Karl Walsers Werk ist schwer zu fassen. Nicht nur sind seine Sujets breit gestreut, er arbeitete auch in zahlreichen Kunstkategorien und Techniken, er war mit der Berliner Secession eng verbunden und wurde von Auftraggebern in Deutschland und der Schweiz zu seiner Zeit sehr geschätzt. Aber viele
seiner Werke haben die Zeit nicht überdauert. Seine Theatermalereien (eine Kategorie, in der er…mehrKarl Walsers Werk ist schwer zu fassen. Nicht nur sind seine Sujets breit gestreut, er arbeitete auch in zahlreichen Kunstkategorien und Techniken, er war mit der Berliner Secession eng verbunden und wurde von Auftraggebern in Deutschland und der Schweiz zu seiner Zeit sehr geschätzt. Aber viele seiner Werke haben die Zeit nicht überdauert. Seine Theatermalereien (eine Kategorie, in der er ursprünglich ausgebildet war und der er sich zeitlebens verbunden fühlte) sind ebenso verloren wie viele Innendekorationen prominenter Villen und Amtsgebäude, die im Krieg untergingen. Am besten fassbar sind noch seine Buch- und Einbandillustrationen, die er für alle führenden Kunstverlage Berlins der Zeit um 1900 anfertigte. Besonders eng war er mit Paul Cassirer und dessen ebenfalls als Verleger tätigen Bruder Bruno verbunden, aber er arbeitete ebenso für den Insel Verlag, S. Fischer und Kurt Wolff. Der Vielbeschäftigte wurde von der Weltwirtschaftskrise hart getroffen und siedelte darauf in seine Heimat Schweiz über. Später kehrte er zeitweilig auch nach Berlin zurück, aber eine Herzerkrankung nahm ihm früh den Pinsel aus der Hand. Er starb mit 66 Jahren in Bern.
Die Monografie versucht sich dem Maler Karl Walser biografisch und künstlerisch zu nähern, aber der Mangel an Quellen, sowohl von privaten wie öffentlichen wird an vielen Stellen spürbar. Karl Walser hat weder kunsttheoretische Schriften hinterlassen, noch gibt es Privatkorrespondenz, Tagebücher oder Zeitzeugnisse Dritter und das, obwohl er ausgesprochen gut vernetzt (und beschäftigt) war. Viele Hauptwerke sind verschollen oder zerstört, so dass die Autorin sich oft auf verbale Beschreibungen von Zeitgenossen oder Rezensenten beschränken muss, die kaum einmal so anschaulich sind, dass sie beim Leser Bilder evozieren. Wirklich gut belegt ist nur seine Druckgrafik, die qualitativ zwischen herausragend und mäßig pendelt. Stilistisch ist Walser angesiedelt zwischen Impressionismus und neuer Sachlichkeit, wobei aus meiner Sicht seine Natur- und einige Stadtimpressionen wirklich herausragen. Da spürt man den grafischen Gestalter, den Bühnenbildner deutlich und die Bilder haben hohe Suggestionskraft. Andere wirken dagegen flach und ungelenk, kaum dass man sie als Skizzen durchgehen lassen möchte. Seine Schwächen in der intuitiven Auffassung von Perspektiven und Anatomie ließen sich auch als stilistische Ausprägung der Neuen Sachlichkeit interpretieren, aber es fehlt ihnen dafür das Groteske und die Originalität. Der zeitgenössische Kunstkritiker Hans Rosenhagen sah in den Bildern oft Dilettantisches und zumindest mein persönlicher Eindruck würde das in Teilen bestätigen. Es ist bedauerlich, dass von seinem Werk so wenig erhalten ist, dass offenbar Zweit- und Drittklassiges herangezogen werden muss, um so etwas wie eine Werkschau zu realisieren, von einer quellentechnisch ergiebigen Biografie kann man leider auch nicht reden. Ich weiß nicht, ob ihm damit ein Gefallen getan wurde.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)