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Dieses Buch rekonstruiert die katholische Debatte über die zeitgenössisch als modern geltende Wissenschaft der Eugenik vom Ende des Kaiserreichs bis zur »Euthanasie« im Dritten Reich. Dabei überwindet die Verfasserin die Blickverengung auf prominente katholische Eugeniker wie Hermann Muckermann und Joseph Mayer und zeichnet ein facettenreiches Bild der Phasen, Träger und Varianten der Debatte. Sie weist nach, daß das Spektrum der Positionen zur "positiven" und "negativen" Eugenik größer war als bisher im Blick auf traditionelle naturrechtliche Grenzen und die päpstliche Eheenzyklika »Casti…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch rekonstruiert die katholische Debatte über die zeitgenössisch als modern geltende Wissenschaft der Eugenik vom Ende des Kaiserreichs bis zur »Euthanasie« im Dritten Reich. Dabei überwindet die Verfasserin die Blickverengung auf prominente katholische Eugeniker wie Hermann Muckermann und Joseph Mayer und zeichnet ein facettenreiches Bild der Phasen, Träger und Varianten der Debatte. Sie weist nach, daß das Spektrum der Positionen zur "positiven" und "negativen" Eugenik größer war als bisher im Blick auf traditionelle naturrechtliche Grenzen und die päpstliche Eheenzyklika »Casti connubii« (1930) angenommen wurde.

Die Studie ordnet die katholischen Positionen in den die politischen Lager der Weimarer Republik übergreifenden Diskurs ein und arbeitet eine prinzipielle Unterscheidung zwischen Weimarer Eugenik und NS-Rassenhygiene heraus. Die erzwungene Verletzung der körperlichen Integrität des Menschen im NS-Regime konnte und wollte die Mehrheit katholischer Eugeniker nicht mittragen und kehrte deshalb zu traditionellen naturrechtlichen Positionen zurück. Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Geschichte der Eugenik wie auch des Katholizismus in Deutschland.

Gestützt auf eine Vielzahl zeitgenössischer Publikationen und Archivalien zeichnet die Autorin die schrittweise Auseinandersetzung der Katholiken mit Maßnahmen zur Förderung erbgesunden Nachwuchses und zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses (Gesundheitszeugnisse, Anstaltsunterbringung, Eheberatung, Abtreibung, Sterilisation) nach. Untersucht werden politische Diskurse im Reich und in Preußen sowie innerkatholische Debatten im Caritasverband, zwischen Moraltheologen und Bischöfen und katholischen Verbänden sowie die Haltung des Lehramtes bis zum Ende der Weimarer Republik. Im Blick auf die Zeit nach 1933 beschreibt das Buch ausführlich die Reaktion des katholischen Milieus auf das NS-Zwangssterilisierungsgesetz sowie die Veränderung katholischer eugenischer Positionen in der NS-Diktatur.
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Autorenporträt
Ingrid Richter, geb. 1963, Studium der Anglistik und Katholischen Theologie in Münster, 1996 Promotion an der Universität Münster mit vorliegender Untersuchung, seit 1999 Lehrerin am Berufskolleg in Gelsenkirchen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Dass die Eugenik in Deutschland eindeutig in die nationalsozialistische Rassenpolitik, "zu Zwangssterilisationen und Euthanasie" führte, ist für die Autorin Ingrid Richter eine "voreilige inhaltliche Verknüpfung", die die Sicht auf die "pluralistische Entwicklung der deutschen Eugenik" verstellt, schreibt Rezensent Tillmann Bendikowski. So zeige Richter zum Beispiel, dass auch die katholische Kirche durchaus an der öffentlichen Eugenik-Diskussion mitgewirkt und sich sogar von den eugenischen Perspektiven sehr angetan gezeigt habe. Tatsächlich habe es nach dem Ersten Weltkrieg in Bevölkerungsfragen neben einem quantitativen auch einen qualitativen Regenerationswunsch gegeben. Sogar die päpstliche Enzyklika aus dem Jahr 1931 habe zwar radikale eugenische Maßnahmen wie die Zwangssterilisation verboten, habe sich jedoch sich hinsichtlich "weicher" Maßnahmen bedeckt gehalten und daher eher die Diskussion angefacht als beendet. Einheitlichkeit im katholischen Diskurs sei erst 1933 aufgekommen. Laut Rezensent arbeitet Richter jedoch heraus, dass die katholische Kirche lediglich die Wege der NS-Eugenik ablehnte, nicht aber das Ziel. Also kein gutes Zeugnis, das die Autorin der katholischen Eugenik ausstellt, so der Rezensent. Auch wenn das Buch, das auf Richters Promotionsarbeit basiert, "erzählerisch unspektakulär" sei und noch ein bisschen straffer hätte sein können, lobt der Rezensent doch den großen Verdienst der Autorin, die jenseits der überlieferten Eindeutigkeit den ursprünglichen Facettenreichtum der Diskussion hat aufleben lassen. Warum damit allerdings die "enge interpretatorische Verknüpfung von Eugenik und NS-Euthanasie" in Frage gestellt wird, will dem Rezensenten nicht recht einleuchten.

© Perlentaucher Medien GmbH
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