeit als weniger glückreicher Verteidigungsminister und sein miserables Krisenmanagement in der Kundus-Affäre werden in einem Kapitel auf 18 Seiten verwurstet.
Hat Anna von Bayern ihrem Freund KT einen Gefallen getan? Wenn Guttenberg nur ansatzweise so vernünftig und intelligent ist, wie in seiner ersten Biographie dargestellt, dann wird er sich wohl insgeheim eine etwas ausgewogenere Darstellung seiner Karriere wünschen.
Was bleibt ist das Statussymbol in den Bücherregalen. Aber auf solch bürgerliche Begehrlichkeiten legen Barone angeblich ja keinen Wert.
Anna von Bayern: Karl-Theodor zu Guttenberg. Aristokrat, Politstar, Minister. Köln 2010, Fackelträger-Verlag. 19,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten - sueddeutsche.de GmbH
Eine Dienstleistung des SZ-Archivs
Als der Hofhund den Papagei fraß
Adel verpflichtet: In der ersten Biographie über Karl-Theodor zu Guttenberg verklärt die Autorin Anna von Bayern ihren Freund "KT". Königliche Hoheit begründet dessen Erfolg mit seiner Abstammung. Was passierte nicht alles bei Hofe!
Wolfgang Jaschensky
Angela Merkel, seit fünf Jahren Kanzlerin, hat schon mehrere. Guido Westerwelle auch, der ist schließlich schon ewig FDP-Chef. Horst Seehofer hat aber noch keine, und Markus Söder, die CSU-Hoffnung aus Franken, erst recht nicht. Das wiederum dürfte Karl-Theodor zu Guttenberg freuen.
Der adelige Shooting-Star hat jetzt das, was einen Politiker von Rang auszeichnet: eine Biographie. Karl-Theodor zu Guttenberg - Aristokrat, Politstar, Minister heißt das erste Betrachtungswerk über den CSU-Mann und aktuellen Verteidigungsminister.
Für einen Politiker ist eine Biographie als Statussymbol ungefähr so wichtig wie für einen russischen Oligarchen die 60-Meter-Yacht. Guttenbergs Statussymbol liegt nun in Buchhandlungen und signalisiert: Der Freiherr, der hat's geschafft. Und das mit 38!
Doch hinter dem Umschlag verbirgt sich weniger eine Biographie als vielmehr eine Heldensaga aus der politischen Neuzeit. Erzählt werden Anekdoten und Anekdötchen über Karl-Theodor zu Guttenberg, der elegant und formvollendet seinen Baron steht - egal, wie unmöglich das Unterfangen erscheint, egal, wie widrig die Umstände und wie übermächtig die Gegner sind.
Hanebüchener als die Glorifizierung des beliebten Ministers ist allerdings die Erklärung, die die Autorin für den Erfolg des Politikers liefert: Guttenbergs aristokratische Abstammung. Die These kommt aus berufener Feder: Die Biographin nennt sich Anna von Bayern.
Adelsrechtlich steht sie weit über dem Verteidigungsminister. Der ist ein schnöder Freiherr, die Bild-am-Sonntag -Redakteurin entstammt hingegen der fürstlichen Familie von Sayn-Wittgenstein-Berleburg und trägt seit ihrer Heirat mit Prinz Manuel den Titel Prinzessin von Bayern. Wer Anna von Bayern korrekt ansprechen möchte, nennt sie "Königliche Hoheit", erklärt die Protokollchefin des Hauses Wittelsbach.
Königliche Hoheit schreibt also über Niederadel. Ihre steile These streut Anna von Bayern über das gesamte Buch: "Guttenberg ist ein Aufsteiger von oben", heißt es da zum Beispiel. Seine Souveränität beziehe er aus seinem familiären Hintergrund, Status und Vermögen empfinde er nicht als Inhalt, sondern als Verpflichtung. Er sei vorher schon was gewesen und werde es nachher wieder sein.
Als Gipfel der aristokratischen Überlegenheit präsentiert Ihre Königliche Hoheit das alte Credo "Adel verpflichtet" - und übersetzt es für den bürgerlichen Laien mit: "Das, wofür du stehst, ist größer und wichtiger als du und dein Leben." So viel Schloss-Weisheit wird den Citoyens dieser Welt als Teil der Guttenberg'schen DNS gereicht.
91 Jahre nach Abschaffung der Adelsprivilegien erfährt der bürgerliche Leser nun also, dass auf die Dienste der Prinzen, Grafen und Barone der Republik viel zu lange verzichtet wurde. Wann hat eine Prinzessin die angebliche Überlegenheit der Aristokratie zuletzt mit so viel Chuzpe präsentiert? In der Französischen Revolution wurde man schon für geringere Vergehen geköpft.
Anna von Bayern garniert ihre Thesen mit exklusiven Einblicken in Guttenbergs fränkische Stadl: In der Biographie erzählt sie von den festen Wurzeln Guttenbergs in seiner oberfränkischen Heimat, den Werten, der Disziplin, der Erziehung ("Bei Tisch wird angemessene Kleidung erwartet, Turnschuhe sind tabu"). Für den Vater des Zöglings, den Stardirigenten Enoch zu Guttenberg, seien Spitzenleistungen so selbstverständlich, dass er sie kaum noch als solche sehen mag, weiß Anna von Bayern zu berichten.
Da die Prinzessin mit Guttenberg und dessen Frau befreundet ist, plaudert sie auch Exklusives aus dem Privatleben der Familie aus. Zum Beispiel, dass der kleine KT als Elfjähriger zu Weihnachten einen grünen Papageien geschenkt bekam, den später der Familienhund fraß. Oder über die erste Begegnung des Ehepaars Guttenberg auf einer Party während der Love Parade ("Er hält sie für ein Partygirl, und Partymenschen schätzt er nicht sonderlich").
Sobald das Buch sich mit der Politik beschäftigt, endet aber die Exklusivität. Die Autorin räumt offen ein, mit Guttenberg für die Biographie nicht einmal eigens gesprochen zu haben.
Die Heldengeschichten aus dem Hause von Bayern folgen immer wieder demselben Schema: Erst wird in großer Ausführlichkeit die ungeheuerliche Größe des Problems dargestellt, dahinter dann lange Sätze und Taten Guttenbergs montiert, die sein Rückgrat, seinen Fleiß, seine Energie oder sein Redetalent belegen sollen, bis der Leser am Ende vergessen hat, was das ursprüngliche Problem überhaupt war.
Beispiel Guttenberg und die Opel-Krise: "Rational betrachtet ist die Aufgabe, die Guttenberg mit dem Wirtschaftsministerium übernimmt, geradezu aberwitzig groß", eröffnet Anna von Bayern das entsprechende Kapitel.
Ganz schön heftig. Geht aber noch schlimmer: "Das Land erlebt die größte Wirtschaftskrise seit 60 Jahren. Die Grundfesten der Ökonomie sind ins Wanken geraten." Es ist die Rede von "tickenden Zeitbomben", "extremen Schieflagen" und "täglich neuen Hiobsbotschaften", Schlagwörter wie Hypo Real Estate, Island und General Motors verschwimmen zu einem apokalyptischen Bedrohungsszenario - und der tapfere KT mit seiner Papageien-Erfahrung mittendrin. Ein Himmelfahrtskommando! Und für den Fall, dass irgendein Leser das bis jetzt nicht begriffen haben sollte, lässt Prinzessin den Wirtschaftsweisen Bert Rürup im O-Ton sagen: "Der neue Wirtschaftsminister übernimmt ein politisches Himmelfahrtskommando."
Und wie sah das der Minister? "Auch Guttenberg gesteht ein, dass die Lage ernst ist. Doch er hält nichts von Panikmache", schreibt Anna von Bayern. Dann bläst sie den Nukleus von Guttenbergs Erfolgsgeschichte, seinen Widerstand gegen staatliche Garantien für Opel, zu einer einzigartigen politischen Glanzleistung auf. Der Text folgt Guttenberg zu Verhandlungen in die USA und zu Krisensitzungen ins Kanzleramt und lässt Regierung und Gewerkschaften, die sich für die Übernahme von Opel durch Magna starkmachen, wie marktwirtschaftliche Idioten aussehen.
Unerwähnt lässt Anna von Bayern, dass die Opel-Mutter General Motors den deutschen Autobauer schließlich weder verkauft noch in die Insolvenz geschickt hat, dass also Guttenbergs Engagement für Opel realwirtschaftlich wenig mehr als Theaterdonner war.
Bemerkenswert ist auch die Gewichtung der Guttenberg'schen Vita in dem Buch: Den neun Monaten, in denen KT erst zum Wirtschaftsminister und dann zum beliebtesten Politiker des Landes aufsteigt, widmet Anna von Bayern fünf Kapitel und 108 Seiten. Guttenbergs Zeit als weniger glückreicher Verteidigungsminister und sein miserables Krisenmanagement in der Kundus-Affäre werden in einem Kapitel auf 18 Seiten verwurstet.
Hat Anna von Bayern ihrem Freund KT einen Gefallen getan? Wenn Guttenberg nur ansatzweise so vernünftig und intelligent ist, wie in seiner ersten Biographie dargestellt, dann wird er sich wohl insgeheim eine etwas ausgewogenere Darstellung seiner Karriere wünschen.
Was bleibt ist das Statussymbol in den Bücherregalen. Aber auf solch bürgerliche Begehrlichkeiten legen Barone angeblich ja keinen Wert.
Anna von Bayern: Karl-Theodor zu Guttenberg. Aristokrat, Politstar, Minister. Köln 2010, Fackelträger-Verlag. 19,95 Euro.
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