Seitdem 2010 der frühere sexuelle Missbrauch am Berliner Canisius-Kolleg bekannt wurde, wird auch in Deutschland intensiv über den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Vertreter der katholischen Kirche diskutiert. Mit der 2018 veröffentlichten MHG-Studie begann die wissenschaftliche Aufarbeitung, an der seitdem Vertreter verschiedener Disziplinen beteiligt sind. Der Band trägt den bisherigen Forschungsstand aus den unterschiedlichen Fachgebieten (Geschichtswissenschaft, Pädagogik, Recht, Psychologie) zusammen. Deutlich wird, welche innerkirchlichen und gesellschaftlichen Bedingungsfaktoren das Fehlverhalten von Geistlichen ermöglichten. Darüber hinaus wird danach gefragt, welche Spezifika der sexuelle Missbrauch in der katholischen Kirche aufweist und inwieweit er in gesamtgesellschaftliche Phänomene eingeordnet werden muss. Zudem zeigt das Buch, inwiefern gerade historiographische Zugänge dazu beitragen können, Licht in die katholischen Dunkelräume zu bringen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Sehr instruktiv findet Rezensentin Annette Zoch diesen Sammelband zu den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche, in dem Historiker, Pädagogen, Psychiater, Soziologen und Juristen mit Beiträgen vertreten sind. In dieser Interdisziplinarität sieht Zoch die Stärke des Bandes, denn dadurch würde der Missbrauch nicht nur als Straftatbestand behandelt, sondern auch das Handeln und die Motive der Beteiligten, das Schweigen und die Vertuschungsversuche durch den Klerus, die Blind- und Taubheit der Öffentlichkeit. Notwendig, findet die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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