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2 Kundenbewertungen

Drei Kinder, zu Beginn der 50er Jahre, auf einer Seereise von Ceylon nach England. Zu der buntgemischten Gesellschaft an Bord des Schiffes gehören Außenseiter, die wie sie am Katzentisch sitzen, und andere Reisegefährten, nicht zuletzt die aus der noblen Senatorenklasse. Sie alle sind geheimnisumwitterte Objekte der Sehnsucht oder der Spekulation: der Baron, der so elegant Mitreisende bestiehlt, der todkranke Millionär oder die Artistentruppe mit Wahrsager, in den sich Emily verliebt. Michael Ondaatje, der Autor von "Der englische Patient", erzählt ein Abenteuer, das Gleichnis ist für das…mehr

Produktbeschreibung
Drei Kinder, zu Beginn der 50er Jahre, auf einer Seereise von Ceylon nach England. Zu der buntgemischten Gesellschaft an Bord des Schiffes gehören Außenseiter, die wie sie am Katzentisch sitzen, und andere Reisegefährten, nicht zuletzt die aus der noblen Senatorenklasse. Sie alle sind geheimnisumwitterte Objekte der Sehnsucht oder der Spekulation: der Baron, der so elegant Mitreisende bestiehlt, der todkranke Millionär oder die Artistentruppe mit Wahrsager, in den sich Emily verliebt. Michael Ondaatje, der Autor von "Der englische Patient", erzählt ein Abenteuer, das Gleichnis ist für das wahre, wilde Leben: mit dramatischen Szenen, unvergesslichen Figuren und Bildern, die im Gedächtnis haftenbleiben.
Autorenporträt
Michael Ondaatje, 1943 in Sri Lanka geboren, lebt heute in Toronto. Mit seinem Roman Der englische Patient (Hanser, 1993), für den er den Man Booker Prize und zum 50-jährigen Jubiläum des Preises im Jahr 2018 den Golden Man Booker Prize erhielt, wurde er weltberühmt. Im Hanser Verlag erschienen zuletzt Buddy Boldens Blues (1995), Die gesammelten Werke von Billy the Kid (1997), Anils Geist (Roman, 2000), Handschrift (Gedichte, 2001), Divisadero (Roman, 2007), Katzentisch (Roman, 2012) und Kriegslicht (Roman, 2018).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.02.2012

Bücher "Rites of passage", so nennt man auf Englisch die Wachstumsschmerzen des Erwachsenwerdens - und dass es wirklich Passagen sind, Strecken, die man zurücklegen muss, davon erzählt Michael Ondaatje in seinem neuen Roman: "Ein Junge geht morgens zur Tür hinaus und wird sich wieder der entstehenden Landkarte seines Lebens widmen." Dieser Junge, Michael, schaut als Schriftsteller zurück auf eine Schiffspassage, die ihn in den fünfziger Jahren von Ceylon nach England führt: An Bord der "Oronsay" lernt er Freunde fürs Leben kennen, seine erste Liebe, Mord, Verbrechen, Gier und Großzügigkeit, er lernt vor allem aber die soziale Kartographie dafür, wie es ist, nicht ganz dazuzugehören, nur am "Katzentisch" zu sitzen. Der Titel des Romans (Hanser, 24,95 Euro) ist etwas zu lapidar für die Hocheleganz, mit der Ondaatje seine Geschichte vom Jungen zwischen den Welten aufgeschrieben hat, die autobiographisch durchwirkt ist - Ondaatje, Autor des "Englischen Patienten", wurde in Sri Lanka geboren und lebt heute in Toronto -, deren Ton aber am Ende so elegisch ist, dass man beim Lesen wie an Deck eines Schiffs im Liegestuhl dahinsinkt: Sanftes Drama Jugend vor postkolonialer Kulisse.

tob

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.02.2012

Als das Leben Fahrt aufnahm
Michael Ondaatjes Kindheits-Roman „Katzentisch“
Jeden Tag ein Verbot übertreten – das ist doch mal ein mutiger Ansatz. Drei Jungens im Alter von elf, zwölf Jahren sind es, die sich gemäß dieser Maxime verhalten. Ihre Grenzüberschreitungen sind umso bemerkenswerter, als sie sich auf einem Schiff befinden, also in einer geschlossenen Gesellschaft, der sie nicht entkommen können. Dieses Schiff ist unterwegs von Sri Lanka, das im Jahr 1954 noch Ceylon hieß, nach England. An Bord sind Auswanderer oder Transitreisende, die sich zwischen den Welten bewegen. Unter ihnen war damals auch der elfjährigen Michael Ondaatje; er folgte seiner Mutter, die schon seit ein paar Jahren in England lebte und an die er sich kaum noch erinnerte.
In England ging Ondaatje zur Schule, bevor er dann nach Kanada emigrierte, kanadischer Staatsbürger und ein Schriftsteller von Weltrang wurde. In dem Roman „Es liegt in der Familie“ war er auf der Suche nach dem abwesenden Vater schon einmal in die Kindheitsheimat zurückgekehrt. Jetzt beschreibt er die Schiffspassage als Ausgangspunkt seiner Lebensreise von Ost nach West und vielleicht als ein Sinnbild der Migration. Drei Wochen dauerte die Fahrt über Indischen Ozean, Rotes Meer, Suezkanal, Mittelmeer und Atlantik. Das Schiff ist der Nukleus, in dem sich die Existenz der unterschiedlichsten Menschen für einen kurzen Zeitraum verdichtet.
Hier kreuzen sich die Lebenswege, und das noch undefinierte, junge Leben des Ich-Erzählers Michael, den seine neuen Freunde nach einem immerzu plappernden Vogel „Mynah“ nennen, erfährt entscheidende Prägungen. „Manchmal finden wir unser wahres, ganz und gar uns gehörendes Ich in der Jugend“, schreibt der Erzähler im Rückblick viele Jahrzehnte später. „Dann erkennen wir etwas in uns, das anfangs winzig ist und in das wir hineinwachsen werden.“ Um sich zu begreifen, muss er also dorthin zurückkehren.
Während das Schiff die Wellen des Meeres durchpflügt, steht die Zeit für ein paar Wochen still. Die drei Jungens – neben „Mynah“ der schon etwas ältere, draufgängerische Cassius und der bedächtige, sein krankes Herz schonende Ramadhin – stecken in der Phase kurz vor der Pubertät. Ohne Eltern, ganz auf sich gestellt, sind sie fast schon Erwachsene, zugleich aber auch noch Kinder, die voller Neugier und so beweglich wie Quecksilber jeden Winkel des Schiffs und die Gesellschaft der Mitreisenden erkunden. Im Speisesaal sitzen sie am „Katzentisch“, der am weitesten vom Tisch des Kapitäns entfernt ist.
Doch da finden sie die interessantesten Menschen: die nur scheinbar altjüngferliche Miss Lasqueti mit ihren Tauben oder den munteren Musiker Mr. Mazappa, der sich als Pianist Sunny Meadows nennt und Mr. Daniels, der im Bauch des Schiffes einen Kräutergarten kultiviert. „Nichts von bleibendem Wert ereignet sich je am Tisch der Mächtigen, wo altvertraute Phrasen Kontinuität garantieren“, lernt Michael. Zu den Lektionen, die er auf dem Schiff erhält, gehört auch die Einsicht, dass es oft Fremde sind, die unser Leben bereichern, auch wenn sie nur vorübergehen, ohne dass man näher mit ihnen zu tun hat.
In einer Nachbemerkung betont Ondaatje, dass es sich um einen Roman mit fiktiven Figuren handle, auch wenn er auf Erinnerungen und autobiographischem Material aufbaue. In früheren Romanen hat er immer wieder vorgeführt, dass auch das Leben realer Figuren ohne Fiktion und Einfühlung nicht darstellbar ist. Wenn er über Billy the Kid oder den Jazzmusiker Buddy Bolden oder über den Grafen Almásy in „Der englische Patient“ schrieb, ging es immer auch um den rätselhaften Prozess, wie Wissen überhaupt entsteht und wie es sich zur Einbildungskraft verhält. So ist auch „Katzentisch“ allenfalls auf einer höheren Ebene autobiographisch, nicht in den Details, nicht in den einzelnen Figuren und nicht im Handlungsgeschehen, aber doch im Ergebnis: in der Bedeutung, die diese Fahrt lebensgeschichtlich annahm und die den Protagonisten damals nur als Intensität des Augenblicks gegenwärtig sein konnte.
Erzählerisch öffnet Ondaatje den engen Schiffsraum immer wieder in die Vergangenheit und Zukunft hinein, bringt Szenen aus der ceylonesischen Vorgeschichte und führt einzelne Lebensläufe weiter, sofern Michael später davon Kenntnis erhielt. Er schildert den Tod Ramadhins mit seinem empfindlichen Herzen, berichtet von einer Ausstellung von Cassius, der zum Maler wurde, und erkennt auf dessen Bildern die gemeinsam erlebte Nacht auf dem Suezkanal wieder. Und schließlich ist da noch die erotisch irrlichternde Cousine Emily, bei der Michael auf dem Schiff einen Moment intimer Nähe erlebt, eine frühe, präsexuelle Initiation, die ihn verändert, als hätte ihn „eine Hand aus der Wüste“ ergriffen. Jahrzehnte danach, als aus ihm längst ein bekannter Schriftsteller geworden ist, sieht er Emily auf einer kleinen kanadischen Insel in eher trauriger Umgebung wieder. Das Leben geht mit all diesen Figuren hart um; ihre gemeinsame Zeit auf dem Schiff war eine Atempause, glücklich schon deshalb, weil auf der Basis der provisorischen Zwischenzeit eine Gemeinschaft entstand, wie sie später nie wieder zu finden war.
Wie in jeder Seefahrergeschichte lauern auch hier Gefahren und Abenteuer. Doch es sind nicht die Ungeheuer oder die Piraten, die für Aufregung sorgen, sondern die Menschen selbst. Nacht für Nacht wird ein Gefangener in schweren Ketten auf Deck ausgeführt, und es ist klar, dass von ihm, den das Gerücht umgibt, ein Meister der Flucht zu sein, noch einige Unruhe zu erwarten ist. „Katzentisch“ ist ein Roman voller Geschichten und intensiver Augenblicke. Er handelt von der Sehnsucht nach dem echten Leben und davon, dass dies vielleicht nur in der Phantasie erreichbar ist.
Ondaatje fasst dieses Grundgefühl in starke Bilder. Als auf Deck einmal ein Kinoabend stattfindet – Michael sieht hier zum ersten Mal in seinem Leben einen Film – kommt ein Sturm auf. Der Regen verdampft zischend auf dem heißen Projektor, die Leinwand weht über Bord und über das Wasser, die Bilder zerflattern. So funktioniert auch der Roman selbst. Doch die verlorengegangenen Bilder sind darin aufgehoben. Ondaatje spielt sie ab in seinem Lebenskino.
JÖRG MAGENAU
MICHAEL ONDAATJE: Katzentisch. Roman. Aus dem Englischen von Melanie Walz. Hanser Verlag, München 2012. 304 Seiten, 19,90 Euro.
Die Schiffspassage wird zum
Sinnbild für die Lebensreise
des Autors von Ost nach West
Auf den Spuren seiner Jugend: Michael Ondaatje. Foto: Isolde Ohlbaum/laif
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Ganz bezaubert ist Rezensentin Sabine Vogel von diesem Roman des Kanadiers Michael Ondaatje, der darin von der Schiffspassage erzählt, die er als Junge unternommen hat, um von seinem Vater im damaligen Ceylon zu seiner Mutter nach England zu kommen. Allerdings warnt Vogel davor, alles für bare Münze zu nehmen, rein autobiografisch ist das Buch nicht erzählt. Aber um reines Fabulieren geht es Ondaatje auch nicht, wenn er von den Abenteuern des jungen Michael an Bord erzählt, der sich zusammen mit zwei Kumpanen vorgenommen hat, jeden Tag ein Verbot zu übertreten (das Buffet der Ersten Klasse plündern, im Rettungsboot übernachten, etc.). Es geht um die Formung von Persönlichkeit und von Erinnerung, erklärt Vogel, die das Buch nach eigenem Bekunden voller Wehmut und Heiterkeit zugleich beendet hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
"In seinem lyrischen Abenteuerroman lässt Michael Ondaatje einen Luxusdampfer leuchten - und alle Erdenschwere endgültig hinter sich." Markus Gasser, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.02.12

"Ondaatje ist stets der Autor für all jene gewesen, die in der Literatur die Gelegenheit spürten, dem Gesetz der Schwerkraft zu entgehen, dem Gewicht eines von Furcht belagerten Daseins; und wie jeder große Erzähler schürt und beschwichtigt Ondaatje sie wieder, als finge er einen stürzenden Sperling auf und erblickte die ganze Welt in einem Körnchen Sand." Markus Gasser, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.02.12

",Es gibt immer eine Geschichte, die einen erwartet.' Mit diesem poetischen Versprechen schließt dieses Geschichtengemälde den Kreis zum Anfang, entlässt uns voll Wehmut und einer merkwürdigen Heiterkeit." Sabine Vogel, Frankfurter Rundschau, 10.02.2012

"Ein Roman voller Geschichten und intensiver Augenblicke. Er handelt von der Sehnsucht nach dem echten Leben unddavon, dass dies vielleicht nur in der Phantasie erreichbar ist." Jörg Magenau, Süddeutsche Zeitung, 08.02.2012

"Ein wahrhaft großes Buch, eins von denen, die man gegen Ende immer langsamer liest. So farbig und witzig, so gelassen, weil sich einer mit einer solchen Material-und Lebensfülle eben jede Gelassenheit leisten kann." Eva Demski

"Endlich einmal wieder ein Buch, nach dem man sich sehnt,
wenn man nicht in ihm liest." Gabriele von Arnim, Tages Anzeiger, 03.05.2012
"Nichts, was Ondaatje schildert, ist blindes Motiv, nichts ist bloß Trick oder Kino. Was wirklich zählt jedoch, begreift der Leser erst nach und nach: nicht der Sturm auf Deck, sondern der Sturm im Innern." Wieland Freund, Die Welt, 04.02.12

"Alles bekommt ein vieldeutiges Schillern. Hier geschieht etwas anderes als in der landläufigen realistischen Erzählliteratur, die mit prallen Stoffen und psychologischer Einfühlung arbeitet und dem Leser die Personen scheinbar ganz nahebringt: (...) Ondaatje findet für die Literatur eine Sprache jenseits dessen, was man ohnehin schon weiß." Helmut Böttiger, Die Zeit, 15.03.12
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