Wer hilft einem Kind, das keine Heimat hat, das fremd ist und anders? Vielleicht die Steinbeißer oder die Nebelkrähen? Vielleicht die Seidenschwänze oder Schaffraffer? Märchenhaft und kindgerecht, engagiert und berührend erzählt Annegert Fuchshuber diese aktuelle Geschichte, zu der sie wunderschöne, ausdrucksvolle Bilder gemalt hat.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.06.2016Steine essen
„Dann geh doch woanders hin“, schimpfen die Steinbeißer, bei denen Karlinchen auf ihrer Flucht eine neue Heimat sucht. Aber wie könnte sie Steine essen. „Sie mögen mich nicht, weil ich fremd bin und anders als sie“ und sie muss weiter auf ihrer einsamen Wanderung, die an dem Tag begann, „an dem Feuer vom Himmel fiel“. Immer wieder macht sie die gleiche Erfahrung, bei den Seidenschwänzen im Wald oder den Krähen. Geh doch woanders hin, wie ein Mantra treibt der Satz die Geschichte voran. Auch bei den Menschen findet sie keine Mitleid. Die reichen „Schaffraffer“ schreien, dass sie selbst nichts hätten, und die Armen jagen sie weg: „Wenn zu viele Arme hier wohnen, reicht das Essen nicht und der Platz nicht. Dann gehen wir alle unter.“ Es sind eigene Erfahrungen, die Annegert Fuchshuber in ihrem Bilderbuch Karlinchen – Ein Kind auf der Fluchtin märchenhaft und surrealistisch anmutenden Bildern ausdrückt. Sie erinnern an dunkle und helle Träume, an Hoffnung und Verzweiflung und geben dieser Wanderung einen für den kindlichen Betrachter glücklichen Ausgang, dessen Doppelbödigkeit nur der Erwachsene begreift. Als die schon 1998 verstorbene Künstlerin ihr Bilderbuch 1995 veröffentlichte, konnte sie nicht ahnen, dass sich heute Millionen unbegleiteter Kinder auf dieser Odyssee befinden. „Aber sie wusste nicht, wohin sie noch gehen sollte?“ Auch heute gibt es noch keine Antwort auf diese Frage. (ab 5 Jahre)
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Annegert Fuchshuber: Karlinchen – ein Kind auf der Flucht. Annette Betz 2015. 24 S., 14,95 Euro.
Illustration aus Annegert Fuchshuber: Karlinchen – ein Kind auf der Flucht.
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„Dann geh doch woanders hin“, schimpfen die Steinbeißer, bei denen Karlinchen auf ihrer Flucht eine neue Heimat sucht. Aber wie könnte sie Steine essen. „Sie mögen mich nicht, weil ich fremd bin und anders als sie“ und sie muss weiter auf ihrer einsamen Wanderung, die an dem Tag begann, „an dem Feuer vom Himmel fiel“. Immer wieder macht sie die gleiche Erfahrung, bei den Seidenschwänzen im Wald oder den Krähen. Geh doch woanders hin, wie ein Mantra treibt der Satz die Geschichte voran. Auch bei den Menschen findet sie keine Mitleid. Die reichen „Schaffraffer“ schreien, dass sie selbst nichts hätten, und die Armen jagen sie weg: „Wenn zu viele Arme hier wohnen, reicht das Essen nicht und der Platz nicht. Dann gehen wir alle unter.“ Es sind eigene Erfahrungen, die Annegert Fuchshuber in ihrem Bilderbuch Karlinchen – Ein Kind auf der Fluchtin märchenhaft und surrealistisch anmutenden Bildern ausdrückt. Sie erinnern an dunkle und helle Träume, an Hoffnung und Verzweiflung und geben dieser Wanderung einen für den kindlichen Betrachter glücklichen Ausgang, dessen Doppelbödigkeit nur der Erwachsene begreift. Als die schon 1998 verstorbene Künstlerin ihr Bilderbuch 1995 veröffentlichte, konnte sie nicht ahnen, dass sich heute Millionen unbegleiteter Kinder auf dieser Odyssee befinden. „Aber sie wusste nicht, wohin sie noch gehen sollte?“ Auch heute gibt es noch keine Antwort auf diese Frage. (ab 5 Jahre)
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Annegert Fuchshuber: Karlinchen – ein Kind auf der Flucht. Annette Betz 2015. 24 S., 14,95 Euro.
Illustration aus Annegert Fuchshuber: Karlinchen – ein Kind auf der Flucht.
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